nicht allemal, so viel als heller machen. Jn manchen Fällen ist die allzugroße Helligkeit eben die Ursache von dem undeutlichen Sehen. Ohne mich hierauf weiter einzulassen, will ich um des folgenden willen nur eins im allgemeinen erinnern.
Wenn wir zwey Sachen oder zwey Beschaffenheiten einer Sache oder was hier einerley ist, ihre Vorstellun- gen in uns, nicht unterscheiden, so kann es daher seyn, weil wir keine von beiden gehörig gewahrwerden. Jn diesem Fall sehen wir an beyden Sachen nichts. Aber es kann auch daran liegen, daß die Gegenstände einan- der allzuähnlich oder allzunahe bey einander sind, oder sich einander bedecken, oder auch sonsten in der Vorstel- lung so genau in einander fließen, daß sie wohl beide zu- gleich, aber nicht jedes abgesondert von dem andern vor- gestellet werden können. Jenes erstere ist der Fall bey den eigentlich dunklen Jdeen. Diese, in so ferne sie dunkel sind -- denn einigen Grad von Klarheit müssen sie besitzen, um Jdeen zu seyn -- sind nicht so stark ausge- druckt, daß man die Eine mit der andern, im Ganzen oder in Theilen, vergleichen, und unterscheiden könne. Man weis es nur aus äußern Umständen, daß es zwey Vorstellungen sind und nicht Eine, und urtheilet dahe- ro, daß ihre Gegenstände unterschieden sind, ohne solche weiter zu kennen. Jch sehe z. B. des Abends im Fin- stern zwey Menschen, davon einer zur Rechten, der an- dere zur Linken gehet. Dieser Umstand lehret mich, daß es zwo verschiedene Gegenstände sind, was ich sonst aus den Vorstellungen selbst nicht gewußt haben würde. Die klaren Jdeen dagegen, welche zugleich undeutlich sind, hat man mit vollem Recht verwirrte, ineinan- dergezogene genennet. Diese sind nicht allein klar im Ganzen; sie haben auch Licht in ihren einzelnen Zügen, die man von den Zügen einer andern gleich verwirrten Vorstellung wohl unterscheidet. Man unterscheidet ja
jeden
I. Verſuch. Ueber die Natur
nicht allemal, ſo viel als heller machen. Jn manchen Faͤllen iſt die allzugroße Helligkeit eben die Urſache von dem undeutlichen Sehen. Ohne mich hierauf weiter einzulaſſen, will ich um des folgenden willen nur eins im allgemeinen erinnern.
Wenn wir zwey Sachen oder zwey Beſchaffenheiten einer Sache oder was hier einerley iſt, ihre Vorſtellun- gen in uns, nicht unterſcheiden, ſo kann es daher ſeyn, weil wir keine von beiden gehoͤrig gewahrwerden. Jn dieſem Fall ſehen wir an beyden Sachen nichts. Aber es kann auch daran liegen, daß die Gegenſtaͤnde einan- der allzuaͤhnlich oder allzunahe bey einander ſind, oder ſich einander bedecken, oder auch ſonſten in der Vorſtel- lung ſo genau in einander fließen, daß ſie wohl beide zu- gleich, aber nicht jedes abgeſondert von dem andern vor- geſtellet werden koͤnnen. Jenes erſtere iſt der Fall bey den eigentlich dunklen Jdeen. Dieſe, in ſo ferne ſie dunkel ſind — denn einigen Grad von Klarheit muͤſſen ſie beſitzen, um Jdeen zu ſeyn — ſind nicht ſo ſtark ausge- druckt, daß man die Eine mit der andern, im Ganzen oder in Theilen, vergleichen, und unterſcheiden koͤnne. Man weis es nur aus aͤußern Umſtaͤnden, daß es zwey Vorſtellungen ſind und nicht Eine, und urtheilet dahe- ro, daß ihre Gegenſtaͤnde unterſchieden ſind, ohne ſolche weiter zu kennen. Jch ſehe z. B. des Abends im Fin- ſtern zwey Menſchen, davon einer zur Rechten, der an- dere zur Linken gehet. Dieſer Umſtand lehret mich, daß es zwo verſchiedene Gegenſtaͤnde ſind, was ich ſonſt aus den Vorſtellungen ſelbſt nicht gewußt haben wuͤrde. Die klaren Jdeen dagegen, welche zugleich undeutlich ſind, hat man mit vollem Recht verwirrte, ineinan- dergezogene genennet. Dieſe ſind nicht allein klar im Ganzen; ſie haben auch Licht in ihren einzelnen Zuͤgen, die man von den Zuͤgen einer andern gleich verwirrten Vorſtellung wohl unterſcheidet. Man unterſcheidet ja
jeden
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I. Verſuch. Ueber die Natur
nicht allemal, ſo viel als heller machen. Jn manchen
Faͤllen iſt die allzugroße Helligkeit eben die Urſache von
dem undeutlichen Sehen. Ohne mich hierauf weiter
einzulaſſen, will ich um des folgenden willen nur eins
im allgemeinen erinnern.
Wenn wir zwey Sachen oder zwey Beſchaffenheiten
einer Sache oder was hier einerley iſt, ihre Vorſtellun-
gen in uns, nicht unterſcheiden, ſo kann es daher ſeyn,
weil wir keine von beiden gehoͤrig gewahrwerden. Jn
dieſem Fall ſehen wir an beyden Sachen nichts. Aber
es kann auch daran liegen, daß die Gegenſtaͤnde einan-
der allzuaͤhnlich oder allzunahe bey einander ſind, oder
ſich einander bedecken, oder auch ſonſten in der Vorſtel-
lung ſo genau in einander fließen, daß ſie wohl beide zu-
gleich, aber nicht jedes abgeſondert von dem andern vor-
geſtellet werden koͤnnen. Jenes erſtere iſt der Fall bey
den eigentlich dunklen Jdeen. Dieſe, in ſo ferne ſie
dunkel ſind — denn einigen Grad von Klarheit muͤſſen ſie
beſitzen, um Jdeen zu ſeyn — ſind nicht ſo ſtark ausge-
druckt, daß man die Eine mit der andern, im Ganzen
oder in Theilen, vergleichen, und unterſcheiden koͤnne.
Man weis es nur aus aͤußern Umſtaͤnden, daß es zwey
Vorſtellungen ſind und nicht Eine, und urtheilet dahe-
ro, daß ihre Gegenſtaͤnde unterſchieden ſind, ohne ſolche
weiter zu kennen. Jch ſehe z. B. des Abends im Fin-
ſtern zwey Menſchen, davon einer zur Rechten, der an-
dere zur Linken gehet. Dieſer Umſtand lehret mich, daß
es zwo verſchiedene Gegenſtaͤnde ſind, was ich ſonſt
aus den Vorſtellungen ſelbſt nicht gewußt haben wuͤrde.
Die klaren Jdeen dagegen, welche zugleich undeutlich
ſind, hat man mit vollem Recht verwirrte, ineinan-
dergezogene genennet. Dieſe ſind nicht allein klar im
Ganzen; ſie haben auch Licht in ihren einzelnen Zuͤgen,
die man von den Zuͤgen einer andern gleich verwirrten
Vorſtellung wohl unterſcheidet. Man unterſcheidet ja
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/162>, abgerufen am 27.11.2024.
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