Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Tagen nach dem Entflohenen in der Umgegend angestellt wurden, blieben ohne Erfolg, und so gewann die Ueberzeugung immer mehr Grund, daß das unglückliche Paar von der Gewalt des tobenden Herbststurmes in dem See begraben ruhe. V. Der Frei-Lehrling. An einem kalten Morgen des felgenden strengen Winters saß Mynheer Verkolyn in seinem Palaste zu Amsterdam, behaglich frühstückend, neben dem großen Marmorkamin, worin ein glühender Haufen Torf Wärme in dem bequem und mit gediegener Pracht ausgestatteten Zimmer verbreitete. Der Kaufherr saß gemächlich ruhend in seinem hochgelehnten Großvaterstuhle von dunkelm Mahagoniholz; vor ihm auf einem massiven Tische duftete in goldenem Service echter Mocca, ein damals zur Zeit der Continentalsperre kaum zu erlangendes kostbares Getränk. Mynheer war ein hochgewachsener Greis von beinahe achtzig Jahren; sein silbern schlichtes Haar fiel gescheitelt bis auf die breiten Schultern herab; sein kräftig gefärbtes Antlitz und die noch glänzenden blauen Augen zeugten von ungeschwächter Lebenskraft; er las ohne Brille aufmerksam eine Morgenzeitung. Geräuschlos öffnete sich die glänzend polirte, mit vergoldeter Bronce geschmückte Stubenthür, und ein betagter, gepuderter Diener in schwarzem Kleide von altem Tagen nach dem Entflohenen in der Umgegend angestellt wurden, blieben ohne Erfolg, und so gewann die Ueberzeugung immer mehr Grund, daß das unglückliche Paar von der Gewalt des tobenden Herbststurmes in dem See begraben ruhe. V. Der Frei-Lehrling. An einem kalten Morgen des felgenden strengen Winters saß Mynheer Verkolyn in seinem Palaste zu Amsterdam, behaglich frühstückend, neben dem großen Marmorkamin, worin ein glühender Haufen Torf Wärme in dem bequem und mit gediegener Pracht ausgestatteten Zimmer verbreitete. Der Kaufherr saß gemächlich ruhend in seinem hochgelehnten Großvaterstuhle von dunkelm Mahagoniholz; vor ihm auf einem massiven Tische duftete in goldenem Service echter Mocca, ein damals zur Zeit der Continentalsperre kaum zu erlangendes kostbares Getränk. Mynheer war ein hochgewachsener Greis von beinahe achtzig Jahren; sein silbern schlichtes Haar fiel gescheitelt bis auf die breiten Schultern herab; sein kräftig gefärbtes Antlitz und die noch glänzenden blauen Augen zeugten von ungeschwächter Lebenskraft; er las ohne Brille aufmerksam eine Morgenzeitung. Geräuschlos öffnete sich die glänzend polirte, mit vergoldeter Bronce geschmückte Stubenthür, und ein betagter, gepuderter Diener in schwarzem Kleide von altem <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="4"> <p><pb facs="#f0080"/> Tagen nach dem Entflohenen in der Umgegend angestellt wurden, blieben ohne Erfolg, und so gewann die Ueberzeugung immer mehr Grund, daß das unglückliche Paar von der Gewalt des tobenden Herbststurmes in dem See begraben ruhe.</p><lb/> </div> <div type="chapter" n="5"> <head>V. Der Frei-Lehrling.</head> <p>An einem kalten Morgen des felgenden strengen Winters saß Mynheer Verkolyn in seinem Palaste zu Amsterdam, behaglich frühstückend, neben dem großen Marmorkamin, worin ein glühender Haufen Torf Wärme in dem bequem und mit gediegener Pracht ausgestatteten Zimmer verbreitete. Der Kaufherr saß gemächlich ruhend in seinem hochgelehnten Großvaterstuhle von dunkelm Mahagoniholz; vor ihm auf einem massiven Tische duftete in goldenem Service echter Mocca, ein damals zur Zeit der Continentalsperre kaum zu erlangendes kostbares Getränk. Mynheer war ein hochgewachsener Greis von beinahe achtzig Jahren; sein silbern schlichtes Haar fiel gescheitelt bis auf die breiten Schultern herab; sein kräftig gefärbtes Antlitz und die noch glänzenden blauen Augen zeugten von ungeschwächter Lebenskraft; er las ohne Brille aufmerksam eine Morgenzeitung.</p><lb/> <p>Geräuschlos öffnete sich die glänzend polirte, mit vergoldeter Bronce geschmückte Stubenthür, und ein betagter, gepuderter Diener in schwarzem Kleide von altem<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0080]
Tagen nach dem Entflohenen in der Umgegend angestellt wurden, blieben ohne Erfolg, und so gewann die Ueberzeugung immer mehr Grund, daß das unglückliche Paar von der Gewalt des tobenden Herbststurmes in dem See begraben ruhe.
V. Der Frei-Lehrling. An einem kalten Morgen des felgenden strengen Winters saß Mynheer Verkolyn in seinem Palaste zu Amsterdam, behaglich frühstückend, neben dem großen Marmorkamin, worin ein glühender Haufen Torf Wärme in dem bequem und mit gediegener Pracht ausgestatteten Zimmer verbreitete. Der Kaufherr saß gemächlich ruhend in seinem hochgelehnten Großvaterstuhle von dunkelm Mahagoniholz; vor ihm auf einem massiven Tische duftete in goldenem Service echter Mocca, ein damals zur Zeit der Continentalsperre kaum zu erlangendes kostbares Getränk. Mynheer war ein hochgewachsener Greis von beinahe achtzig Jahren; sein silbern schlichtes Haar fiel gescheitelt bis auf die breiten Schultern herab; sein kräftig gefärbtes Antlitz und die noch glänzenden blauen Augen zeugten von ungeschwächter Lebenskraft; er las ohne Brille aufmerksam eine Morgenzeitung.
Geräuschlos öffnete sich die glänzend polirte, mit vergoldeter Bronce geschmückte Stubenthür, und ein betagter, gepuderter Diener in schwarzem Kleide von altem
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