einfache Bestandtheile aus den Empfindungen her, nicht auflösen können; also solche, die dem Schein nach ein- fach sind, und doch neugemacht. Vielleicht giebt es viele von dieser Art. Aber giebt es nicht auch derglei- chen Vorstellungen von andern, auch sichtbaren Objekten, die dennoch keine wahre Einwendung gegen den Ursprung aller Vorstellungen aus der Empfindung begründen? Was hieraus folget, ist offenbar die Bestätigung des obi- gen Schlusses über die Natur unserer Vorstellungen von Aktionen. Die wieder zurückkehrende Anwandlung in dem Jnnern zu derselbigen Kraftäußerung, die sich in jeder solcher Vorstellungen wahrnehmen lässet, beziehet sich auf eine vorhergegangene Empfindung, und ist eine von dieser zurückgebliebene wiedererregte Disposition.
La Fontaine hatte noch keine Fabeln gemacht, als ihm der Gedanke einfiel, er könne solche Aussätze wohl nach machen, als ihm sein Lehrer vorgelesen hatte, und zugleich auch der Trieb zu dieser Art von Arbeiten auf- stieg. Hier gieng eine Vorstellung von der Dichterar- beit noch vor dem Versuch vorher. Aus dem vorher erinnerten lassen solche Beyspiele sich leicht erklären, und diese Erklärung stimmet wiederum mit der unmittelba- ren Erfahrung überein. Das sich selbst noch unbekannte Genie des genannten Dichters empfand, was jedes Genie empfindet, wenn ein Zufall es auf Geschäfte führt, die ihm angemessen sind. Es entsteht Lust, Begierde, reges Bestreben, und ein Ansatz zur Wirksamkeit, sobald eine geringe vorlaufende Empfindung es wittern läßt, daß es einen freyen Kreis vor sich hat, in den es sich ausbreiten kann. Dieß ist eine Empfindung, wodurch die so leicht reizbare Kraft erreget wird. Diese geht unmittelbar und instinktartig hervor, bearbeitet Jdeen, und findet Wirkungen, welche er mit dem vorgelegten Muster ver- gleicht, und diesem ähnlich findet. Dann macht er sich eine Vorstellung von der Arbeit, und es entsteht ein
Vor-
X. Verſuch. Ueber die Beziehung
einfache Beſtandtheile aus den Empfindungen her, nicht aufloͤſen koͤnnen; alſo ſolche, die dem Schein nach ein- fach ſind, und doch neugemacht. Vielleicht giebt es viele von dieſer Art. Aber giebt es nicht auch derglei- chen Vorſtellungen von andern, auch ſichtbaren Objekten, die dennoch keine wahre Einwendung gegen den Urſprung aller Vorſtellungen aus der Empfindung begruͤnden? Was hieraus folget, iſt offenbar die Beſtaͤtigung des obi- gen Schluſſes uͤber die Natur unſerer Vorſtellungen von Aktionen. Die wieder zuruͤckkehrende Anwandlung in dem Jnnern zu derſelbigen Kraftaͤußerung, die ſich in jeder ſolcher Vorſtellungen wahrnehmen laͤſſet, beziehet ſich auf eine vorhergegangene Empfindung, und iſt eine von dieſer zuruͤckgebliebene wiedererregte Dispoſition.
La Fontaine hatte noch keine Fabeln gemacht, als ihm der Gedanke einfiel, er koͤnne ſolche Auſſaͤtze wohl nach machen, als ihm ſein Lehrer vorgeleſen hatte, und zugleich auch der Trieb zu dieſer Art von Arbeiten auf- ſtieg. Hier gieng eine Vorſtellung von der Dichterar- beit noch vor dem Verſuch vorher. Aus dem vorher erinnerten laſſen ſolche Beyſpiele ſich leicht erklaͤren, und dieſe Erklaͤrung ſtimmet wiederum mit der unmittelba- ren Erfahrung uͤberein. Das ſich ſelbſt noch unbekannte Genie des genannten Dichters empfand, was jedes Genie empfindet, wenn ein Zufall es auf Geſchaͤfte fuͤhrt, die ihm angemeſſen ſind. Es entſteht Luſt, Begierde, reges Beſtreben, und ein Anſatz zur Wirkſamkeit, ſobald eine geringe vorlaufende Empfindung es wittern laͤßt, daß es einen freyen Kreis vor ſich hat, in den es ſich ausbreiten kann. Dieß iſt eine Empfindung, wodurch die ſo leicht reizbare Kraft erreget wird. Dieſe geht unmittelbar und inſtinktartig hervor, bearbeitet Jdeen, und findet Wirkungen, welche er mit dem vorgelegten Muſter ver- gleicht, und dieſem aͤhnlich findet. Dann macht er ſich eine Vorſtellung von der Arbeit, und es entſteht ein
Vor-
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X. Verſuch. Ueber die Beziehung
einfache Beſtandtheile aus den Empfindungen her, nicht
aufloͤſen koͤnnen; alſo ſolche, die dem Schein nach ein-
fach ſind, und doch neugemacht. Vielleicht giebt es
viele von dieſer Art. Aber giebt es nicht auch derglei-
chen Vorſtellungen von andern, auch ſichtbaren Objekten,
die dennoch keine wahre Einwendung gegen den Urſprung
aller Vorſtellungen aus der Empfindung begruͤnden?
Was hieraus folget, iſt offenbar die Beſtaͤtigung des obi-
gen Schluſſes uͤber die Natur unſerer Vorſtellungen von
Aktionen. Die wieder zuruͤckkehrende Anwandlung in
dem Jnnern zu derſelbigen Kraftaͤußerung, die ſich in
jeder ſolcher Vorſtellungen wahrnehmen laͤſſet, beziehet
ſich auf eine vorhergegangene Empfindung, und iſt eine
von dieſer zuruͤckgebliebene wiedererregte Dispoſition.
La Fontaine hatte noch keine Fabeln gemacht, als
ihm der Gedanke einfiel, er koͤnne ſolche Auſſaͤtze wohl
nach machen, als ihm ſein Lehrer vorgeleſen hatte, und
zugleich auch der Trieb zu dieſer Art von Arbeiten auf-
ſtieg. Hier gieng eine Vorſtellung von der Dichterar-
beit noch vor dem Verſuch vorher. Aus dem vorher
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dieſe Erklaͤrung ſtimmet wiederum mit der unmittelba-
ren Erfahrung uͤberein. Das ſich ſelbſt noch unbekannte
Genie des genannten Dichters empfand, was jedes Genie
empfindet, wenn ein Zufall es auf Geſchaͤfte fuͤhrt, die
ihm angemeſſen ſind. Es entſteht Luſt, Begierde, reges
Beſtreben, und ein Anſatz zur Wirkſamkeit, ſobald eine
geringe vorlaufende Empfindung es wittern laͤßt, daß es
einen freyen Kreis vor ſich hat, in den es ſich ausbreiten
kann. Dieß iſt eine Empfindung, wodurch die ſo leicht
reizbare Kraft erreget wird. Dieſe geht unmittelbar
und inſtinktartig hervor, bearbeitet Jdeen, und findet
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eine Vorſtellung von der Arbeit, und es entſteht ein
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 648. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/708>, abgerufen am 22.11.2024.
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