"dem sie das Aehnliche vorzüglich stark und lebhaft, "das Verschiedene aber in einem schwächern Grade fas- "set, aus beiden zusammen Eine neue verwirrte Vor- "stellung machen, welche für unser Gefühl eben so ein- "fach ist, als es die partielle Vorstellungen waren, die "ihr Stoff sind, aber doch eine andere Gestalt an sich "hat, und von jenen einzeln vorgestellet unterschieden "ist."
Dasselbige geschieht von sich selbst, wo die deutli- che Vorstellung dadurch in eine undeutliche übergegan- gen ist, daß die Empfindungsvorstellungen, welche gleichsam zwischen den einzelnen Theilen der ganzen Vor- stellung lagen, und die letztern von einander getrennet hielten, verloschen sind. Es geschieht auch da, wo son- sten das Unterscheidbare an den Theilen der ganzen Vor- stellung sich verlohren hat.
Drittes Gesetz. "Wenn eine dem Bewußtseyn "nach einfache, sonsten aber an sich vielbefassende Vor- "stellung, mit vorzüglicher Jntension von der Phanta- "sie bearbeitet wird, so kann diese das darinnen enthal- "tene Mannichfaltige weiter aus einander treiben, und "alsdenn jene in mehrere einfache Vorstellungen zerthei- "len, die eine jede wiederum für sich einfach, und doch "von der Erstern unterschieden sind."
Wenn die einfache Vorstellung von einer Seite mit einer zwoten einerley, in einer andern Hinsicht aber von ihr verschieden ist, so kann die Vorstellungskraft in sol- chen Fällen, wo die Vereinigung jener beiden einander zum Theil ähnlichen Jdeen durch die ihnen anklebende verschiedene Nebenideen verhindert wird, eine Auflö- sung beschaffen. Die Eine oder die andere, oder alle beide können so auseinandergesetzet werden, daß das Un- gleichartige in ihnen von dem Gleichartigen abgesondert, und also Eine simple Vorstellung in zwo andere zer- leget wird.
Dieß
J 5
der Vorſtellungen.
„dem ſie das Aehnliche vorzuͤglich ſtark und lebhaft, „das Verſchiedene aber in einem ſchwaͤchern Grade faſ- „ſet, aus beiden zuſammen Eine neue verwirrte Vor- „ſtellung machen, welche fuͤr unſer Gefuͤhl eben ſo ein- „fach iſt, als es die partielle Vorſtellungen waren, die „ihr Stoff ſind, aber doch eine andere Geſtalt an ſich „hat, und von jenen einzeln vorgeſtellet unterſchieden „iſt.“
Daſſelbige geſchieht von ſich ſelbſt, wo die deutli- che Vorſtellung dadurch in eine undeutliche uͤbergegan- gen iſt, daß die Empfindungsvorſtellungen, welche gleichſam zwiſchen den einzelnen Theilen der ganzen Vor- ſtellung lagen, und die letztern von einander getrennet hielten, verloſchen ſind. Es geſchieht auch da, wo ſon- ſten das Unterſcheidbare an den Theilen der ganzen Vor- ſtellung ſich verlohren hat.
Drittes Geſetz. „Wenn eine dem Bewußtſeyn „nach einfache, ſonſten aber an ſich vielbefaſſende Vor- „ſtellung, mit vorzuͤglicher Jntenſion von der Phanta- „ſie bearbeitet wird, ſo kann dieſe das darinnen enthal- „tene Mannichfaltige weiter aus einander treiben, und „alsdenn jene in mehrere einfache Vorſtellungen zerthei- „len, die eine jede wiederum fuͤr ſich einfach, und doch „von der Erſtern unterſchieden ſind.“
Wenn die einfache Vorſtellung von einer Seite mit einer zwoten einerley, in einer andern Hinſicht aber von ihr verſchieden iſt, ſo kann die Vorſtellungskraft in ſol- chen Faͤllen, wo die Vereinigung jener beiden einander zum Theil aͤhnlichen Jdeen durch die ihnen anklebende verſchiedene Nebenideen verhindert wird, eine Aufloͤ- ſung beſchaffen. Die Eine oder die andere, oder alle beide koͤnnen ſo auseinandergeſetzet werden, daß das Un- gleichartige in ihnen von dem Gleichartigen abgeſondert, und alſo Eine ſimple Vorſtellung in zwo andere zer- leget wird.
Dieß
J 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0197"n="137"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">der Vorſtellungen.</hi></fw><lb/>„dem ſie das Aehnliche vorzuͤglich ſtark und lebhaft,<lb/>„das Verſchiedene aber in einem ſchwaͤchern Grade faſ-<lb/>„ſet, aus beiden zuſammen Eine neue verwirrte Vor-<lb/>„ſtellung machen, welche fuͤr unſer Gefuͤhl eben ſo ein-<lb/>„fach iſt, als es die partielle Vorſtellungen waren, die<lb/>„ihr Stoff ſind, aber doch eine andere Geſtalt an ſich<lb/>„hat, und von jenen einzeln vorgeſtellet unterſchieden<lb/>„iſt.“</p><lb/><p>Daſſelbige geſchieht von ſich ſelbſt, wo die deutli-<lb/>
che Vorſtellung dadurch in eine undeutliche uͤbergegan-<lb/>
gen iſt, daß die Empfindungsvorſtellungen, welche<lb/>
gleichſam zwiſchen den einzelnen Theilen der ganzen Vor-<lb/>ſtellung lagen, und die letztern von einander getrennet<lb/>
hielten, verloſchen ſind. Es geſchieht auch da, wo ſon-<lb/>ſten das Unterſcheidbare an den Theilen der ganzen Vor-<lb/>ſtellung ſich verlohren hat.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Drittes Geſetz.</hi>„Wenn eine dem Bewußtſeyn<lb/>„nach einfache, ſonſten aber an ſich vielbefaſſende Vor-<lb/>„ſtellung, mit vorzuͤglicher Jntenſion von der Phanta-<lb/>„ſie bearbeitet wird, ſo kann dieſe das darinnen enthal-<lb/>„tene Mannichfaltige weiter aus einander treiben, und<lb/>„alsdenn jene in mehrere einfache Vorſtellungen zerthei-<lb/>„len, die eine jede wiederum fuͤr ſich einfach, und doch<lb/>„von der Erſtern unterſchieden ſind.“</p><lb/><p>Wenn die einfache Vorſtellung von einer Seite mit<lb/>
einer zwoten einerley, in einer andern Hinſicht aber von<lb/>
ihr verſchieden iſt, ſo kann die Vorſtellungskraft in ſol-<lb/>
chen Faͤllen, wo die Vereinigung jener beiden einander<lb/>
zum Theil aͤhnlichen Jdeen durch die ihnen anklebende<lb/>
verſchiedene Nebenideen verhindert wird, eine Aufloͤ-<lb/>ſung beſchaffen. Die Eine oder die andere, oder alle<lb/>
beide koͤnnen ſo auseinandergeſetzet werden, daß das Un-<lb/>
gleichartige in ihnen von dem Gleichartigen abgeſondert,<lb/>
und alſo Eine ſimple Vorſtellung in zwo andere zer-<lb/>
leget wird.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">J 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">Dieß</fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[137/0197]
der Vorſtellungen.
„dem ſie das Aehnliche vorzuͤglich ſtark und lebhaft,
„das Verſchiedene aber in einem ſchwaͤchern Grade faſ-
„ſet, aus beiden zuſammen Eine neue verwirrte Vor-
„ſtellung machen, welche fuͤr unſer Gefuͤhl eben ſo ein-
„fach iſt, als es die partielle Vorſtellungen waren, die
„ihr Stoff ſind, aber doch eine andere Geſtalt an ſich
„hat, und von jenen einzeln vorgeſtellet unterſchieden
„iſt.“
Daſſelbige geſchieht von ſich ſelbſt, wo die deutli-
che Vorſtellung dadurch in eine undeutliche uͤbergegan-
gen iſt, daß die Empfindungsvorſtellungen, welche
gleichſam zwiſchen den einzelnen Theilen der ganzen Vor-
ſtellung lagen, und die letztern von einander getrennet
hielten, verloſchen ſind. Es geſchieht auch da, wo ſon-
ſten das Unterſcheidbare an den Theilen der ganzen Vor-
ſtellung ſich verlohren hat.
Drittes Geſetz. „Wenn eine dem Bewußtſeyn
„nach einfache, ſonſten aber an ſich vielbefaſſende Vor-
„ſtellung, mit vorzuͤglicher Jntenſion von der Phanta-
„ſie bearbeitet wird, ſo kann dieſe das darinnen enthal-
„tene Mannichfaltige weiter aus einander treiben, und
„alsdenn jene in mehrere einfache Vorſtellungen zerthei-
„len, die eine jede wiederum fuͤr ſich einfach, und doch
„von der Erſtern unterſchieden ſind.“
Wenn die einfache Vorſtellung von einer Seite mit
einer zwoten einerley, in einer andern Hinſicht aber von
ihr verſchieden iſt, ſo kann die Vorſtellungskraft in ſol-
chen Faͤllen, wo die Vereinigung jener beiden einander
zum Theil aͤhnlichen Jdeen durch die ihnen anklebende
verſchiedene Nebenideen verhindert wird, eine Aufloͤ-
ſung beſchaffen. Die Eine oder die andere, oder alle
beide koͤnnen ſo auseinandergeſetzet werden, daß das Un-
gleichartige in ihnen von dem Gleichartigen abgeſondert,
und alſo Eine ſimple Vorſtellung in zwo andere zer-
leget wird.
Dieß
J 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/197>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.