Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Dieses Kuchenhacken ist ein Lieblingsspiel des Volkes auf den holländischen Kirmessen. Bei einem der ausgezeichnetsten Haublöcke sehen wir im Gedränge die Familie vom Zorgenhof, eifrig an dem Spiele Theil nehmend. Der Vater Zorg hatte trotz seiner festen Faust schon manchen Silbergulden verloren, dagegen Bertold bereits viele zierliche Kirmesgaben, goldene Ohrgehänge, silberne Löffel und Schmucksachen gewonnen, die er sogleich seinem Mädchen Galinda und Schwester Drudje schenkte. -- Da schritt der blasse Freimeister Jan von Amsterdam in seiner feinen schwarzen Kleidung und blutrothen Weste heran. Er hatte aufmerksam jeden Haublock besucht, und wo er nahte, theilte sich die Volksmasse, scheu vor der Berührung des Scharfrichters zurückweichend. Der Meister wurde zwar oft in zweifelhaften Fällen als Kampfrichter gewählt; aber er selbst rührte das Beil nicht an, weil er nur mit seines Gleichen kämpfen durfte, indem jeder Andere seinen Ruf durch ein Wetthacken mit dem Nachrichter befleckt hätte. Sichtlich gerieth der Polderwirth Zorg und seine Ehefrau Sara in Verlegenheit, als Meister Jan zu ihnen trat; die Gemeinschaft mit diesem unehrlichen Manne drohte den guten Ruf des Zorgenhofs anrüchig zu machen; schon war seine Brautwerbung bekannt geworden, und dieses in den Poldern unerhörte Ereigniß hatte den Lästerzungen einen willkommenen Anlaß zu Mißbilligung und höhnischem Achselzucken gegeben. Nur Dieses Kuchenhacken ist ein Lieblingsspiel des Volkes auf den holländischen Kirmessen. Bei einem der ausgezeichnetsten Haublöcke sehen wir im Gedränge die Familie vom Zorgenhof, eifrig an dem Spiele Theil nehmend. Der Vater Zorg hatte trotz seiner festen Faust schon manchen Silbergulden verloren, dagegen Bertold bereits viele zierliche Kirmesgaben, goldene Ohrgehänge, silberne Löffel und Schmucksachen gewonnen, die er sogleich seinem Mädchen Galinda und Schwester Drudje schenkte. — Da schritt der blasse Freimeister Jan von Amsterdam in seiner feinen schwarzen Kleidung und blutrothen Weste heran. Er hatte aufmerksam jeden Haublock besucht, und wo er nahte, theilte sich die Volksmasse, scheu vor der Berührung des Scharfrichters zurückweichend. Der Meister wurde zwar oft in zweifelhaften Fällen als Kampfrichter gewählt; aber er selbst rührte das Beil nicht an, weil er nur mit seines Gleichen kämpfen durfte, indem jeder Andere seinen Ruf durch ein Wetthacken mit dem Nachrichter befleckt hätte. Sichtlich gerieth der Polderwirth Zorg und seine Ehefrau Sara in Verlegenheit, als Meister Jan zu ihnen trat; die Gemeinschaft mit diesem unehrlichen Manne drohte den guten Ruf des Zorgenhofs anrüchig zu machen; schon war seine Brautwerbung bekannt geworden, und dieses in den Poldern unerhörte Ereigniß hatte den Lästerzungen einen willkommenen Anlaß zu Mißbilligung und höhnischem Achselzucken gegeben. Nur <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="3"> <pb facs="#f0054"/> <p>Dieses Kuchenhacken ist ein Lieblingsspiel des Volkes auf den holländischen Kirmessen.</p><lb/> <p>Bei einem der ausgezeichnetsten Haublöcke sehen wir im Gedränge die Familie vom Zorgenhof, eifrig an dem Spiele Theil nehmend. Der Vater Zorg hatte trotz seiner festen Faust schon manchen Silbergulden verloren, dagegen Bertold bereits viele zierliche Kirmesgaben, goldene Ohrgehänge, silberne Löffel und Schmucksachen gewonnen, die er sogleich seinem Mädchen Galinda und Schwester Drudje schenkte. — Da schritt der blasse Freimeister Jan von Amsterdam in seiner feinen schwarzen Kleidung und blutrothen Weste heran. Er hatte aufmerksam jeden Haublock besucht, und wo er nahte, theilte sich die Volksmasse, scheu vor der Berührung des Scharfrichters zurückweichend. Der Meister wurde zwar oft in zweifelhaften Fällen als Kampfrichter gewählt; aber er selbst rührte das Beil nicht an, weil er nur mit seines Gleichen kämpfen durfte, indem jeder Andere seinen Ruf durch ein Wetthacken mit dem Nachrichter befleckt hätte.</p><lb/> <p>Sichtlich gerieth der Polderwirth Zorg und seine Ehefrau Sara in Verlegenheit, als Meister Jan zu ihnen trat; die Gemeinschaft mit diesem unehrlichen Manne drohte den guten Ruf des Zorgenhofs anrüchig zu machen; schon war seine Brautwerbung bekannt geworden, und dieses in den Poldern unerhörte Ereigniß hatte den Lästerzungen einen willkommenen Anlaß zu Mißbilligung und höhnischem Achselzucken gegeben. Nur<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0054]
Dieses Kuchenhacken ist ein Lieblingsspiel des Volkes auf den holländischen Kirmessen.
Bei einem der ausgezeichnetsten Haublöcke sehen wir im Gedränge die Familie vom Zorgenhof, eifrig an dem Spiele Theil nehmend. Der Vater Zorg hatte trotz seiner festen Faust schon manchen Silbergulden verloren, dagegen Bertold bereits viele zierliche Kirmesgaben, goldene Ohrgehänge, silberne Löffel und Schmucksachen gewonnen, die er sogleich seinem Mädchen Galinda und Schwester Drudje schenkte. — Da schritt der blasse Freimeister Jan von Amsterdam in seiner feinen schwarzen Kleidung und blutrothen Weste heran. Er hatte aufmerksam jeden Haublock besucht, und wo er nahte, theilte sich die Volksmasse, scheu vor der Berührung des Scharfrichters zurückweichend. Der Meister wurde zwar oft in zweifelhaften Fällen als Kampfrichter gewählt; aber er selbst rührte das Beil nicht an, weil er nur mit seines Gleichen kämpfen durfte, indem jeder Andere seinen Ruf durch ein Wetthacken mit dem Nachrichter befleckt hätte.
Sichtlich gerieth der Polderwirth Zorg und seine Ehefrau Sara in Verlegenheit, als Meister Jan zu ihnen trat; die Gemeinschaft mit diesem unehrlichen Manne drohte den guten Ruf des Zorgenhofs anrüchig zu machen; schon war seine Brautwerbung bekannt geworden, und dieses in den Poldern unerhörte Ereigniß hatte den Lästerzungen einen willkommenen Anlaß zu Mißbilligung und höhnischem Achselzucken gegeben. Nur
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-16T12:22:21Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-16T12:22:21Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |