"Einer vereiniget sind, und Eine von ihnen machet ei- "nen solchen erheblichen Theil des Ganzen aus, daß, "wo dieser Theil gegenwärtig erhalten wird, auch ent- "weder das Ganze selbst gegenwärtig, oder doch eine "Tendenz vorhanden ist, es wieder gegenwärtig zu ma- "chen; so wird die Denkkraft durch eine solche partielle "Vorstellung auf das Ganze gerichtet." Wir sehen also das Ganze in jenem Theil von ihm. Wenn nun beyde Vorstellungen, die zu Einem Ganzen vereiniget sind, doch auch abgesondert, jede als ein eigenes Ganze in uns vorkommen, so wird zwischen ihnen das Verhält- niß eines Zeichens zu einem bezeichneten oder abgebilde- ten Gegenstande gedacht.
Nach diesem Gesetz ist es nothwendig, daß die Einbildungen auf ihre vorigen Empfindungen hin- weisen. Sie sind Zeichen von Natur, und sind es mehr und näher als jede andere Art von Dingen, die wir zu Zeichen, Bildern und Vorstellungen gemacht haben. Denn was hier Einbildung oder Wiedervorstellung ist, das ist nicht die ganze ehemalige Empfindung, auch nicht das Ganze, was in der Abwesenheit der Gegen- stände wiederum in uns hervorkommt, oder hervorzu- begeben sich anlässet. Das Bild von dem Mond; die Wiedervorstellung von einer Freude ist nur ein Stück aus der ganzen ehemaligen Empfindung, und auch nur ein Stück von der ganzen Modifikation der Seele, wel- che bey der Reproduktion vorhanden ist. Es ist der Theil, bey dem die Reproduktion der gesammten Em- pfindung anfänget. Zuweilen ist es der größte Theil, zuweilen nur einige Züge davon; aber allemal so ein Theil, der am klärsten empfunden, am meisten gewahr- genommen, und am leichtesten reproducibel ist. Wenn ein solcher Zug aus der vorigen Empfindung wieder her- vorkommt, so ziehet er die übrigen, wie seine Neben- theile mit hervor, oder es entstehet doch ein Bestreben,
sie
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der Vorſtellungen.
„Einer vereiniget ſind, und Eine von ihnen machet ei- „nen ſolchen erheblichen Theil des Ganzen aus, daß, „wo dieſer Theil gegenwaͤrtig erhalten wird, auch ent- „weder das Ganze ſelbſt gegenwaͤrtig, oder doch eine „Tendenz vorhanden iſt, es wieder gegenwaͤrtig zu ma- „chen; ſo wird die Denkkraft durch eine ſolche partielle „Vorſtellung auf das Ganze gerichtet.“ Wir ſehen alſo das Ganze in jenem Theil von ihm. Wenn nun beyde Vorſtellungen, die zu Einem Ganzen vereiniget ſind, doch auch abgeſondert, jede als ein eigenes Ganze in uns vorkommen, ſo wird zwiſchen ihnen das Verhaͤlt- niß eines Zeichens zu einem bezeichneten oder abgebilde- ten Gegenſtande gedacht.
Nach dieſem Geſetz iſt es nothwendig, daß die Einbildungen auf ihre vorigen Empfindungen hin- weiſen. Sie ſind Zeichen von Natur, und ſind es mehr und naͤher als jede andere Art von Dingen, die wir zu Zeichen, Bildern und Vorſtellungen gemacht haben. Denn was hier Einbildung oder Wiedervorſtellung iſt, das iſt nicht die ganze ehemalige Empfindung, auch nicht das Ganze, was in der Abweſenheit der Gegen- ſtaͤnde wiederum in uns hervorkommt, oder hervorzu- begeben ſich anlaͤſſet. Das Bild von dem Mond; die Wiedervorſtellung von einer Freude iſt nur ein Stuͤck aus der ganzen ehemaligen Empfindung, und auch nur ein Stuͤck von der ganzen Modifikation der Seele, wel- che bey der Reproduktion vorhanden iſt. Es iſt der Theil, bey dem die Reproduktion der geſammten Em- pfindung anfaͤnget. Zuweilen iſt es der groͤßte Theil, zuweilen nur einige Zuͤge davon; aber allemal ſo ein Theil, der am klaͤrſten empfunden, am meiſten gewahr- genommen, und am leichteſten reproducibel iſt. Wenn ein ſolcher Zug aus der vorigen Empfindung wieder her- vorkommt, ſo ziehet er die uͤbrigen, wie ſeine Neben- theile mit hervor, oder es entſtehet doch ein Beſtreben,
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der Vorſtellungen.
„Einer vereiniget ſind, und Eine von ihnen machet ei-
„nen ſolchen erheblichen Theil des Ganzen aus, daß,
„wo dieſer Theil gegenwaͤrtig erhalten wird, auch ent-
„weder das Ganze ſelbſt gegenwaͤrtig, oder doch eine
„Tendenz vorhanden iſt, es wieder gegenwaͤrtig zu ma-
„chen; ſo wird die Denkkraft durch eine ſolche partielle
„Vorſtellung auf das Ganze gerichtet.“ Wir ſehen
alſo das Ganze in jenem Theil von ihm. Wenn nun
beyde Vorſtellungen, die zu Einem Ganzen vereiniget
ſind, doch auch abgeſondert, jede als ein eigenes Ganze
in uns vorkommen, ſo wird zwiſchen ihnen das Verhaͤlt-
niß eines Zeichens zu einem bezeichneten oder abgebilde-
ten Gegenſtande gedacht.
Nach dieſem Geſetz iſt es nothwendig, daß die
Einbildungen auf ihre vorigen Empfindungen hin-
weiſen. Sie ſind Zeichen von Natur, und ſind es mehr
und naͤher als jede andere Art von Dingen, die wir zu
Zeichen, Bildern und Vorſtellungen gemacht haben.
Denn was hier Einbildung oder Wiedervorſtellung
iſt, das iſt nicht die ganze ehemalige Empfindung, auch
nicht das Ganze, was in der Abweſenheit der Gegen-
ſtaͤnde wiederum in uns hervorkommt, oder hervorzu-
begeben ſich anlaͤſſet. Das Bild von dem Mond; die
Wiedervorſtellung von einer Freude iſt nur ein Stuͤck
aus der ganzen ehemaligen Empfindung, und auch nur
ein Stuͤck von der ganzen Modifikation der Seele, wel-
che bey der Reproduktion vorhanden iſt. Es iſt der
Theil, bey dem die Reproduktion der geſammten Em-
pfindung anfaͤnget. Zuweilen iſt es der groͤßte Theil,
zuweilen nur einige Zuͤge davon; aber allemal ſo ein
Theil, der am klaͤrſten empfunden, am meiſten gewahr-
genommen, und am leichteſten reproducibel iſt. Wenn
ein ſolcher Zug aus der vorigen Empfindung wieder her-
vorkommt, ſo ziehet er die uͤbrigen, wie ſeine Neben-
theile mit hervor, oder es entſtehet doch ein Beſtreben,
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/145>, abgerufen am 28.11.2024.
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