wendig das Prädikat der wirklichen Objekte erhalten, so- bald die Reflexion ihre Gedanken entwickelt. Wenn al- so die Empfindung von einem Baume mit der Empfin- dung von dem Jch das Gemeinschaftliche enthält, das zu der Jdee von einem existirenden Objekt gemacht wor- den ist; so ist es eben so nothwendig, zu denken: der Baum ist ein wirkliches Objekt, als es ist, zu denken: ich selbst bin etwas wirkliches. Es ist also offenbar, wie viel diese Frage auf sich hat, und deswegen ist sie auch von Hume und Berkeley nicht so beantwortet worden, wie von andern nicht idealistischen Philosophen, obgleich diese auch in ihren Gedanken darüber verschieden sind.
Es ist nur das Selbstgefühl der Seele, sagen die erstern, woraus die Jdee von einem existirenden Dinge entstehen kann. Die übrigen Empfindungen werden so bald nicht unterschieden und gekannt, als sie auch schon auf unser Jch, mit dessen Gefühl sie unzer- trennlich verbunden sind, bezogen, und wie Beschaf- fenheiten in einem Subjekt gedacht werden. Die äu- ßern Empfindungen können für sich also in der Vorstel- lung als solche völlig abgesonderte Ganze nicht er- scheinen, und also keinen Stoff zu der Jdee eines wirk- lichen Dinges hergeben. Daher auch das Prädikat der Existenz auf die äußern Objekte nur aus innern Empfin- dungen übertragen werden kann, und, wie die gedach- ten Philosophen hinzusetzen, ohne hinreichenden Grund übertragen wird.
Condillac war der Meinung, von den äußern Em- pfindungen könnten nur allein die Empfindungen des äußern körperlichen Gefühls auf die Jdee von wirk- lichen Gegenständen außer uns, hinführen. Was wir sehen, hören, schmecken, riechen, kommt uns, seinen Gedanken nach, nur wie Beschaffenheiten von Dingen vor, das wir daher entweder in unser Jch, oder höch-
stens
C c 3
Kenntn. v. d. objektiv. Exiſtenz d. Dinge.
wendig das Praͤdikat der wirklichen Objekte erhalten, ſo- bald die Reflexion ihre Gedanken entwickelt. Wenn al- ſo die Empfindung von einem Baume mit der Empfin- dung von dem Jch das Gemeinſchaftliche enthaͤlt, das zu der Jdee von einem exiſtirenden Objekt gemacht wor- den iſt; ſo iſt es eben ſo nothwendig, zu denken: der Baum iſt ein wirkliches Objekt, als es iſt, zu denken: ich ſelbſt bin etwas wirkliches. Es iſt alſo offenbar, wie viel dieſe Frage auf ſich hat, und deswegen iſt ſie auch von Hume und Berkeley nicht ſo beantwortet worden, wie von andern nicht idealiſtiſchen Philoſophen, obgleich dieſe auch in ihren Gedanken daruͤber verſchieden ſind.
Es iſt nur das Selbſtgefuͤhl der Seele, ſagen die erſtern, woraus die Jdee von einem exiſtirenden Dinge entſtehen kann. Die uͤbrigen Empfindungen werden ſo bald nicht unterſchieden und gekannt, als ſie auch ſchon auf unſer Jch, mit deſſen Gefuͤhl ſie unzer- trennlich verbunden ſind, bezogen, und wie Beſchaf- fenheiten in einem Subjekt gedacht werden. Die aͤu- ßern Empfindungen koͤnnen fuͤr ſich alſo in der Vorſtel- lung als ſolche voͤllig abgeſonderte Ganze nicht er- ſcheinen, und alſo keinen Stoff zu der Jdee eines wirk- lichen Dinges hergeben. Daher auch das Praͤdikat der Exiſtenz auf die aͤußern Objekte nur aus innern Empfin- dungen uͤbertragen werden kann, und, wie die gedach- ten Philoſophen hinzuſetzen, ohne hinreichenden Grund uͤbertragen wird.
Condillac war der Meinung, von den aͤußern Em- pfindungen koͤnnten nur allein die Empfindungen des aͤußern koͤrperlichen Gefuͤhls auf die Jdee von wirk- lichen Gegenſtaͤnden außer uns, hinfuͤhren. Was wir ſehen, hoͤren, ſchmecken, riechen, kommt uns, ſeinen Gedanken nach, nur wie Beſchaffenheiten von Dingen vor, das wir daher entweder in unſer Jch, oder hoͤch-
ſtens
C c 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0465"n="405"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Kenntn. v. d. objektiv. Exiſtenz d. Dinge.</hi></fw><lb/>
wendig das Praͤdikat der wirklichen Objekte erhalten, ſo-<lb/>
bald die Reflexion ihre Gedanken entwickelt. Wenn al-<lb/>ſo die Empfindung von einem Baume mit der Empfin-<lb/>
dung von dem Jch das Gemeinſchaftliche enthaͤlt, das<lb/>
zu der Jdee von einem exiſtirenden Objekt gemacht wor-<lb/>
den iſt; ſo iſt es eben ſo nothwendig, zu denken: der<lb/>
Baum iſt ein wirkliches Objekt, als es iſt, zu denken:<lb/>
ich ſelbſt bin etwas wirkliches. Es iſt alſo offenbar, wie<lb/>
viel dieſe Frage auf ſich hat, und deswegen iſt ſie auch<lb/>
von <hirendition="#fr">Hume</hi> und <hirendition="#fr">Berkeley</hi> nicht ſo beantwortet worden,<lb/>
wie von andern nicht idealiſtiſchen Philoſophen, obgleich<lb/>
dieſe auch in ihren Gedanken daruͤber verſchieden ſind.</p><lb/><p>Es iſt nur das <hirendition="#fr">Selbſtgefuͤhl der Seele,</hi>ſagen<lb/>
die erſtern, woraus die Jdee von einem <hirendition="#fr">exiſtirenden<lb/>
Dinge</hi> entſtehen kann. Die uͤbrigen Empfindungen<lb/>
werden ſo bald nicht unterſchieden und gekannt, als ſie<lb/>
auch ſchon auf unſer Jch, mit deſſen Gefuͤhl ſie unzer-<lb/>
trennlich verbunden ſind, bezogen, und wie <hirendition="#fr">Beſchaf-<lb/>
fenheiten</hi> in einem Subjekt gedacht werden. Die aͤu-<lb/>
ßern Empfindungen koͤnnen fuͤr ſich alſo in der Vorſtel-<lb/>
lung als ſolche <hirendition="#fr">voͤllig abgeſonderte Ganze</hi> nicht er-<lb/>ſcheinen, und alſo keinen Stoff zu der Jdee eines wirk-<lb/>
lichen Dinges hergeben. Daher auch das Praͤdikat der<lb/>
Exiſtenz auf die aͤußern Objekte nur aus innern Empfin-<lb/>
dungen uͤbertragen werden kann, und, wie die gedach-<lb/>
ten Philoſophen hinzuſetzen, ohne hinreichenden Grund<lb/>
uͤbertragen wird.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Condillac</hi> war der Meinung, von den aͤußern Em-<lb/>
pfindungen koͤnnten nur allein die <hirendition="#fr">Empfindungen des<lb/>
aͤußern koͤrperlichen Gefuͤhls</hi> auf die Jdee von wirk-<lb/>
lichen Gegenſtaͤnden außer uns, hinfuͤhren. Was wir<lb/>ſehen, hoͤren, ſchmecken, riechen, kommt uns, ſeinen<lb/>
Gedanken nach, nur wie Beſchaffenheiten von Dingen<lb/>
vor, das wir daher entweder in unſer Jch, oder hoͤch-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">C c 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">ſtens</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[405/0465]
Kenntn. v. d. objektiv. Exiſtenz d. Dinge.
wendig das Praͤdikat der wirklichen Objekte erhalten, ſo-
bald die Reflexion ihre Gedanken entwickelt. Wenn al-
ſo die Empfindung von einem Baume mit der Empfin-
dung von dem Jch das Gemeinſchaftliche enthaͤlt, das
zu der Jdee von einem exiſtirenden Objekt gemacht wor-
den iſt; ſo iſt es eben ſo nothwendig, zu denken: der
Baum iſt ein wirkliches Objekt, als es iſt, zu denken:
ich ſelbſt bin etwas wirkliches. Es iſt alſo offenbar, wie
viel dieſe Frage auf ſich hat, und deswegen iſt ſie auch
von Hume und Berkeley nicht ſo beantwortet worden,
wie von andern nicht idealiſtiſchen Philoſophen, obgleich
dieſe auch in ihren Gedanken daruͤber verſchieden ſind.
Es iſt nur das Selbſtgefuͤhl der Seele, ſagen
die erſtern, woraus die Jdee von einem exiſtirenden
Dinge entſtehen kann. Die uͤbrigen Empfindungen
werden ſo bald nicht unterſchieden und gekannt, als ſie
auch ſchon auf unſer Jch, mit deſſen Gefuͤhl ſie unzer-
trennlich verbunden ſind, bezogen, und wie Beſchaf-
fenheiten in einem Subjekt gedacht werden. Die aͤu-
ßern Empfindungen koͤnnen fuͤr ſich alſo in der Vorſtel-
lung als ſolche voͤllig abgeſonderte Ganze nicht er-
ſcheinen, und alſo keinen Stoff zu der Jdee eines wirk-
lichen Dinges hergeben. Daher auch das Praͤdikat der
Exiſtenz auf die aͤußern Objekte nur aus innern Empfin-
dungen uͤbertragen werden kann, und, wie die gedach-
ten Philoſophen hinzuſetzen, ohne hinreichenden Grund
uͤbertragen wird.
Condillac war der Meinung, von den aͤußern Em-
pfindungen koͤnnten nur allein die Empfindungen des
aͤußern koͤrperlichen Gefuͤhls auf die Jdee von wirk-
lichen Gegenſtaͤnden außer uns, hinfuͤhren. Was wir
ſehen, hoͤren, ſchmecken, riechen, kommt uns, ſeinen
Gedanken nach, nur wie Beſchaffenheiten von Dingen
vor, das wir daher entweder in unſer Jch, oder hoͤch-
ſtens
C c 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/465>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.