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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777.

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VI. Versuch. Ueber den Unterschied
II.
Von der Natur der höhern vernünftigen
Kenntnisse.

1) Die höhere Vernunftkenntniß erfodert
allgemeine Begriffe. Wie diese in der
Phantasie vermittelst der Wörter beste-
hen.

2) Ursprung der Gemeinsätze der Vernunft.
Ob sie allgemein Erfahrungssätze sind?

3) Gründe gegen diese Meinung.

1.

Die höhern Vernunftkenntnisse erfodern allge-
meine Urtheile,
und diese setzen allgemeine
Begriffe
voraus. Was aber diese letztern betrift, so
darf ich hier nicht wiederholen, was ich anderswo zur
Erklärung ihres Entstehens in uns gesagt habe. Jhr
Stoff lag in den Empfindungen. Diesen bearbeitete die
Einbildungskraft und die Dichtkraft zu allgemeinen Bil-
dern, welche denn durch die Denkkraft auf die nämliche
Art, wie die sinnlichsten Bilder verglichen und unter-
schieden werden. Nur noch eine Anmerkung über die
Verbindung der Wörter, als willkührlicher Zeichen, mit
jenen Jdeen, ist hier nachzuholen, weil einige Philoso-
phen diese Beziehung der Begriffe und ihre Hervor-
bringung
von der Denkkraft, verwechselt zu haben
scheinen.

Es giebt allgemeine Vorstellungen, die sich als
gewisse ähnliche Züge mehrerer einzelnen Empfindungs-
vorstellungen von selbst so stark auszeichnen, daß die
Phantasie sie in ihrer Verschiedenheit aufbewahren kann,
ohne daß es nöthig sey, durch eine andere sinnliche Vor-
stellung, dergleichen die Töne sind, sie noch mehr aus-

zu-
VI. Verſuch. Ueber den Unterſchied
II.
Von der Natur der hoͤhern vernuͤnftigen
Kenntniſſe.

1) Die hoͤhere Vernunftkenntniß erfodert
allgemeine Begriffe. Wie dieſe in der
Phantaſie vermittelſt der Woͤrter beſte-
hen.

2) Urſprung der Gemeinſaͤtze der Vernunft.
Ob ſie allgemein Erfahrungsſaͤtze ſind?

3) Gruͤnde gegen dieſe Meinung.

1.

Die hoͤhern Vernunftkenntniſſe erfodern allge-
meine Urtheile,
und dieſe ſetzen allgemeine
Begriffe
voraus. Was aber dieſe letztern betrift, ſo
darf ich hier nicht wiederholen, was ich anderswo zur
Erklaͤrung ihres Entſtehens in uns geſagt habe. Jhr
Stoff lag in den Empfindungen. Dieſen bearbeitete die
Einbildungskraft und die Dichtkraft zu allgemeinen Bil-
dern, welche denn durch die Denkkraft auf die naͤmliche
Art, wie die ſinnlichſten Bilder verglichen und unter-
ſchieden werden. Nur noch eine Anmerkung uͤber die
Verbindung der Woͤrter, als willkuͤhrlicher Zeichen, mit
jenen Jdeen, iſt hier nachzuholen, weil einige Philoſo-
phen dieſe Beziehung der Begriffe und ihre Hervor-
bringung
von der Denkkraft, verwechſelt zu haben
ſcheinen.

Es giebt allgemeine Vorſtellungen, die ſich als
gewiſſe aͤhnliche Zuͤge mehrerer einzelnen Empfindungs-
vorſtellungen von ſelbſt ſo ſtark auszeichnen, daß die
Phantaſie ſie in ihrer Verſchiedenheit aufbewahren kann,
ohne daß es noͤthig ſey, durch eine andere ſinnliche Vor-
ſtellung, dergleichen die Toͤne ſind, ſie noch mehr aus-

zu-
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[460/0520] VI. Verſuch. Ueber den Unterſchied II. Von der Natur der hoͤhern vernuͤnftigen Kenntniſſe. 1) Die hoͤhere Vernunftkenntniß erfodert allgemeine Begriffe. Wie dieſe in der Phantaſie vermittelſt der Woͤrter beſte- hen. 2) Urſprung der Gemeinſaͤtze der Vernunft. Ob ſie allgemein Erfahrungsſaͤtze ſind? 3) Gruͤnde gegen dieſe Meinung. 1. Die hoͤhern Vernunftkenntniſſe erfodern allge- meine Urtheile, und dieſe ſetzen allgemeine Begriffe voraus. Was aber dieſe letztern betrift, ſo darf ich hier nicht wiederholen, was ich anderswo zur Erklaͤrung ihres Entſtehens in uns geſagt habe. Jhr Stoff lag in den Empfindungen. Dieſen bearbeitete die Einbildungskraft und die Dichtkraft zu allgemeinen Bil- dern, welche denn durch die Denkkraft auf die naͤmliche Art, wie die ſinnlichſten Bilder verglichen und unter- ſchieden werden. Nur noch eine Anmerkung uͤber die Verbindung der Woͤrter, als willkuͤhrlicher Zeichen, mit jenen Jdeen, iſt hier nachzuholen, weil einige Philoſo- phen dieſe Beziehung der Begriffe und ihre Hervor- bringung von der Denkkraft, verwechſelt zu haben ſcheinen. Es giebt allgemeine Vorſtellungen, die ſich als gewiſſe aͤhnliche Zuͤge mehrerer einzelnen Empfindungs- vorſtellungen von ſelbſt ſo ſtark auszeichnen, daß die Phantaſie ſie in ihrer Verſchiedenheit aufbewahren kann, ohne daß es noͤthig ſey, durch eine andere ſinnliche Vor- ſtellung, dergleichen die Toͤne ſind, ſie noch mehr aus- zu-

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Zitationshilfe: Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/520>, abgerufen am 25.12.2024.