dener Meynung, worinn die Wirkungen und Verän- derungen in der Seele bestehen, wenn in einem Fall Wollust, in dem andern Schmerz verursachet wird. Und dieß ist ohne Zweifel das dunkelste in der Sache, wozu noch keine Hofnung ist, daß es aufgehellet werden würde. Das meiste wird doch, -- um nicht zu bestimmt von einer Sache zu reden, auf die ich hier nur im Vor- beygehen mit dem Finger zeige -- auf den Charakter ankommen, den schon die Alten, und unter den Neuern vorzüglich Des Cartes bemerkt hatte; daß in den po- sitivangenehmen Modifikationen ein Gefühl der Wirk- samkeit, der Stärke und Kraft in der Seele vorhanden sey; in den mißfallenden dagegen Ohumacht und Schwäche gefühlet werde. Aber wie dem allen auch seyn mag, so ist doch dieß offenbar: so wie der Ein- druck von einem sichtbaren Objekte auf die Seele, und dieser ihre Empfindung von dem Objekt selbst von der Beschaffenheit der Gesichtswerkzeuge, von der Lage des Objekts gegen das Werkzeug, und von andern Em- pfindungserfordernissen zusammen abhänget, und allen diesen Beziehungen gemäß ist, so ist es auch in den Em- pfindnissen. Das Rührende in ihnen hat in einem gewissen Verhältniß des Objektivischen zu dem Subjekti- vischen seinen Grund und seine Ursache.
Von hieraus kommen wir mit Einem Schritt auf die Folge, welche ich vorhero schon angezeiget habe, und welche allein ich hier aus der ganzen Betrachtung nur gebrauche. Es muß nemlich die Veränderung, welche als Wirkung von einem angenehmen Eindruck auf die empfindende Kraft gemacht wird, als eine absolute Seelenveränderung betrachtet, von der Wirkung eines entgegengesetzten widrigen Eindrucks unterschieden seyn. Der Funke verlöschet auf einem Stein, und verursachet in dem Pulverthurm eine Erderschütterung, und ein Schlag auf eine stärker gespannte Saite bringet schnellere
Schwin-
II. Verſuch. Ueber das Gefuͤhl,
dener Meynung, worinn die Wirkungen und Veraͤn- derungen in der Seele beſtehen, wenn in einem Fall Wolluſt, in dem andern Schmerz verurſachet wird. Und dieß iſt ohne Zweifel das dunkelſte in der Sache, wozu noch keine Hofnung iſt, daß es aufgehellet werden wuͤrde. Das meiſte wird doch, — um nicht zu beſtimmt von einer Sache zu reden, auf die ich hier nur im Vor- beygehen mit dem Finger zeige — auf den Charakter ankommen, den ſchon die Alten, und unter den Neuern vorzuͤglich Des Cartes bemerkt hatte; daß in den po- ſitivangenehmen Modifikationen ein Gefuͤhl der Wirk- ſamkeit, der Staͤrke und Kraft in der Seele vorhanden ſey; in den mißfallenden dagegen Ohumacht und Schwaͤche gefuͤhlet werde. Aber wie dem allen auch ſeyn mag, ſo iſt doch dieß offenbar: ſo wie der Ein- druck von einem ſichtbaren Objekte auf die Seele, und dieſer ihre Empfindung von dem Objekt ſelbſt von der Beſchaffenheit der Geſichtswerkzeuge, von der Lage des Objekts gegen das Werkzeug, und von andern Em- pfindungserforderniſſen zuſammen abhaͤnget, und allen dieſen Beziehungen gemaͤß iſt, ſo iſt es auch in den Em- pfindniſſen. Das Ruͤhrende in ihnen hat in einem gewiſſen Verhaͤltniß des Objektiviſchen zu dem Subjekti- viſchen ſeinen Grund und ſeine Urſache.
Von hieraus kommen wir mit Einem Schritt auf die Folge, welche ich vorhero ſchon angezeiget habe, und welche allein ich hier aus der ganzen Betrachtung nur gebrauche. Es muß nemlich die Veraͤnderung, welche als Wirkung von einem angenehmen Eindruck auf die empfindende Kraft gemacht wird, als eine abſolute Seelenveraͤnderung betrachtet, von der Wirkung eines entgegengeſetzten widrigen Eindrucks unterſchieden ſeyn. Der Funke verloͤſchet auf einem Stein, und verurſachet in dem Pulverthurm eine Erderſchuͤtterung, und ein Schlag auf eine ſtaͤrker geſpannte Saite bringet ſchnellere
Schwin-
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II. Verſuch. Ueber das Gefuͤhl,
dener Meynung, worinn die Wirkungen und Veraͤn-
derungen in der Seele beſtehen, wenn in einem Fall
Wolluſt, in dem andern Schmerz verurſachet wird.
Und dieß iſt ohne Zweifel das dunkelſte in der Sache,
wozu noch keine Hofnung iſt, daß es aufgehellet werden
wuͤrde. Das meiſte wird doch, — um nicht zu beſtimmt
von einer Sache zu reden, auf die ich hier nur im Vor-
beygehen mit dem Finger zeige — auf den Charakter
ankommen, den ſchon die Alten, und unter den Neuern
vorzuͤglich Des Cartes bemerkt hatte; daß in den po-
ſitivangenehmen Modifikationen ein Gefuͤhl der Wirk-
ſamkeit, der Staͤrke und Kraft in der Seele vorhanden
ſey; in den mißfallenden dagegen Ohumacht und
Schwaͤche gefuͤhlet werde. Aber wie dem allen auch
ſeyn mag, ſo iſt doch dieß offenbar: ſo wie der Ein-
druck von einem ſichtbaren Objekte auf die Seele, und
dieſer ihre Empfindung von dem Objekt ſelbſt von der
Beſchaffenheit der Geſichtswerkzeuge, von der Lage des
Objekts gegen das Werkzeug, und von andern Em-
pfindungserforderniſſen zuſammen abhaͤnget, und allen
dieſen Beziehungen gemaͤß iſt, ſo iſt es auch in den Em-
pfindniſſen. Das Ruͤhrende in ihnen hat in einem
gewiſſen Verhaͤltniß des Objektiviſchen zu dem Subjekti-
viſchen ſeinen Grund und ſeine Urſache.
Von hieraus kommen wir mit Einem Schritt auf
die Folge, welche ich vorhero ſchon angezeiget habe,
und welche allein ich hier aus der ganzen Betrachtung
nur gebrauche. Es muß nemlich die Veraͤnderung,
welche als Wirkung von einem angenehmen Eindruck auf
die empfindende Kraft gemacht wird, als eine abſolute
Seelenveraͤnderung betrachtet, von der Wirkung eines
entgegengeſetzten widrigen Eindrucks unterſchieden ſeyn.
Der Funke verloͤſchet auf einem Stein, und verurſachet
in dem Pulverthurm eine Erderſchuͤtterung, und ein
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/268>, abgerufen am 22.11.2024.
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