Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

IX. Versuch. Ueber das Grundprincip
Aktion der Elasticität, welche vorher sich als widerste-
hende Kraft bewies, ward fortgesetzet, und dann ent-
stund aus ihr das Zurückfahren der Körper, als ihre
Wirkung.

Was diese Beyspiele lehren sollen, das darf ich nicht
hinzusetzen. Sie sollen den Unterschied zwischen dem blo-
ßen Gefühl,
und dem Denken, den ich darinn setze,
daß das letztere Eine von den selbstthätigen Aeuße-
rungen
des nämlichen Vermögens ist, welches fühlet,
erläutern. Der weiche Körper reagirt, der elastische
auch; dieser mit innerlicher Selbstthätigkeit, mit mehre-
rer und weiter fortgesetzten innern Selbstthätigkeit, wenn
gleich auch jenem eine wahre selbstthätige Kraft zukommt.
Eben so soll es dasselbige Vermögen seyn, welches die
Verhältnisse der Vorstellungen fühlt, und welches, wenn
es innerlich selbstthätig ist, oder es in einem höhern Gra-
de ist, seine Thätigkeit fortsetzet, von neuen wiederum
so zu sagen, außer sich herausgehet, und alsdenn Ver-
hältnißgedanken oder die Gewahrnehmung hervor-
bringet.

Die Thätigkeit in dem Vermögen, womit wir füh-
len, kann sich noch in mehrern andern Wirkungen äußern,
als in dem Aktus des Denkens. Hier wirket es auf
Vorstellungen, und fängt bey dem Gefühl der Verhält-
nisse an. Es ist also auch der Verhältnißgedanke die
Wirkung des thätigen Gefühls in einer besondern
Richtung,
welche durch die erwähnten zwey Umstände,
daß es nämlich vor dem Gefühl der Vorstellungen und
ihrer Beziehungen anfängt, und eine Beschaffenheit in
den Vorstellungen zur Wirkung hat, als durch zwey
Punkte bestimmet wird, davon der eine in der Sprache
der Alten, als der terminus a quo, und der andere als
der terminus ad quem zu betrachten ist.

2. Gehet

IX. Verſuch. Ueber das Grundprincip
Aktion der Elaſticitaͤt, welche vorher ſich als widerſte-
hende Kraft bewies, ward fortgeſetzet, und dann ent-
ſtund aus ihr das Zuruͤckfahren der Koͤrper, als ihre
Wirkung.

Was dieſe Beyſpiele lehren ſollen, das darf ich nicht
hinzuſetzen. Sie ſollen den Unterſchied zwiſchen dem blo-
ßen Gefuͤhl,
und dem Denken, den ich darinn ſetze,
daß das letztere Eine von den ſelbſtthaͤtigen Aeuße-
rungen
des naͤmlichen Vermoͤgens iſt, welches fuͤhlet,
erlaͤutern. Der weiche Koͤrper reagirt, der elaſtiſche
auch; dieſer mit innerlicher Selbſtthaͤtigkeit, mit mehre-
rer und weiter fortgeſetzten innern Selbſtthaͤtigkeit, wenn
gleich auch jenem eine wahre ſelbſtthaͤtige Kraft zukommt.
Eben ſo ſoll es daſſelbige Vermoͤgen ſeyn, welches die
Verhaͤltniſſe der Vorſtellungen fuͤhlt, und welches, wenn
es innerlich ſelbſtthaͤtig iſt, oder es in einem hoͤhern Gra-
de iſt, ſeine Thaͤtigkeit fortſetzet, von neuen wiederum
ſo zu ſagen, außer ſich herausgehet, und alsdenn Ver-
haͤltnißgedanken oder die Gewahrnehmung hervor-
bringet.

Die Thaͤtigkeit in dem Vermoͤgen, womit wir fuͤh-
len, kann ſich noch in mehrern andern Wirkungen aͤußern,
als in dem Aktus des Denkens. Hier wirket es auf
Vorſtellungen, und faͤngt bey dem Gefuͤhl der Verhaͤlt-
niſſe an. Es iſt alſo auch der Verhaͤltnißgedanke die
Wirkung des thaͤtigen Gefuͤhls in einer beſondern
Richtung,
welche durch die erwaͤhnten zwey Umſtaͤnde,
daß es naͤmlich vor dem Gefuͤhl der Vorſtellungen und
ihrer Beziehungen anfaͤngt, und eine Beſchaffenheit in
den Vorſtellungen zur Wirkung hat, als durch zwey
Punkte beſtimmet wird, davon der eine in der Sprache
der Alten, als der terminus a quo, und der andere als
der terminus ad quem zu betrachten iſt.

2. Gehet
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0670" n="610"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">IX.</hi> Ver&#x017F;uch. Ueber das Grundprincip</hi></fw><lb/>
Aktion der Ela&#x017F;ticita&#x0364;t, welche vorher &#x017F;ich als wider&#x017F;te-<lb/>
hende Kraft bewies, ward fortge&#x017F;etzet, und dann ent-<lb/>
&#x017F;tund aus ihr das Zuru&#x0364;ckfahren der Ko&#x0364;rper, als ihre<lb/>
Wirkung.</p><lb/>
            <p>Was die&#x017F;e Bey&#x017F;piele lehren &#x017F;ollen, das darf ich nicht<lb/>
hinzu&#x017F;etzen. Sie &#x017F;ollen den Unter&#x017F;chied zwi&#x017F;chen dem <hi rendition="#fr">blo-<lb/>
ßen Gefu&#x0364;hl,</hi> und dem <hi rendition="#fr">Denken,</hi> den ich darinn &#x017F;etze,<lb/>
daß das letztere Eine von den <hi rendition="#fr">&#x017F;elb&#x017F;ttha&#x0364;tigen Aeuße-<lb/>
rungen</hi> des na&#x0364;mlichen Vermo&#x0364;gens i&#x017F;t, welches fu&#x0364;hlet,<lb/>
erla&#x0364;utern. Der weiche Ko&#x0364;rper reagirt, der ela&#x017F;ti&#x017F;che<lb/>
auch; die&#x017F;er mit innerlicher Selb&#x017F;ttha&#x0364;tigkeit, mit mehre-<lb/>
rer und weiter fortge&#x017F;etzten innern Selb&#x017F;ttha&#x0364;tigkeit, wenn<lb/>
gleich auch jenem eine wahre &#x017F;elb&#x017F;ttha&#x0364;tige Kraft zukommt.<lb/>
Eben &#x017F;o &#x017F;oll es da&#x017F;&#x017F;elbige Vermo&#x0364;gen &#x017F;eyn, welches die<lb/>
Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e der Vor&#x017F;tellungen fu&#x0364;hlt, und welches, wenn<lb/>
es innerlich &#x017F;elb&#x017F;ttha&#x0364;tig i&#x017F;t, oder es in einem ho&#x0364;hern Gra-<lb/>
de i&#x017F;t, &#x017F;eine Tha&#x0364;tigkeit fort&#x017F;etzet, von neuen wiederum<lb/>
&#x017F;o zu &#x017F;agen, außer &#x017F;ich herausgehet, und alsdenn Ver-<lb/>
ha&#x0364;ltnißgedanken oder die Gewahrnehmung hervor-<lb/>
bringet.</p><lb/>
            <p>Die Tha&#x0364;tigkeit in dem Vermo&#x0364;gen, womit wir fu&#x0364;h-<lb/>
len, kann &#x017F;ich noch in mehrern andern Wirkungen a&#x0364;ußern,<lb/>
als in dem Aktus des Denkens. Hier wirket es auf<lb/>
Vor&#x017F;tellungen, und fa&#x0364;ngt bey dem Gefu&#x0364;hl der Verha&#x0364;lt-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e an. Es i&#x017F;t al&#x017F;o auch der Verha&#x0364;ltnißgedanke die<lb/>
Wirkung des tha&#x0364;tigen Gefu&#x0364;hls <hi rendition="#fr">in einer be&#x017F;ondern<lb/>
Richtung,</hi> welche durch die erwa&#x0364;hnten zwey Um&#x017F;ta&#x0364;nde,<lb/>
daß es na&#x0364;mlich vor dem Gefu&#x0364;hl der Vor&#x017F;tellungen und<lb/>
ihrer Beziehungen anfa&#x0364;ngt, und eine Be&#x017F;chaffenheit in<lb/>
den Vor&#x017F;tellungen zur Wirkung hat, als durch zwey<lb/>
Punkte be&#x017F;timmet wird, davon der eine in der Sprache<lb/>
der Alten, als der <hi rendition="#aq">terminus a quo,</hi> und der andere als<lb/>
der <hi rendition="#aq">terminus ad quem</hi> zu betrachten i&#x017F;t.</p>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">2. Gehet</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[610/0670] IX. Verſuch. Ueber das Grundprincip Aktion der Elaſticitaͤt, welche vorher ſich als widerſte- hende Kraft bewies, ward fortgeſetzet, und dann ent- ſtund aus ihr das Zuruͤckfahren der Koͤrper, als ihre Wirkung. Was dieſe Beyſpiele lehren ſollen, das darf ich nicht hinzuſetzen. Sie ſollen den Unterſchied zwiſchen dem blo- ßen Gefuͤhl, und dem Denken, den ich darinn ſetze, daß das letztere Eine von den ſelbſtthaͤtigen Aeuße- rungen des naͤmlichen Vermoͤgens iſt, welches fuͤhlet, erlaͤutern. Der weiche Koͤrper reagirt, der elaſtiſche auch; dieſer mit innerlicher Selbſtthaͤtigkeit, mit mehre- rer und weiter fortgeſetzten innern Selbſtthaͤtigkeit, wenn gleich auch jenem eine wahre ſelbſtthaͤtige Kraft zukommt. Eben ſo ſoll es daſſelbige Vermoͤgen ſeyn, welches die Verhaͤltniſſe der Vorſtellungen fuͤhlt, und welches, wenn es innerlich ſelbſtthaͤtig iſt, oder es in einem hoͤhern Gra- de iſt, ſeine Thaͤtigkeit fortſetzet, von neuen wiederum ſo zu ſagen, außer ſich herausgehet, und alsdenn Ver- haͤltnißgedanken oder die Gewahrnehmung hervor- bringet. Die Thaͤtigkeit in dem Vermoͤgen, womit wir fuͤh- len, kann ſich noch in mehrern andern Wirkungen aͤußern, als in dem Aktus des Denkens. Hier wirket es auf Vorſtellungen, und faͤngt bey dem Gefuͤhl der Verhaͤlt- niſſe an. Es iſt alſo auch der Verhaͤltnißgedanke die Wirkung des thaͤtigen Gefuͤhls in einer beſondern Richtung, welche durch die erwaͤhnten zwey Umſtaͤnde, daß es naͤmlich vor dem Gefuͤhl der Vorſtellungen und ihrer Beziehungen anfaͤngt, und eine Beſchaffenheit in den Vorſtellungen zur Wirkung hat, als durch zwey Punkte beſtimmet wird, davon der eine in der Sprache der Alten, als der terminus a quo, und der andere als der terminus ad quem zu betrachten iſt. 2. Gehet

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/670
Zitationshilfe: Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 610. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/670>, abgerufen am 18.12.2024.