Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

weichen Sentimentalität gestimmten Gemüthern stattfindet, würde jeder Hausherr seine Schwelle befleckt halten, wenn sie ein Scharfrichter ohne unabweisliche Nothwendigkeit überschreiten möchte, weil dessen Handwerk und Gemeinschaft für unehrlich machend gilt.

Nehmt mir's nicht übel auf, sagte Meister Jan nach den ersten Begrüßungen, daß ich so früh komme und ohne anzuklopfen hereintrete. Ihr wißt, daß unser einer nur da Unglück bringt, wo wir gehörig angesagt kommen und holen müßen. Wenn wir aber unerwartet erscheinen, folgt uns das Glück überall auf dem Fuße, und das will ich diesem ehrbaren Hause nicht nur bringen, sondern es mir auch daraus holen, wenn Ihr nichts dawider habt.

Es ist wahr, gegenredete der Wirth, ich hatte Euch sobald nicht erwartet. Bei unserer letzten Negotie in Amsterdam meintet Ihr, erst nach Martini zu kommen.

Das ist wohl wahr, fuhr der Freimeister in seiner wohlgesetzten Rede fort, indem er einen Brief hervorzog; aber Mynheer Verkolyn will dies Geschäft absonderlich beschleunigt haben. Er schickt Euch diesen Avisbrief, den ich selbst bringe, eben weil ich vorher angemeldet nicht zu Euch kommen wollte.

Der Mann führt eine grausliche Rede, flüsterte die alte Lora.

Aber er sieht aus, wie 'n scharfer Richter aus-

weichen Sentimentalität gestimmten Gemüthern stattfindet, würde jeder Hausherr seine Schwelle befleckt halten, wenn sie ein Scharfrichter ohne unabweisliche Nothwendigkeit überschreiten möchte, weil dessen Handwerk und Gemeinschaft für unehrlich machend gilt.

Nehmt mir's nicht übel auf, sagte Meister Jan nach den ersten Begrüßungen, daß ich so früh komme und ohne anzuklopfen hereintrete. Ihr wißt, daß unser einer nur da Unglück bringt, wo wir gehörig angesagt kommen und holen müßen. Wenn wir aber unerwartet erscheinen, folgt uns das Glück überall auf dem Fuße, und das will ich diesem ehrbaren Hause nicht nur bringen, sondern es mir auch daraus holen, wenn Ihr nichts dawider habt.

Es ist wahr, gegenredete der Wirth, ich hatte Euch sobald nicht erwartet. Bei unserer letzten Negotie in Amsterdam meintet Ihr, erst nach Martini zu kommen.

Das ist wohl wahr, fuhr der Freimeister in seiner wohlgesetzten Rede fort, indem er einen Brief hervorzog; aber Mynheer Verkolyn will dies Geschäft absonderlich beschleunigt haben. Er schickt Euch diesen Avisbrief, den ich selbst bringe, eben weil ich vorher angemeldet nicht zu Euch kommen wollte.

Der Mann führt eine grausliche Rede, flüsterte die alte Lora.

Aber er sieht aus, wie 'n scharfer Richter aus-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="2">
        <p><pb facs="#f0034"/>
weichen Sentimentalität gestimmten Gemüthern stattfindet, würde                jeder Hausherr seine Schwelle befleckt halten, wenn sie ein Scharfrichter ohne                unabweisliche Nothwendigkeit überschreiten möchte, weil dessen Handwerk und                Gemeinschaft für unehrlich machend gilt.</p><lb/>
        <p>Nehmt mir's nicht übel auf, sagte Meister Jan nach den ersten Begrüßungen, daß ich so                früh komme und ohne anzuklopfen hereintrete. Ihr wißt, daß unser einer nur da Unglück                bringt, wo wir gehörig angesagt kommen und holen müßen. Wenn wir aber unerwartet                erscheinen, folgt uns das Glück überall auf dem Fuße, und das will ich diesem                ehrbaren Hause nicht nur bringen, sondern es mir auch daraus holen, wenn Ihr nichts                dawider habt.</p><lb/>
        <p>Es ist wahr, gegenredete der Wirth, ich hatte Euch sobald nicht erwartet. Bei unserer                letzten Negotie in Amsterdam meintet Ihr, erst nach Martini zu kommen.</p><lb/>
        <p>Das ist wohl wahr, fuhr der Freimeister in seiner wohlgesetzten Rede fort, indem er                einen Brief hervorzog; aber Mynheer Verkolyn will dies Geschäft absonderlich                beschleunigt haben. Er schickt Euch diesen Avisbrief, den ich selbst bringe, eben                weil ich vorher angemeldet nicht zu Euch kommen wollte.</p><lb/>
        <p>Der Mann führt eine grausliche Rede, flüsterte die alte Lora.</p><lb/>
        <p>Aber er sieht aus, wie 'n scharfer Richter aus-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0034] weichen Sentimentalität gestimmten Gemüthern stattfindet, würde jeder Hausherr seine Schwelle befleckt halten, wenn sie ein Scharfrichter ohne unabweisliche Nothwendigkeit überschreiten möchte, weil dessen Handwerk und Gemeinschaft für unehrlich machend gilt. Nehmt mir's nicht übel auf, sagte Meister Jan nach den ersten Begrüßungen, daß ich so früh komme und ohne anzuklopfen hereintrete. Ihr wißt, daß unser einer nur da Unglück bringt, wo wir gehörig angesagt kommen und holen müßen. Wenn wir aber unerwartet erscheinen, folgt uns das Glück überall auf dem Fuße, und das will ich diesem ehrbaren Hause nicht nur bringen, sondern es mir auch daraus holen, wenn Ihr nichts dawider habt. Es ist wahr, gegenredete der Wirth, ich hatte Euch sobald nicht erwartet. Bei unserer letzten Negotie in Amsterdam meintet Ihr, erst nach Martini zu kommen. Das ist wohl wahr, fuhr der Freimeister in seiner wohlgesetzten Rede fort, indem er einen Brief hervorzog; aber Mynheer Verkolyn will dies Geschäft absonderlich beschleunigt haben. Er schickt Euch diesen Avisbrief, den ich selbst bringe, eben weil ich vorher angemeldet nicht zu Euch kommen wollte. Der Mann führt eine grausliche Rede, flüsterte die alte Lora. Aber er sieht aus, wie 'n scharfer Richter aus-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:22:21Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:22:21Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tesche_piet_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tesche_piet_1910/34
Zitationshilfe: Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tesche_piet_1910/34>, abgerufen am 22.11.2024.