Seele von neuen gewahrgenommen, das heißt, von neu- en vorzüglich gegenwärtig gemacht, und ausgekannt wer- den. Wenn wir sagen, ich weiß, daß ich die Sache gewahrnehme, ich sehe, daß der Fleck an der Wand etwas unterschiedenes ist, so will ich nicht blos sagen, daß ich die Sache selbst auskenne, sondern auch, daß ich die- ses ihr Hervorstechen, als eine Beziehung auf andere gewahrnehme. Es ist ein großer Schritt von dem sim- peln Gewahrnehmen der Sache bis zum neuen Gewahr- nehmen dieses wahrnehmenden Aktus.
3.
Die zunächst mit dem simpeln Gewahrnehmen ver- wandten Verhältnißgedanken sind die Gedanken von der Verschiedenheit und Einerleyheit der Sachen. Es wird genug seyn, die erstere zu zergliedern.
Das Gewahrnehmen ist auch schon ein Unter- scheiden; aber eigentlich ein Auskennen einer Sache vor andern. Jch werde einen Thurm gewahr, so unter- scheide ich ihn aus dem ganzen Haufen anderer Sachen, die um ihn sind, oder eigentlich, in mir kenne ich seine Vorstellung vor den übrigen Vorstellungen, Empfindun- gen und Modifikationen, die etwann noch gegenwärtig seyn mögten, aus.
Ein anders ist es, wenn ich sage: ich unterscheide diesen Thurm von einem andern, der nahe bey ihm steht; das ist, ich denke, daß Einer nicht der andere ist.
Jn dem letztern Aktus werden schon beide Vorstel- lungen, von dem einen Thurm sowohl, als von dem an- dern, jede als gewahrgenommen vorausgesetzt. Dieß sind die Jdeen, deren bloße Gegenwart aber noch den Aktus des Unterscheidens nicht ausmacht.
Es erfolgt eine Gegeneinanderstellung beyder Jdeen; man geht von der Einen zur andern über, und es erfolgt ein Gefühl des Uebergangs.
Dieser
I.Band. Z
und uͤber das Denken.
Seele von neuen gewahrgenommen, das heißt, von neu- en vorzuͤglich gegenwaͤrtig gemacht, und ausgekannt wer- den. Wenn wir ſagen, ich weiß, daß ich die Sache gewahrnehme, ich ſehe, daß der Fleck an der Wand etwas unterſchiedenes iſt, ſo will ich nicht blos ſagen, daß ich die Sache ſelbſt auskenne, ſondern auch, daß ich die- ſes ihr Hervorſtechen, als eine Beziehung auf andere gewahrnehme. Es iſt ein großer Schritt von dem ſim- peln Gewahrnehmen der Sache bis zum neuen Gewahr- nehmen dieſes wahrnehmenden Aktus.
3.
Die zunaͤchſt mit dem ſimpeln Gewahrnehmen ver- wandten Verhaͤltnißgedanken ſind die Gedanken von der Verſchiedenheit und Einerleyheit der Sachen. Es wird genug ſeyn, die erſtere zu zergliedern.
Das Gewahrnehmen iſt auch ſchon ein Unter- ſcheiden; aber eigentlich ein Auskennen einer Sache vor andern. Jch werde einen Thurm gewahr, ſo unter- ſcheide ich ihn aus dem ganzen Haufen anderer Sachen, die um ihn ſind, oder eigentlich, in mir kenne ich ſeine Vorſtellung vor den uͤbrigen Vorſtellungen, Empfindun- gen und Modifikationen, die etwann noch gegenwaͤrtig ſeyn moͤgten, aus.
Ein anders iſt es, wenn ich ſage: ich unterſcheide dieſen Thurm von einem andern, der nahe bey ihm ſteht; das iſt, ich denke, daß Einer nicht der andere iſt.
Jn dem letztern Aktus werden ſchon beide Vorſtel- lungen, von dem einen Thurm ſowohl, als von dem an- dern, jede als gewahrgenommen vorausgeſetzt. Dieß ſind die Jdeen, deren bloße Gegenwart aber noch den Aktus des Unterſcheidens nicht ausmacht.
Es erfolgt eine Gegeneinanderſtellung beyder Jdeen; man geht von der Einen zur andern uͤber, und es erfolgt ein Gefuͤhl des Uebergangs.
Dieſer
I.Band. Z
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und uͤber das Denken.
Seele von neuen gewahrgenommen, das heißt, von neu-
en vorzuͤglich gegenwaͤrtig gemacht, und ausgekannt wer-
den. Wenn wir ſagen, ich weiß, daß ich die Sache
gewahrnehme, ich ſehe, daß der Fleck an der Wand
etwas unterſchiedenes iſt, ſo will ich nicht blos ſagen, daß
ich die Sache ſelbſt auskenne, ſondern auch, daß ich die-
ſes ihr Hervorſtechen, als eine Beziehung auf andere
gewahrnehme. Es iſt ein großer Schritt von dem ſim-
peln Gewahrnehmen der Sache bis zum neuen Gewahr-
nehmen dieſes wahrnehmenden Aktus.
3.
Die zunaͤchſt mit dem ſimpeln Gewahrnehmen ver-
wandten Verhaͤltnißgedanken ſind die Gedanken von der
Verſchiedenheit und Einerleyheit der Sachen. Es
wird genug ſeyn, die erſtere zu zergliedern.
Das Gewahrnehmen iſt auch ſchon ein Unter-
ſcheiden; aber eigentlich ein Auskennen einer Sache
vor andern. Jch werde einen Thurm gewahr, ſo unter-
ſcheide ich ihn aus dem ganzen Haufen anderer Sachen,
die um ihn ſind, oder eigentlich, in mir kenne ich ſeine
Vorſtellung vor den uͤbrigen Vorſtellungen, Empfindun-
gen und Modifikationen, die etwann noch gegenwaͤrtig
ſeyn moͤgten, aus.
Ein anders iſt es, wenn ich ſage: ich unterſcheide
dieſen Thurm von einem andern, der nahe bey ihm ſteht;
das iſt, ich denke, daß Einer nicht der andere iſt.
Jn dem letztern Aktus werden ſchon beide Vorſtel-
lungen, von dem einen Thurm ſowohl, als von dem an-
dern, jede als gewahrgenommen vorausgeſetzt. Dieß
ſind die Jdeen, deren bloße Gegenwart aber noch den
Aktus des Unterſcheidens nicht ausmacht.
Es erfolgt eine Gegeneinanderſtellung beyder
Jdeen; man geht von der Einen zur andern uͤber, und
es erfolgt ein Gefuͤhl des Uebergangs.
Dieſer
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/413>, abgerufen am 18.12.2024.
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