bis dahin kann man nicht hinaufgehen, weder in der Naturlehre noch in der Psychologie. Wenn man auch zugeben wollte, daß wir von dieser einförmigen Urkraft der Dinge einen Begrif hätten, und daß solche eine vorstellende Kraft sey, wofür sie Leibnitz ansah, so kön- nen wir doch nimmermehr in den Stand kom- men, die Erscheinungen der Körper bis dahin aufzulösen. Eine solche Analysis bleibet nur dem Verstand des Unendlichen vorbehalten. Unsre Erkenntniß von der wirklichen Welt er- fodert es, eine zwiefache Grundverschiedenheit in den Dingen anzunehmen, eine absolute in den Grundkräften und ihren Beschaffenhei- ten, und noch eine andere in den Quantitäten.
Nun sage ich, "wo wir von einem Dinge "auf ein anders schließen, weil gewisse Anzei- "chen der Analogie vorhanden sind, da ist es "immer zu vermuthen, daß sie verschieden sind "in Hinsicht alles dessen, wobey es auf ein "Mehr oder Weniger ankommt, aber dagegen "einerley sind in Hinsicht der Qualitäten." Hat man beobachtete Objekte aufgelöset, und ihre Einrichtung aus der Verbindung ihrer Bestandtheile und deren Beziehungen auf ein- ander begriffen, so kommt es darauf an, daß man alles absondere, was eine Größe ist, was auf Zahl, Menge, Graden der Stärke, Länge und Kürze der Zeit, Größen der Ausdehnung u. s. w. beruhet; alsdenn kann es eine Regel seyn, daß ein anders Objekt in Hinsicht der übrigen absoluten Qualitäten mit dem ersten,
gleich-
b 5
Vorrede.
bis dahin kann man nicht hinaufgehen, weder in der Naturlehre noch in der Pſychologie. Wenn man auch zugeben wollte, daß wir von dieſer einfoͤrmigen Urkraft der Dinge einen Begrif haͤtten, und daß ſolche eine vorſtellende Kraft ſey, wofuͤr ſie Leibnitz anſah, ſo koͤn- nen wir doch nimmermehr in den Stand kom- men, die Erſcheinungen der Koͤrper bis dahin aufzuloͤſen. Eine ſolche Analyſis bleibet nur dem Verſtand des Unendlichen vorbehalten. Unſre Erkenntniß von der wirklichen Welt er- fodert es, eine zwiefache Grundverſchiedenheit in den Dingen anzunehmen, eine abſolute in den Grundkraͤften und ihren Beſchaffenhei- ten, und noch eine andere in den Quantitaͤten.
Nun ſage ich, „wo wir von einem Dinge „auf ein anders ſchließen, weil gewiſſe Anzei- „chen der Analogie vorhanden ſind, da iſt es „immer zu vermuthen, daß ſie verſchieden ſind „in Hinſicht alles deſſen, wobey es auf ein „Mehr oder Weniger ankommt, aber dagegen „einerley ſind in Hinſicht der Qualitaͤten.‟ Hat man beobachtete Objekte aufgeloͤſet, und ihre Einrichtung aus der Verbindung ihrer Beſtandtheile und deren Beziehungen auf ein- ander begriffen, ſo kommt es darauf an, daß man alles abſondere, was eine Groͤße iſt, was auf Zahl, Menge, Graden der Staͤrke, Laͤnge und Kuͤrze der Zeit, Groͤßen der Ausdehnung u. ſ. w. beruhet; alsdenn kann es eine Regel ſeyn, daß ein anders Objekt in Hinſicht der uͤbrigen abſoluten Qualitaͤten mit dem erſten,
gleich-
b 5
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0029"n="XXV"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#g">Vorrede</hi>.</hi></fw><lb/>
bis dahin kann man nicht hinaufgehen, weder<lb/>
in der Naturlehre noch in der Pſychologie.<lb/>
Wenn man auch zugeben wollte, daß wir von<lb/>
dieſer einfoͤrmigen Urkraft der Dinge einen<lb/>
Begrif haͤtten, und daß ſolche eine vorſtellende<lb/>
Kraft ſey, wofuͤr ſie <hirendition="#fr">Leibnitz</hi> anſah, ſo koͤn-<lb/>
nen wir doch nimmermehr in den Stand kom-<lb/>
men, die Erſcheinungen der Koͤrper bis dahin<lb/>
aufzuloͤſen. Eine ſolche Analyſis bleibet nur<lb/>
dem Verſtand des Unendlichen vorbehalten.<lb/>
Unſre Erkenntniß von der wirklichen Welt er-<lb/>
fodert es, eine zwiefache Grundverſchiedenheit<lb/>
in den Dingen anzunehmen, eine abſolute in<lb/>
den <hirendition="#fr">Grundkraͤften</hi> und ihren <hirendition="#fr">Beſchaffenhei-<lb/>
ten,</hi> und noch eine andere in den <hirendition="#fr">Quantitaͤten.</hi></p><lb/><p>Nun ſage ich, „wo wir von einem Dinge<lb/>„auf ein anders ſchließen, weil gewiſſe Anzei-<lb/>„chen der Analogie vorhanden ſind, da iſt es<lb/>„immer zu vermuthen, daß ſie verſchieden ſind<lb/>„in Hinſicht alles deſſen, wobey es auf ein<lb/>„Mehr oder Weniger ankommt, aber dagegen<lb/>„einerley ſind in Hinſicht der <hirendition="#fr">Qualitaͤten.</hi>‟<lb/>
Hat man beobachtete Objekte aufgeloͤſet, und<lb/>
ihre Einrichtung aus der Verbindung ihrer<lb/>
Beſtandtheile und deren Beziehungen auf ein-<lb/>
ander begriffen, ſo kommt es darauf an, daß<lb/>
man alles abſondere, was eine Groͤße iſt, was<lb/>
auf Zahl, Menge, Graden der Staͤrke, Laͤnge<lb/>
und Kuͤrze der Zeit, Groͤßen der Ausdehnung<lb/>
u. ſ. w. beruhet; alsdenn kann es eine Regel<lb/>ſeyn, daß ein anders Objekt in Hinſicht der<lb/>
uͤbrigen abſoluten Qualitaͤten mit dem erſten,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">b 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">gleich-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[XXV/0029]
Vorrede.
bis dahin kann man nicht hinaufgehen, weder
in der Naturlehre noch in der Pſychologie.
Wenn man auch zugeben wollte, daß wir von
dieſer einfoͤrmigen Urkraft der Dinge einen
Begrif haͤtten, und daß ſolche eine vorſtellende
Kraft ſey, wofuͤr ſie Leibnitz anſah, ſo koͤn-
nen wir doch nimmermehr in den Stand kom-
men, die Erſcheinungen der Koͤrper bis dahin
aufzuloͤſen. Eine ſolche Analyſis bleibet nur
dem Verſtand des Unendlichen vorbehalten.
Unſre Erkenntniß von der wirklichen Welt er-
fodert es, eine zwiefache Grundverſchiedenheit
in den Dingen anzunehmen, eine abſolute in
den Grundkraͤften und ihren Beſchaffenhei-
ten, und noch eine andere in den Quantitaͤten.
Nun ſage ich, „wo wir von einem Dinge
„auf ein anders ſchließen, weil gewiſſe Anzei-
„chen der Analogie vorhanden ſind, da iſt es
„immer zu vermuthen, daß ſie verſchieden ſind
„in Hinſicht alles deſſen, wobey es auf ein
„Mehr oder Weniger ankommt, aber dagegen
„einerley ſind in Hinſicht der Qualitaͤten.‟
Hat man beobachtete Objekte aufgeloͤſet, und
ihre Einrichtung aus der Verbindung ihrer
Beſtandtheile und deren Beziehungen auf ein-
ander begriffen, ſo kommt es darauf an, daß
man alles abſondere, was eine Groͤße iſt, was
auf Zahl, Menge, Graden der Staͤrke, Laͤnge
und Kuͤrze der Zeit, Groͤßen der Ausdehnung
u. ſ. w. beruhet; alsdenn kann es eine Regel
ſeyn, daß ein anders Objekt in Hinſicht der
uͤbrigen abſoluten Qualitaͤten mit dem erſten,
gleich-
b 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. XXV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/29>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.