bar diese Arbeit seyn würde; denn was wäre es anders, als eine Zergliederung des Willens und des Herzens? so will ich hier mich ihr doch entziehen, und nur das All- gemeine herausnehmen, was diese ganze Gattung von Aktionen an sich hat, und dieß mit den Aktionen des Verstandes vergleichen.
Jch vermuthe von meinem philosophischen Leser die schärfste Prüfung, und daher schon zum voraus einen Einwurf gegen die angezeigte Art des Verfahrens, den ich abzulehnen suchen will. Wie kann die thätige Kraft der Seele, die in unendlich mannigfaltigen neuen Mo- difikationen, in ihr und außer ihr in dem Körper, sich äußert, mit dem Verstande verglichen werden, wenn nicht jener ihre Aeußerungen vorher besonders unter- sucht, verglichen, und auf dieselbige Art auf Ein Prin- cip zurückgeführet werden, wie es mit den Verstandes- wirkungen geschehen ist? Wird nicht dadurch das un- erwiesene vorausgesetzet, daß alle jene Aeußerungen zu Einem und demselben Grundvermögen hingehören? Und kann dieß vorausgesetzet werden? Kann man es gerade zu annehmen, es sey dieselbige Grundkraft, mit der die Seele begehrt und will, sich bestimmet, anstren- get oder nachläßt, und dieselbige, mit der sie die Glie- der ihres Körpers in Bewegung setzet?
Jch antworte; dieß soll nicht als erwiesen angenom- men werden. Aber wenn aus demjenigen, was in al- len Aeußerungen der thätigen Kraft gemeinschaftlich angetroffen wird, sichs offenbaret, daß das Grundver- mögen derselben mit dem Grundvermögen zum Vor- stellen innerlich einerley ist, so soll daraus ihre Gleichar- tigkeit gefolgert werden. Dazu bedarf es alsdenn kei- ner weitern Vergleichung der verschiedenen besondern Ar- ten mit einander. Aber woferne diese Gleichartigkeit aus den allgemeinen Beschaffenheiten nicht erhellet, so gestehe ich, man müßte ins Besondere gehen, alle unter-
schiede-
X. Verſuch. Ueber die Beziehung
bar dieſe Arbeit ſeyn wuͤrde; denn was waͤre es anders, als eine Zergliederung des Willens und des Herzens? ſo will ich hier mich ihr doch entziehen, und nur das All- gemeine herausnehmen, was dieſe ganze Gattung von Aktionen an ſich hat, und dieß mit den Aktionen des Verſtandes vergleichen.
Jch vermuthe von meinem philoſophiſchen Leſer die ſchaͤrfſte Pruͤfung, und daher ſchon zum voraus einen Einwurf gegen die angezeigte Art des Verfahrens, den ich abzulehnen ſuchen will. Wie kann die thaͤtige Kraft der Seele, die in unendlich mannigfaltigen neuen Mo- difikationen, in ihr und außer ihr in dem Koͤrper, ſich aͤußert, mit dem Verſtande verglichen werden, wenn nicht jener ihre Aeußerungen vorher beſonders unter- ſucht, verglichen, und auf dieſelbige Art auf Ein Prin- cip zuruͤckgefuͤhret werden, wie es mit den Verſtandes- wirkungen geſchehen iſt? Wird nicht dadurch das un- erwieſene vorausgeſetzet, daß alle jene Aeußerungen zu Einem und demſelben Grundvermoͤgen hingehoͤren? Und kann dieß vorausgeſetzet werden? Kann man es gerade zu annehmen, es ſey dieſelbige Grundkraft, mit der die Seele begehrt und will, ſich beſtimmet, anſtren- get oder nachlaͤßt, und dieſelbige, mit der ſie die Glie- der ihres Koͤrpers in Bewegung ſetzet?
Jch antworte; dieß ſoll nicht als erwieſen angenom- men werden. Aber wenn aus demjenigen, was in al- len Aeußerungen der thaͤtigen Kraft gemeinſchaftlich angetroffen wird, ſichs offenbaret, daß das Grundver- moͤgen derſelben mit dem Grundvermoͤgen zum Vor- ſtellen innerlich einerley iſt, ſo ſoll daraus ihre Gleichar- tigkeit gefolgert werden. Dazu bedarf es alsdenn kei- ner weitern Vergleichung der verſchiedenen beſondern Ar- ten mit einander. Aber woferne dieſe Gleichartigkeit aus den allgemeinen Beſchaffenheiten nicht erhellet, ſo geſtehe ich, man muͤßte ins Beſondere gehen, alle unter-
ſchiede-
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X. Verſuch. Ueber die Beziehung
bar dieſe Arbeit ſeyn wuͤrde; denn was waͤre es anders,
als eine Zergliederung des Willens und des Herzens?
ſo will ich hier mich ihr doch entziehen, und nur das All-
gemeine herausnehmen, was dieſe ganze Gattung von
Aktionen an ſich hat, und dieß mit den Aktionen des
Verſtandes vergleichen.
Jch vermuthe von meinem philoſophiſchen Leſer die
ſchaͤrfſte Pruͤfung, und daher ſchon zum voraus einen
Einwurf gegen die angezeigte Art des Verfahrens, den
ich abzulehnen ſuchen will. Wie kann die thaͤtige Kraft
der Seele, die in unendlich mannigfaltigen neuen Mo-
difikationen, in ihr und außer ihr in dem Koͤrper, ſich
aͤußert, mit dem Verſtande verglichen werden, wenn
nicht jener ihre Aeußerungen vorher beſonders unter-
ſucht, verglichen, und auf dieſelbige Art auf Ein Prin-
cip zuruͤckgefuͤhret werden, wie es mit den Verſtandes-
wirkungen geſchehen iſt? Wird nicht dadurch das un-
erwieſene vorausgeſetzet, daß alle jene Aeußerungen zu
Einem und demſelben Grundvermoͤgen hingehoͤren?
Und kann dieß vorausgeſetzet werden? Kann man es
gerade zu annehmen, es ſey dieſelbige Grundkraft, mit
der die Seele begehrt und will, ſich beſtimmet, anſtren-
get oder nachlaͤßt, und dieſelbige, mit der ſie die Glie-
der ihres Koͤrpers in Bewegung ſetzet?
Jch antworte; dieß ſoll nicht als erwieſen angenom-
men werden. Aber wenn aus demjenigen, was in al-
len Aeußerungen der thaͤtigen Kraft gemeinſchaftlich
angetroffen wird, ſichs offenbaret, daß das Grundver-
moͤgen derſelben mit dem Grundvermoͤgen zum Vor-
ſtellen innerlich einerley iſt, ſo ſoll daraus ihre Gleichar-
tigkeit gefolgert werden. Dazu bedarf es alsdenn kei-
ner weitern Vergleichung der verſchiedenen beſondern Ar-
ten mit einander. Aber woferne dieſe Gleichartigkeit
aus den allgemeinen Beſchaffenheiten nicht erhellet, ſo
geſtehe ich, man muͤßte ins Beſondere gehen, alle unter-
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 624. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/684>, abgerufen am 22.11.2024.
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