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Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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wider alles Herkommen begangen worden. Sogleich forderte sie Alle auf, sich in das Visitenzimmer zu begeben, welches schon lange zum Empfange für Mynheer Sachtervanst bereit stehe.

Der Abend war inzwischen hereingebrochen, und so fanden sie das glänzende Prunkzimmer schon festlich erleuchtet. Auf der gedeckten Tafel prangten mit flammenden Wachskerzen große silberne Armleuchter, und im Kamin verbreitete ein glühender Torfkohlenhaufen behagliche Wärme in dem reich geschmückten Zimmer.

Schon lange hatte die goldene Stutzuhr auf dem Kaminsims Mitternacht geschlagen, als die fröhliche Familie, in aller Weise befriedigt, sich von der Tafel erhob , und niemals hatte der Zorgenhof glücklichere Menschen beherbergt, als diese Nacht unter seinem gastlichen Dache in wonnigen Träumen ruhten.

Wir lassen einige Jahre vorübergehen, bevor wir an die grünen Ufer des Gouda-Sees zurückkehren. Die Gegend ist nicht wieder zu erkennen; an der Stelle des unabsehbaren Wasserspiegels prangen jetzt grüne, von schmalen Kanälen durchschnittene Wiesen; nur dort, wo der See am tiefsten gewesen, liegt noch ein schilfumkränzter Wasserspiegel, den man in Deutschland doch noch einen Landsee nennen würde.

Die fünfzehn Schöpfmühlen halten ihr Werk voll-

wider alles Herkommen begangen worden. Sogleich forderte sie Alle auf, sich in das Visitenzimmer zu begeben, welches schon lange zum Empfange für Mynheer Sachtervanst bereit stehe.

Der Abend war inzwischen hereingebrochen, und so fanden sie das glänzende Prunkzimmer schon festlich erleuchtet. Auf der gedeckten Tafel prangten mit flammenden Wachskerzen große silberne Armleuchter, und im Kamin verbreitete ein glühender Torfkohlenhaufen behagliche Wärme in dem reich geschmückten Zimmer.

Schon lange hatte die goldene Stutzuhr auf dem Kaminsims Mitternacht geschlagen, als die fröhliche Familie, in aller Weise befriedigt, sich von der Tafel erhob , und niemals hatte der Zorgenhof glücklichere Menschen beherbergt, als diese Nacht unter seinem gastlichen Dache in wonnigen Träumen ruhten.

Wir lassen einige Jahre vorübergehen, bevor wir an die grünen Ufer des Gouda-Sees zurückkehren. Die Gegend ist nicht wieder zu erkennen; an der Stelle des unabsehbaren Wasserspiegels prangen jetzt grüne, von schmalen Kanälen durchschnittene Wiesen; nur dort, wo der See am tiefsten gewesen, liegt noch ein schilfumkränzter Wasserspiegel, den man in Deutschland doch noch einen Landsee nennen würde.

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[0115] wider alles Herkommen begangen worden. Sogleich forderte sie Alle auf, sich in das Visitenzimmer zu begeben, welches schon lange zum Empfange für Mynheer Sachtervanst bereit stehe. Der Abend war inzwischen hereingebrochen, und so fanden sie das glänzende Prunkzimmer schon festlich erleuchtet. Auf der gedeckten Tafel prangten mit flammenden Wachskerzen große silberne Armleuchter, und im Kamin verbreitete ein glühender Torfkohlenhaufen behagliche Wärme in dem reich geschmückten Zimmer. Schon lange hatte die goldene Stutzuhr auf dem Kaminsims Mitternacht geschlagen, als die fröhliche Familie, in aller Weise befriedigt, sich von der Tafel erhob , und niemals hatte der Zorgenhof glücklichere Menschen beherbergt, als diese Nacht unter seinem gastlichen Dache in wonnigen Träumen ruhten. Wir lassen einige Jahre vorübergehen, bevor wir an die grünen Ufer des Gouda-Sees zurückkehren. Die Gegend ist nicht wieder zu erkennen; an der Stelle des unabsehbaren Wasserspiegels prangen jetzt grüne, von schmalen Kanälen durchschnittene Wiesen; nur dort, wo der See am tiefsten gewesen, liegt noch ein schilfumkränzter Wasserspiegel, den man in Deutschland doch noch einen Landsee nennen würde. Die fünfzehn Schöpfmühlen halten ihr Werk voll-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:22:21Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:22:21Z)

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Zitationshilfe: Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tesche_piet_1910/115>, abgerufen am 04.12.2024.