kendes und wollendes Wesen vergißt, und sich allein mit der ihr beygebrachten Modifikation beschäftiget, ohne ih- re eigene Thätigkeiten dabey gewahrzunehmen. Dieß ist Erfahrung.
Und bey solchen Empfindungen fehlet schlechthin die Veranlassung, sie in sich selbst zu setzen. Es waren von andern abgesonderte, und für sich allein vorhandene Em- pfindungen. Wir setzen sie daher auch alle außer uns, denn wir müssen ja gewahrnehmen, daß sie von un- serm Jch unterschiedene Sachen sind.
Aber nicht alle diese äußern Empfindungen sind zu- gleich auch von andern äußern Gefühlen so gänzlich ab- gesondert, als von den innern Selbstgefühlen, oder sie bleiben es doch nicht lange, oder können es in der Wie- dervorstellung nicht bleiben. Ein Ding wirket zugleich auf mehrere Sinne. Diese gleichzeitigen Gefühle mach- ten zwar ein abgesondertes für sich bestehendes Ganze; aber jeder Theil dieses Ganzen, was etwan auf den Ei- nen oder den andern Sinn allein fiel, war nicht so ab- gesondert, daß es ohne Verbindung mit den andern seyn konnte.
Daher geschah die Vertheilung der äußern Gefühle in abgesonderte Haufen nicht nach der Verschiedenheit der Sinne, so daß die Gesichtsempfindungen für sich ein Ganzes, die Gefühlsempfindungen ein anders, die Eindrücke auf das Gehör ein drittes, die Gerüche ein viertes und so weiter ausmachten. Vielmehr zogen sich alle Gefühls- Geruchs- Gesichts- und Geschmacksein- drücke einer Blume z. B. in Eine ganze Empfindung zu- sammen; und wo dieß geschehen ist, da kann keine ein- zelne Empfindung, die in dem Ganzen begriffen ist, an- ders als in der Gestalt einer Beschaffenheit sich der Reflexion darstellen.
Jndessen konnten doch Einige aus dem ganzen Hau- fen der Eindrücke, welche in demselbigen äußern Gegen-
stand
V. Verſuch. Ueber den Urſpr. unſerer
kendes und wollendes Weſen vergißt, und ſich allein mit der ihr beygebrachten Modifikation beſchaͤftiget, ohne ih- re eigene Thaͤtigkeiten dabey gewahrzunehmen. Dieß iſt Erfahrung.
Und bey ſolchen Empfindungen fehlet ſchlechthin die Veranlaſſung, ſie in ſich ſelbſt zu ſetzen. Es waren von andern abgeſonderte, und fuͤr ſich allein vorhandene Em- pfindungen. Wir ſetzen ſie daher auch alle außer uns, denn wir muͤſſen ja gewahrnehmen, daß ſie von un- ſerm Jch unterſchiedene Sachen ſind.
Aber nicht alle dieſe aͤußern Empfindungen ſind zu- gleich auch von andern aͤußern Gefuͤhlen ſo gaͤnzlich ab- geſondert, als von den innern Selbſtgefuͤhlen, oder ſie bleiben es doch nicht lange, oder koͤnnen es in der Wie- dervorſtellung nicht bleiben. Ein Ding wirket zugleich auf mehrere Sinne. Dieſe gleichzeitigen Gefuͤhle mach- ten zwar ein abgeſondertes fuͤr ſich beſtehendes Ganze; aber jeder Theil dieſes Ganzen, was etwan auf den Ei- nen oder den andern Sinn allein fiel, war nicht ſo ab- geſondert, daß es ohne Verbindung mit den andern ſeyn konnte.
Daher geſchah die Vertheilung der aͤußern Gefuͤhle in abgeſonderte Haufen nicht nach der Verſchiedenheit der Sinne, ſo daß die Geſichtsempfindungen fuͤr ſich ein Ganzes, die Gefuͤhlsempfindungen ein anders, die Eindruͤcke auf das Gehoͤr ein drittes, die Geruͤche ein viertes und ſo weiter ausmachten. Vielmehr zogen ſich alle Gefuͤhls- Geruchs- Geſichts- und Geſchmacksein- druͤcke einer Blume z. B. in Eine ganze Empfindung zu- ſammen; und wo dieß geſchehen iſt, da kann keine ein- zelne Empfindung, die in dem Ganzen begriffen iſt, an- ders als in der Geſtalt einer Beſchaffenheit ſich der Reflexion darſtellen.
Jndeſſen konnten doch Einige aus dem ganzen Hau- fen der Eindruͤcke, welche in demſelbigen aͤußern Gegen-
ſtand
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V. Verſuch. Ueber den Urſpr. unſerer
kendes und wollendes Weſen vergißt, und ſich allein mit
der ihr beygebrachten Modifikation beſchaͤftiget, ohne ih-
re eigene Thaͤtigkeiten dabey gewahrzunehmen. Dieß
iſt Erfahrung.
Und bey ſolchen Empfindungen fehlet ſchlechthin die
Veranlaſſung, ſie in ſich ſelbſt zu ſetzen. Es waren von
andern abgeſonderte, und fuͤr ſich allein vorhandene Em-
pfindungen. Wir ſetzen ſie daher auch alle außer uns,
denn wir muͤſſen ja gewahrnehmen, daß ſie von un-
ſerm Jch unterſchiedene Sachen ſind.
Aber nicht alle dieſe aͤußern Empfindungen ſind zu-
gleich auch von andern aͤußern Gefuͤhlen ſo gaͤnzlich ab-
geſondert, als von den innern Selbſtgefuͤhlen, oder ſie
bleiben es doch nicht lange, oder koͤnnen es in der Wie-
dervorſtellung nicht bleiben. Ein Ding wirket zugleich
auf mehrere Sinne. Dieſe gleichzeitigen Gefuͤhle mach-
ten zwar ein abgeſondertes fuͤr ſich beſtehendes Ganze;
aber jeder Theil dieſes Ganzen, was etwan auf den Ei-
nen oder den andern Sinn allein fiel, war nicht ſo ab-
geſondert, daß es ohne Verbindung mit den andern ſeyn
konnte.
Daher geſchah die Vertheilung der aͤußern Gefuͤhle
in abgeſonderte Haufen nicht nach der Verſchiedenheit
der Sinne, ſo daß die Geſichtsempfindungen fuͤr ſich
ein Ganzes, die Gefuͤhlsempfindungen ein anders, die
Eindruͤcke auf das Gehoͤr ein drittes, die Geruͤche ein
viertes und ſo weiter ausmachten. Vielmehr zogen ſich
alle Gefuͤhls- Geruchs- Geſichts- und Geſchmacksein-
druͤcke einer Blume z. B. in Eine ganze Empfindung zu-
ſammen; und wo dieß geſchehen iſt, da kann keine ein-
zelne Empfindung, die in dem Ganzen begriffen iſt, an-
ders als in der Geſtalt einer Beſchaffenheit ſich der
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Jndeſſen konnten doch Einige aus dem ganzen Hau-
fen der Eindruͤcke, welche in demſelbigen aͤußern Gegen-
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/468>, abgerufen am 23.11.2024.
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