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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777.

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der Vorstellungen.
bey der Hand zu haben, die dieses anschaulich lehren.
Es lässet sich also nicht einmal als allgemein behaupten,
daß die Abzeichnung der Einzelnen bey den Einbildun-
gen der innern Gefühle schwächer sey, als bey den Ein-
bildungen der äußern. Die Gesichtsempfindungen ha-
ben einen ausnehmenden Vorzug. Bey den übrigen
hänget vieles, wie bey der Reproduktion überhaupt, von
der Aufmerksamkeit ab, die man bey der Empfindung
anwendet, und mit der man gewohnt ist, die Empfindun-
gen und ihre Vorstellungen zu beobachten. Jch habe
dieß blos berühren wollen, um zu erinnern, daß auch
diese Verschiedenheit bey den verschiedenen Gattungen
von Vorstellungen keinen wesentlichen Unterschied in ih-
rer vorstellenden Natur ausmache. Sie ist an sich ge-
wiß und bemerkbar genug, und hat ihre wichtigen Fol-
gen; und kann zu den Gedanken verleiten, die letztere
Gattung von Vorstellungen würden darum keine Vor-
stellungen seyn, weil sie so sehr weit in Hinsicht der Klar-
heit von andern abweichen, und auch in Hinsicht des
Gebrauchs, den man von ihnen machen kann, wenn
man Gegenstände durch sie erkennen will.

X.
Ueber die zwote wesentliche Beschaffenheit der Vor-
stellungen, die ihnen als Zeichen von Gegen-
ständen zukommt. Sie verweisen die Refle-
xion auf ihre Objekte hin. Ursache davon.

Die Beziehung in unsern Vorstellungen -- nur von
den ursprünglichen Empfindungsvorstellungen ist
zunächst die Rede -- auf vorhergegangene Modifika-
tionen, und ihre Analogie mit ihnen, macht sie geschickt,
Bilder oder Zeichen von diesen abgeben zu können.
Aber es ist in dem neunten der obigen Erfahrungssätze,

ange-

der Vorſtellungen.
bey der Hand zu haben, die dieſes anſchaulich lehren.
Es laͤſſet ſich alſo nicht einmal als allgemein behaupten,
daß die Abzeichnung der Einzelnen bey den Einbildun-
gen der innern Gefuͤhle ſchwaͤcher ſey, als bey den Ein-
bildungen der aͤußern. Die Geſichtsempfindungen ha-
ben einen ausnehmenden Vorzug. Bey den uͤbrigen
haͤnget vieles, wie bey der Reproduktion uͤberhaupt, von
der Aufmerkſamkeit ab, die man bey der Empfindung
anwendet, und mit der man gewohnt iſt, die Empfindun-
gen und ihre Vorſtellungen zu beobachten. Jch habe
dieß blos beruͤhren wollen, um zu erinnern, daß auch
dieſe Verſchiedenheit bey den verſchiedenen Gattungen
von Vorſtellungen keinen weſentlichen Unterſchied in ih-
rer vorſtellenden Natur ausmache. Sie iſt an ſich ge-
wiß und bemerkbar genug, und hat ihre wichtigen Fol-
gen; und kann zu den Gedanken verleiten, die letztere
Gattung von Vorſtellungen wuͤrden darum keine Vor-
ſtellungen ſeyn, weil ſie ſo ſehr weit in Hinſicht der Klar-
heit von andern abweichen, und auch in Hinſicht des
Gebrauchs, den man von ihnen machen kann, wenn
man Gegenſtaͤnde durch ſie erkennen will.

X.
Ueber die zwote weſentliche Beſchaffenheit der Vor-
ſtellungen, die ihnen als Zeichen von Gegen-
ſtaͤnden zukommt. Sie verweiſen die Refle-
xion auf ihre Objekte hin. Urſache davon.

Die Beziehung in unſern Vorſtellungen — nur von
den urſpruͤnglichen Empfindungsvorſtellungen iſt
zunaͤchſt die Rede — auf vorhergegangene Modifika-
tionen, und ihre Analogie mit ihnen, macht ſie geſchickt,
Bilder oder Zeichen von dieſen abgeben zu koͤnnen.
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[75/0135] der Vorſtellungen. bey der Hand zu haben, die dieſes anſchaulich lehren. Es laͤſſet ſich alſo nicht einmal als allgemein behaupten, daß die Abzeichnung der Einzelnen bey den Einbildun- gen der innern Gefuͤhle ſchwaͤcher ſey, als bey den Ein- bildungen der aͤußern. Die Geſichtsempfindungen ha- ben einen ausnehmenden Vorzug. Bey den uͤbrigen haͤnget vieles, wie bey der Reproduktion uͤberhaupt, von der Aufmerkſamkeit ab, die man bey der Empfindung anwendet, und mit der man gewohnt iſt, die Empfindun- gen und ihre Vorſtellungen zu beobachten. Jch habe dieß blos beruͤhren wollen, um zu erinnern, daß auch dieſe Verſchiedenheit bey den verſchiedenen Gattungen von Vorſtellungen keinen weſentlichen Unterſchied in ih- rer vorſtellenden Natur ausmache. Sie iſt an ſich ge- wiß und bemerkbar genug, und hat ihre wichtigen Fol- gen; und kann zu den Gedanken verleiten, die letztere Gattung von Vorſtellungen wuͤrden darum keine Vor- ſtellungen ſeyn, weil ſie ſo ſehr weit in Hinſicht der Klar- heit von andern abweichen, und auch in Hinſicht des Gebrauchs, den man von ihnen machen kann, wenn man Gegenſtaͤnde durch ſie erkennen will. X. Ueber die zwote weſentliche Beſchaffenheit der Vor- ſtellungen, die ihnen als Zeichen von Gegen- ſtaͤnden zukommt. Sie verweiſen die Refle- xion auf ihre Objekte hin. Urſache davon. Die Beziehung in unſern Vorſtellungen — nur von den urſpruͤnglichen Empfindungsvorſtellungen iſt zunaͤchſt die Rede — auf vorhergegangene Modifika- tionen, und ihre Analogie mit ihnen, macht ſie geſchickt, Bilder oder Zeichen von dieſen abgeben zu koͤnnen. Aber es iſt in dem neunten der obigen Erfahrungsſaͤtze, ange-

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Zitationshilfe: Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/135>, abgerufen am 21.11.2024.