nichts mehr sind, als dieses; sie geben bloß symboli- sche Vorstellungen.
Es ist leicht zu begreifen, daß wir von solchen Ge- genständen, die nicht empfunden werden können, z. B. von dem Urheber der Welt, von den innern Kräften der Elemente, und so weiter, keine andere, als bloß analogische Vorstellungen haben können; wenigstens kei- ne andere, als solche, die nur dieß und nichts mehr sind, so viel wir es wissen. Man müßte denn geneigt seyn, Leibnitzens Gedanken von der allgemeinen Gleichartigkeit aller reellen Kräfte und Wesen anzunehmen, und zu glau- ben, daß sie alle vorstellende Kräfte sind, in dem Sinn, wie es unsere Seele ist. Jn einigen Fällen kön- nen die vorgestellten Objekte selbst unempfindbar für uns seyn, und es läßt sich doch vielleicht aus andern Grün- den erkennen, daß sie mit denen, die wir empfinden, von gleicher Natur, und also unsere Vorstellungen von ihnen mehr als analogische Vorstellungen sind.
Jndessen beruhet der ganze Gebrauch, den die Ver- nunst von den Vorstellungen jedweder Art machen kann, lediglich auf ihrer Analogie mit den Gegenständen. Es muß sich Sache zur Sache, wie Vorstellung zur Vor- stellung verhalten; und die Verhältnisse und Beziehun- gen der Vorstellungen gegen einander mit den Verhält- nissen und Beziehungen der Gegenstände unter sich, ei- nerley seyn. Und in so ferne dieses Statt findet, sind sie für uns Zeichen der Dinge; weiter nicht. Denn bis so weit kann sich die Erkennbarkeit der Sachen aus ih- nen und durch sie nur erstrecken. Daher sind auch die blos analogischen Vorstellungen nicht minder und nicht mehr zuverläßiger, als die ihnen entgegengesetzten, die man unter dem Namen von Anschaulichen befassen kann. So weit als die Analogie der Vorstellungen rei- chet, so weit sind die Urtheile und Schlüsse zuverläßig, die wir über die Jdentität und Verschiedenheit, über
die
der Vorſtellungen.
nichts mehr ſind, als dieſes; ſie geben bloß ſymboli- ſche Vorſtellungen.
Es iſt leicht zu begreifen, daß wir von ſolchen Ge- genſtaͤnden, die nicht empfunden werden koͤnnen, z. B. von dem Urheber der Welt, von den innern Kraͤften der Elemente, und ſo weiter, keine andere, als bloß analogiſche Vorſtellungen haben koͤnnen; wenigſtens kei- ne andere, als ſolche, die nur dieß und nichts mehr ſind, ſo viel wir es wiſſen. Man muͤßte denn geneigt ſeyn, Leibnitzens Gedanken von der allgemeinen Gleichartigkeit aller reellen Kraͤfte und Weſen anzunehmen, und zu glau- ben, daß ſie alle vorſtellende Kraͤfte ſind, in dem Sinn, wie es unſere Seele iſt. Jn einigen Faͤllen koͤn- nen die vorgeſtellten Objekte ſelbſt unempfindbar fuͤr uns ſeyn, und es laͤßt ſich doch vielleicht aus andern Gruͤn- den erkennen, daß ſie mit denen, die wir empfinden, von gleicher Natur, und alſo unſere Vorſtellungen von ihnen mehr als analogiſche Vorſtellungen ſind.
Jndeſſen beruhet der ganze Gebrauch, den die Ver- nunſt von den Vorſtellungen jedweder Art machen kann, lediglich auf ihrer Analogie mit den Gegenſtaͤnden. Es muß ſich Sache zur Sache, wie Vorſtellung zur Vor- ſtellung verhalten; und die Verhaͤltniſſe und Beziehun- gen der Vorſtellungen gegen einander mit den Verhaͤlt- niſſen und Beziehungen der Gegenſtaͤnde unter ſich, ei- nerley ſeyn. Und in ſo ferne dieſes Statt findet, ſind ſie fuͤr uns Zeichen der Dinge; weiter nicht. Denn bis ſo weit kann ſich die Erkennbarkeit der Sachen aus ih- nen und durch ſie nur erſtrecken. Daher ſind auch die blos analogiſchen Vorſtellungen nicht minder und nicht mehr zuverlaͤßiger, als die ihnen entgegengeſetzten, die man unter dem Namen von Anſchaulichen befaſſen kann. So weit als die Analogie der Vorſtellungen rei- chet, ſo weit ſind die Urtheile und Schluͤſſe zuverlaͤßig, die wir uͤber die Jdentitaͤt und Verſchiedenheit, uͤber
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der Vorſtellungen.
nichts mehr ſind, als dieſes; ſie geben bloß ſymboli-
ſche Vorſtellungen.
Es iſt leicht zu begreifen, daß wir von ſolchen Ge-
genſtaͤnden, die nicht empfunden werden koͤnnen, z. B.
von dem Urheber der Welt, von den innern Kraͤften
der Elemente, und ſo weiter, keine andere, als bloß
analogiſche Vorſtellungen haben koͤnnen; wenigſtens kei-
ne andere, als ſolche, die nur dieß und nichts mehr ſind,
ſo viel wir es wiſſen. Man muͤßte denn geneigt ſeyn,
Leibnitzens Gedanken von der allgemeinen Gleichartigkeit
aller reellen Kraͤfte und Weſen anzunehmen, und zu glau-
ben, daß ſie alle vorſtellende Kraͤfte ſind, in dem
Sinn, wie es unſere Seele iſt. Jn einigen Faͤllen koͤn-
nen die vorgeſtellten Objekte ſelbſt unempfindbar fuͤr uns
ſeyn, und es laͤßt ſich doch vielleicht aus andern Gruͤn-
den erkennen, daß ſie mit denen, die wir empfinden,
von gleicher Natur, und alſo unſere Vorſtellungen von
ihnen mehr als analogiſche Vorſtellungen ſind.
Jndeſſen beruhet der ganze Gebrauch, den die Ver-
nunſt von den Vorſtellungen jedweder Art machen kann,
lediglich auf ihrer Analogie mit den Gegenſtaͤnden. Es
muß ſich Sache zur Sache, wie Vorſtellung zur Vor-
ſtellung verhalten; und die Verhaͤltniſſe und Beziehun-
gen der Vorſtellungen gegen einander mit den Verhaͤlt-
niſſen und Beziehungen der Gegenſtaͤnde unter ſich, ei-
nerley ſeyn. Und in ſo ferne dieſes Statt findet, ſind
ſie fuͤr uns Zeichen der Dinge; weiter nicht. Denn bis
ſo weit kann ſich die Erkennbarkeit der Sachen aus ih-
nen und durch ſie nur erſtrecken. Daher ſind auch die
blos analogiſchen Vorſtellungen nicht minder und nicht
mehr zuverlaͤßiger, als die ihnen entgegengeſetzten, die
man unter dem Namen von Anſchaulichen befaſſen
kann. So weit als die Analogie der Vorſtellungen rei-
chet, ſo weit ſind die Urtheile und Schluͤſſe zuverlaͤßig,
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die
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/151>, abgerufen am 27.11.2024.
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