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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777.

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der Vorstellungen.
unmittelbaren Verbindung, daß so wie die Aktion die
Wirkung zuerst hervorgebracht hat, so kann auch die letz-
tere wiederum ihre Aktion wieder erregen. Jndem wir
also die Folge des vorhergegangenen Denkens in uns ge-
wahrwerden, so sehen wir unser Denken gleichsam von
hinten, wir halten es vor uns durch seine gegenwärtig in
uns bestehende Wirkung, und suchen es wieder zurück-
zubringen und zu erneuern.

3) Jn den Vorstellungen entstehet keine Verände-
rung, die nicht mit einer gewissen dazu gehörigen Mo-
difikation des Gehirns
verbunden ist, so wie auch
umgekehrt eine jede Modifikation in dem Organ, als
dem Sitz der materiellen Jdeen, mit einer Art von
Rückwirkung auf die Seele verbunden ist, wodurch in
dieser eine Empfindung oder ein Gefühl verursachet wird.
Jch gebrauche hier diesen Satz nicht sowohl zu einem
Beweis, als zur Erläuterung, und wer das Gehirn und
die Seele noch als ein Einziges Wesen betrachtet, der
darf nur die Redensarten abändern, so bleibet alles be-
stehen, was hier behauptet wird. Wenn also von ei-
nem auswärts gerichteten Bestreben der Denkkraft eine
Veränderung in den Vorstellungen verursachet wird, so
ist hiemit eine Veränderung in den Organen verbunden,
die wiederum von der Seele empfunden werden kann.
So ist es begreiflich, wie eine Empfindung der Aktion
auf die Jdeen in der Seele selbst auf die nemliche Art
entstehen könne, wie von einem Eindruck auf das Or-
gan, den ein äußeres Objekt hervorbringet, eine Em-
pfindung verursachet wird. Dieß würde das Gefühl
des Denkens
seyn, das Gefühl nemlich von der Wir-
kung, die aus der unmittelbar vorhergegangenen Thä-
tigkeit entstanden ist. Die Augenblicke des thätigen
Denkens und des Gefühls dieser Thätigkeit sind verschie-
den, oder lassen sich so ansehen. Diese Empfindung
des Denkens kann nun auch ihre Nachempfindung

haben,
I. Band. D

der Vorſtellungen.
unmittelbaren Verbindung, daß ſo wie die Aktion die
Wirkung zuerſt hervorgebracht hat, ſo kann auch die letz-
tere wiederum ihre Aktion wieder erregen. Jndem wir
alſo die Folge des vorhergegangenen Denkens in uns ge-
wahrwerden, ſo ſehen wir unſer Denken gleichſam von
hinten, wir halten es vor uns durch ſeine gegenwaͤrtig in
uns beſtehende Wirkung, und ſuchen es wieder zuruͤck-
zubringen und zu erneuern.

3) Jn den Vorſtellungen entſtehet keine Veraͤnde-
rung, die nicht mit einer gewiſſen dazu gehoͤrigen Mo-
difikation des Gehirns
verbunden iſt, ſo wie auch
umgekehrt eine jede Modifikation in dem Organ, als
dem Sitz der materiellen Jdeen, mit einer Art von
Ruͤckwirkung auf die Seele verbunden iſt, wodurch in
dieſer eine Empfindung oder ein Gefuͤhl verurſachet wird.
Jch gebrauche hier dieſen Satz nicht ſowohl zu einem
Beweis, als zur Erlaͤuterung, und wer das Gehirn und
die Seele noch als ein Einziges Weſen betrachtet, der
darf nur die Redensarten abaͤndern, ſo bleibet alles be-
ſtehen, was hier behauptet wird. Wenn alſo von ei-
nem auswaͤrts gerichteten Beſtreben der Denkkraft eine
Veraͤnderung in den Vorſtellungen verurſachet wird, ſo
iſt hiemit eine Veraͤnderung in den Organen verbunden,
die wiederum von der Seele empfunden werden kann.
So iſt es begreiflich, wie eine Empfindung der Aktion
auf die Jdeen in der Seele ſelbſt auf die nemliche Art
entſtehen koͤnne, wie von einem Eindruck auf das Or-
gan, den ein aͤußeres Objekt hervorbringet, eine Em-
pfindung verurſachet wird. Dieß wuͤrde das Gefuͤhl
des Denkens
ſeyn, das Gefuͤhl nemlich von der Wir-
kung, die aus der unmittelbar vorhergegangenen Thaͤ-
tigkeit entſtanden iſt. Die Augenblicke des thaͤtigen
Denkens und des Gefuͤhls dieſer Thaͤtigkeit ſind verſchie-
den, oder laſſen ſich ſo anſehen. Dieſe Empfindung
des Denkens kann nun auch ihre Nachempfindung

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I. Band. D
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[49/0109] der Vorſtellungen. unmittelbaren Verbindung, daß ſo wie die Aktion die Wirkung zuerſt hervorgebracht hat, ſo kann auch die letz- tere wiederum ihre Aktion wieder erregen. Jndem wir alſo die Folge des vorhergegangenen Denkens in uns ge- wahrwerden, ſo ſehen wir unſer Denken gleichſam von hinten, wir halten es vor uns durch ſeine gegenwaͤrtig in uns beſtehende Wirkung, und ſuchen es wieder zuruͤck- zubringen und zu erneuern. 3) Jn den Vorſtellungen entſtehet keine Veraͤnde- rung, die nicht mit einer gewiſſen dazu gehoͤrigen Mo- difikation des Gehirns verbunden iſt, ſo wie auch umgekehrt eine jede Modifikation in dem Organ, als dem Sitz der materiellen Jdeen, mit einer Art von Ruͤckwirkung auf die Seele verbunden iſt, wodurch in dieſer eine Empfindung oder ein Gefuͤhl verurſachet wird. Jch gebrauche hier dieſen Satz nicht ſowohl zu einem Beweis, als zur Erlaͤuterung, und wer das Gehirn und die Seele noch als ein Einziges Weſen betrachtet, der darf nur die Redensarten abaͤndern, ſo bleibet alles be- ſtehen, was hier behauptet wird. Wenn alſo von ei- nem auswaͤrts gerichteten Beſtreben der Denkkraft eine Veraͤnderung in den Vorſtellungen verurſachet wird, ſo iſt hiemit eine Veraͤnderung in den Organen verbunden, die wiederum von der Seele empfunden werden kann. So iſt es begreiflich, wie eine Empfindung der Aktion auf die Jdeen in der Seele ſelbſt auf die nemliche Art entſtehen koͤnne, wie von einem Eindruck auf das Or- gan, den ein aͤußeres Objekt hervorbringet, eine Em- pfindung verurſachet wird. Dieß wuͤrde das Gefuͤhl des Denkens ſeyn, das Gefuͤhl nemlich von der Wir- kung, die aus der unmittelbar vorhergegangenen Thaͤ- tigkeit entſtanden iſt. Die Augenblicke des thaͤtigen Denkens und des Gefuͤhls dieſer Thaͤtigkeit ſind verſchie- den, oder laſſen ſich ſo anſehen. Dieſe Empfindung des Denkens kann nun auch ihre Nachempfindung haben, I. Band. D

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Zitationshilfe: Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/109>, abgerufen am 29.11.2024.