glichenen Jdeen und der Denkkraft, ein äußerer Grund ist. Es hindert nicht, daß dieser Grund öfters unrich- tig ist, wenn er vernünftig geschätzet wird. Genug er ist allemal vorhanden. Dieß ist ein Beobachtungs- satz.
Von diesem allgemeinen Denkungsgesetz ist folgen- des ein besonderer Fall: "Wenn wir einem Dinge als "einem Subjekt, das wir uns als unwirklich vorstel- "len, nun das Prädikat zuschreiben sollen, daß es ein "wirklich vorhandenes Ding sey, so muß in unsern "Gedanken irgendwo ein Grund zu diesem letztern Ur- "theil vorhanden seyn, der von der Jdee die wir von "dem erwähnten Subjekt haben verschieden ist."
Wird ein solches vorher unwirkliches Objekt von uns empfunden, so enthält diese Empfindung den er- foderlichen Grund des Urtheils. Setzen wir diesen Fall beyseite, so muß anderswo ein ideeller Grund des Ge- dankens vorhanden seyn.
Es heißt dieß mit andern Worten soviel: "Das "Prädikat der Existenz kann die Denkkraft mit keiner "Jdee, in der es nicht schon für sich enthalten ist, ver- "binden, und also kein Ding als ein Entstandenes ge- "denken, wenn sie nicht durch einen Grund, der für sie "ein physischer, eigentlich ein psychologischer Grund ist, "dazu gebracht worden ist."
Daraus folget, daß wenn auch die Abstraktion von dem Entstehen oder Werden, so wie solche aus den Empfindungen gezogen ist, noch die Jdee von der ur- sachlichen Beziehung des Entstandenen auf ein an- deres nicht in sich schließet, so ist es doch nicht möglich, daß dieses Prädikat jemals mit der Jdee eines Subjekts verbunden werde, ohne daß dieser Aktus des Denkens ein Effekt sey, der in einer ursachlichen Verbindung mit einer Vorstellung oder Empfindung oder einem
Gedan-
J i 5
der allgem. Vernunftwahrheiten, ⁊c.
glichenen Jdeen und der Denkkraft, ein aͤußerer Grund iſt. Es hindert nicht, daß dieſer Grund oͤfters unrich- tig iſt, wenn er vernuͤnftig geſchaͤtzet wird. Genug er iſt allemal vorhanden. Dieß iſt ein Beobachtungs- ſatz.
Von dieſem allgemeinen Denkungsgeſetz iſt folgen- des ein beſonderer Fall: „Wenn wir einem Dinge als „einem Subjekt, das wir uns als unwirklich vorſtel- „len, nun das Praͤdikat zuſchreiben ſollen, daß es ein „wirklich vorhandenes Ding ſey, ſo muß in unſern „Gedanken irgendwo ein Grund zu dieſem letztern Ur- „theil vorhanden ſeyn, der von der Jdee die wir von „dem erwaͤhnten Subjekt haben verſchieden iſt.‟
Wird ein ſolches vorher unwirkliches Objekt von uns empfunden, ſo enthaͤlt dieſe Empfindung den er- foderlichen Grund des Urtheils. Setzen wir dieſen Fall beyſeite, ſo muß anderswo ein ideeller Grund des Ge- dankens vorhanden ſeyn.
Es heißt dieß mit andern Worten ſoviel: „Das „Praͤdikat der Exiſtenz kann die Denkkraft mit keiner „Jdee, in der es nicht ſchon fuͤr ſich enthalten iſt, ver- „binden, und alſo kein Ding als ein Entſtandenes ge- „denken, wenn ſie nicht durch einen Grund, der fuͤr ſie „ein phyſiſcher, eigentlich ein pſychologiſcher Grund iſt, „dazu gebracht worden iſt.‟
Daraus folget, daß wenn auch die Abſtraktion von dem Entſtehen oder Werden, ſo wie ſolche aus den Empfindungen gezogen iſt, noch die Jdee von der ur- ſachlichen Beziehung des Entſtandenen auf ein an- deres nicht in ſich ſchließet, ſo iſt es doch nicht moͤglich, daß dieſes Praͤdikat jemals mit der Jdee eines Subjekts verbunden werde, ohne daß dieſer Aktus des Denkens ein Effekt ſey, der in einer urſachlichen Verbindung mit einer Vorſtellung oder Empfindung oder einem
Gedan-
J i 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0565"n="505"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">der allgem. Vernunftwahrheiten, ⁊c.</hi></fw><lb/>
glichenen Jdeen und der Denkkraft, ein <hirendition="#fr">aͤußerer</hi> Grund<lb/>
iſt. Es hindert nicht, daß dieſer Grund oͤfters unrich-<lb/>
tig iſt, wenn er vernuͤnftig geſchaͤtzet wird. Genug er<lb/>
iſt allemal vorhanden. Dieß iſt ein <hirendition="#fr">Beobachtungs-<lb/>ſatz.</hi></p><lb/><p>Von dieſem allgemeinen Denkungsgeſetz iſt folgen-<lb/>
des ein beſonderer Fall: „Wenn wir einem Dinge als<lb/>„einem Subjekt, das wir uns als <hirendition="#fr">unwirklich</hi> vorſtel-<lb/>„len, nun das Praͤdikat zuſchreiben ſollen, daß es ein<lb/>„<hirendition="#fr">wirklich vorhandenes Ding</hi>ſey, ſo muß in unſern<lb/>„Gedanken irgendwo ein Grund zu dieſem letztern Ur-<lb/>„theil vorhanden ſeyn, der von der Jdee die wir von<lb/>„dem erwaͤhnten Subjekt haben verſchieden iſt.‟</p><lb/><p>Wird ein ſolches vorher <hirendition="#fr">unwirkliches</hi> Objekt von<lb/>
uns <hirendition="#fr">empfunden,</hi>ſo enthaͤlt dieſe Empfindung den er-<lb/>
foderlichen Grund des Urtheils. Setzen wir dieſen Fall<lb/>
beyſeite, ſo muß anderswo ein <hirendition="#fr">ideeller</hi> Grund des Ge-<lb/>
dankens vorhanden ſeyn.</p><lb/><p>Es heißt dieß mit andern Worten ſoviel: „Das<lb/>„Praͤdikat der Exiſtenz kann die Denkkraft mit keiner<lb/>„Jdee, in der es nicht ſchon fuͤr ſich enthalten iſt, ver-<lb/>„binden, und alſo kein Ding als ein Entſtandenes ge-<lb/>„denken, wenn ſie nicht durch einen Grund, der fuͤr ſie<lb/>„ein phyſiſcher, eigentlich ein pſychologiſcher Grund iſt,<lb/>„dazu gebracht worden iſt.‟</p><lb/><p>Daraus folget, daß wenn auch die Abſtraktion von<lb/>
dem <hirendition="#fr">Entſtehen</hi> oder <hirendition="#fr">Werden,</hi>ſo wie ſolche aus den<lb/>
Empfindungen gezogen iſt, noch die Jdee von der <hirendition="#fr">ur-<lb/>ſachlichen Beziehung</hi> des Entſtandenen auf ein an-<lb/>
deres nicht in ſich ſchließet, ſo iſt es doch nicht moͤglich,<lb/>
daß dieſes Praͤdikat jemals mit der Jdee eines Subjekts<lb/>
verbunden werde, ohne daß dieſer Aktus des Denkens<lb/>
ein Effekt ſey, der in einer <hirendition="#fr">urſachlichen</hi> Verbindung<lb/>
mit einer <hirendition="#fr">Vorſtellung</hi> oder Empfindung oder einem<lb/><fwplace="bottom"type="sig">J i 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">Gedan-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[505/0565]
der allgem. Vernunftwahrheiten, ⁊c.
glichenen Jdeen und der Denkkraft, ein aͤußerer Grund
iſt. Es hindert nicht, daß dieſer Grund oͤfters unrich-
tig iſt, wenn er vernuͤnftig geſchaͤtzet wird. Genug er
iſt allemal vorhanden. Dieß iſt ein Beobachtungs-
ſatz.
Von dieſem allgemeinen Denkungsgeſetz iſt folgen-
des ein beſonderer Fall: „Wenn wir einem Dinge als
„einem Subjekt, das wir uns als unwirklich vorſtel-
„len, nun das Praͤdikat zuſchreiben ſollen, daß es ein
„wirklich vorhandenes Ding ſey, ſo muß in unſern
„Gedanken irgendwo ein Grund zu dieſem letztern Ur-
„theil vorhanden ſeyn, der von der Jdee die wir von
„dem erwaͤhnten Subjekt haben verſchieden iſt.‟
Wird ein ſolches vorher unwirkliches Objekt von
uns empfunden, ſo enthaͤlt dieſe Empfindung den er-
foderlichen Grund des Urtheils. Setzen wir dieſen Fall
beyſeite, ſo muß anderswo ein ideeller Grund des Ge-
dankens vorhanden ſeyn.
Es heißt dieß mit andern Worten ſoviel: „Das
„Praͤdikat der Exiſtenz kann die Denkkraft mit keiner
„Jdee, in der es nicht ſchon fuͤr ſich enthalten iſt, ver-
„binden, und alſo kein Ding als ein Entſtandenes ge-
„denken, wenn ſie nicht durch einen Grund, der fuͤr ſie
„ein phyſiſcher, eigentlich ein pſychologiſcher Grund iſt,
„dazu gebracht worden iſt.‟
Daraus folget, daß wenn auch die Abſtraktion von
dem Entſtehen oder Werden, ſo wie ſolche aus den
Empfindungen gezogen iſt, noch die Jdee von der ur-
ſachlichen Beziehung des Entſtandenen auf ein an-
deres nicht in ſich ſchließet, ſo iſt es doch nicht moͤglich,
daß dieſes Praͤdikat jemals mit der Jdee eines Subjekts
verbunden werde, ohne daß dieſer Aktus des Denkens
ein Effekt ſey, der in einer urſachlichen Verbindung
mit einer Vorſtellung oder Empfindung oder einem
Gedan-
J i 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 505. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/565>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.