V. Von der Verschiedenheit der Verhältnisse und der allgemeinen Verhältnißbegriffe.
1) Nicht alle Verhältnisse können auf Jden- tität und Diversität zurück gebracht werden. 2) Klassen der allgemeinen einfachen Ver- hältnisse.
1.
Wenn man die gewöhnlichen Theorien in den Ver- nunftlehren von den Urtheilen ansiehet, so schei- net es, als wenn alle Verhältnisse und Beziehungen sich am Ende als Gedanken von der Jdentität und Diver- sität der Dinge betrachten, und alle Verhältnisse auf diese Eine Gattung zurückgebracht werden könnten. Das Urtheil wird nemlich für einen Gedanken von den Ver- hältnissen der Dinge, oder vielmehr ihrer Jdeen, erklä- ret. Nach dieser Erklärung müßte das Denken über- haupt nichts anders seyn, als ein Urtheilen, weil es in dem Erkennen der Verhältnisse bestehet, wenn nicht zum Urtheilen vorausgesetzet würde, daß schon Jdeen und Begriffe von den Objekten, deren Verhältnisse man denket, vorhanden seyn sollen. Durch diesen Zusatz wer- den die Thätigkeiten der Denkkraft, die sich mit den bloßen Vorstellungen verbinden, und diese dadurch erst zu Jdeen machen, von den Urtheilen abgesondert, und dann wird aus dem Urtheilen eine eigene Art der Ge- danken gemacht, die von dem Appercipiren und Jdeen machen, so wie von dem Folgern und Schließen un- terschieden ist. Jndessen ist das Urtheilen, in so ferne es ein Erkennen der Verhältnisse ist, ein Denken über- haupt. Giebt es also noch andere Verhältnisse und Be-
ziehun-
IV. Verſuch. Ueber die Denkkraft
V. Von der Verſchiedenheit der Verhaͤltniſſe und der allgemeinen Verhaͤltnißbegriffe.
1) Nicht alle Verhaͤltniſſe koͤnnen auf Jden- titaͤt und Diverſitaͤt zuruͤck gebracht werden. 2) Klaſſen der allgemeinen einfachen Ver- haͤltniſſe.
1.
Wenn man die gewoͤhnlichen Theorien in den Ver- nunftlehren von den Urtheilen anſiehet, ſo ſchei- net es, als wenn alle Verhaͤltniſſe und Beziehungen ſich am Ende als Gedanken von der Jdentitaͤt und Diver- ſitaͤt der Dinge betrachten, und alle Verhaͤltniſſe auf dieſe Eine Gattung zuruͤckgebracht werden koͤnnten. Das Urtheil wird nemlich fuͤr einen Gedanken von den Ver- haͤltniſſen der Dinge, oder vielmehr ihrer Jdeen, erklaͤ- ret. Nach dieſer Erklaͤrung muͤßte das Denken uͤber- haupt nichts anders ſeyn, als ein Urtheilen, weil es in dem Erkennen der Verhaͤltniſſe beſtehet, wenn nicht zum Urtheilen vorausgeſetzet wuͤrde, daß ſchon Jdeen und Begriffe von den Objekten, deren Verhaͤltniſſe man denket, vorhanden ſeyn ſollen. Durch dieſen Zuſatz wer- den die Thaͤtigkeiten der Denkkraft, die ſich mit den bloßen Vorſtellungen verbinden, und dieſe dadurch erſt zu Jdeen machen, von den Urtheilen abgeſondert, und dann wird aus dem Urtheilen eine eigene Art der Ge- danken gemacht, die von dem Appercipiren und Jdeen machen, ſo wie von dem Folgern und Schließen un- terſchieden iſt. Jndeſſen iſt das Urtheilen, in ſo ferne es ein Erkennen der Verhaͤltniſſe iſt, ein Denken uͤber- haupt. Giebt es alſo noch andere Verhaͤltniſſe und Be-
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IV. Verſuch. Ueber die Denkkraft
V.
Von der Verſchiedenheit der Verhaͤltniſſe und
der allgemeinen Verhaͤltnißbegriffe.
1) Nicht alle Verhaͤltniſſe koͤnnen auf Jden-
titaͤt und Diverſitaͤt zuruͤck gebracht
werden.
2) Klaſſen der allgemeinen einfachen Ver-
haͤltniſſe.
1.
Wenn man die gewoͤhnlichen Theorien in den Ver-
nunftlehren von den Urtheilen anſiehet, ſo ſchei-
net es, als wenn alle Verhaͤltniſſe und Beziehungen ſich
am Ende als Gedanken von der Jdentitaͤt und Diver-
ſitaͤt der Dinge betrachten, und alle Verhaͤltniſſe auf
dieſe Eine Gattung zuruͤckgebracht werden koͤnnten. Das
Urtheil wird nemlich fuͤr einen Gedanken von den Ver-
haͤltniſſen der Dinge, oder vielmehr ihrer Jdeen, erklaͤ-
ret. Nach dieſer Erklaͤrung muͤßte das Denken uͤber-
haupt nichts anders ſeyn, als ein Urtheilen, weil es in
dem Erkennen der Verhaͤltniſſe beſtehet, wenn nicht
zum Urtheilen vorausgeſetzet wuͤrde, daß ſchon Jdeen
und Begriffe von den Objekten, deren Verhaͤltniſſe man
denket, vorhanden ſeyn ſollen. Durch dieſen Zuſatz wer-
den die Thaͤtigkeiten der Denkkraft, die ſich mit den
bloßen Vorſtellungen verbinden, und dieſe dadurch erſt
zu Jdeen machen, von den Urtheilen abgeſondert, und
dann wird aus dem Urtheilen eine eigene Art der Ge-
danken gemacht, die von dem Appercipiren und Jdeen
machen, ſo wie von dem Folgern und Schließen un-
terſchieden iſt. Jndeſſen iſt das Urtheilen, in ſo ferne
es ein Erkennen der Verhaͤltniſſe iſt, ein Denken uͤber-
haupt. Giebt es alſo noch andere Verhaͤltniſſe und Be-
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/388>, abgerufen am 24.11.2024.
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