Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Nach dem, was Sie mir eben declarirten, hat das Geschäft ein ganz ander Gesicht bekommen, daß ich es fast nicht mehr wiedererkenne. Sie wissen doch, was Bertold im Schilde führt? Wie sollt' ich's nicht wissen? rief Piet mit verhaltenem Lachen; habe ich doch selbst dem wackern Jungen eingegeben, daß er Freimeister werden soll, um sicher seine Galinda zu bekommen. Was? -- Sie haben ihm gerathen -- Ja wohl, Mynheer, ich, der Piet Waterhout. Wie hätte sonst der unerfahrene Junge auf solche Gedanken kommen können? Mit jedem Wort stieg des Buchhalters Erstaunen und Achtung vor diesem Entenjäger, dem er doch so viel praktische Geschäftsbeurtheilung nicht zugetraut. -- Nach einer Pause sagte Baldus: Wenn die Sache so steht, dann wissen Sie auch wohl bereits von Bertold, in welcher Absicht ich dem Baas im Zorgenhof meine Visite heute machen will? Da könnten Mynheer Recht haben -- ich weiß, Sie sind hier in der Absicht, den alten Baas zu zwingen, daß er einwilligen soll, ein unehrlich gebornes Kind von dem hochmögenden Mynheer van Eernswaard als Schwiegertochter anzunehmen, oder zu gewahren, daß Bertold ein Freimeister wird. Van Eernswaard? rief Baldus, was wollen Sie damit sagen? Nach dem, was Sie mir eben declarirten, hat das Geschäft ein ganz ander Gesicht bekommen, daß ich es fast nicht mehr wiedererkenne. Sie wissen doch, was Bertold im Schilde führt? Wie sollt' ich's nicht wissen? rief Piet mit verhaltenem Lachen; habe ich doch selbst dem wackern Jungen eingegeben, daß er Freimeister werden soll, um sicher seine Galinda zu bekommen. Was? — Sie haben ihm gerathen — Ja wohl, Mynheer, ich, der Piet Waterhout. Wie hätte sonst der unerfahrene Junge auf solche Gedanken kommen können? Mit jedem Wort stieg des Buchhalters Erstaunen und Achtung vor diesem Entenjäger, dem er doch so viel praktische Geschäftsbeurtheilung nicht zugetraut. — Nach einer Pause sagte Baldus: Wenn die Sache so steht, dann wissen Sie auch wohl bereits von Bertold, in welcher Absicht ich dem Baas im Zorgenhof meine Visite heute machen will? Da könnten Mynheer Recht haben — ich weiß, Sie sind hier in der Absicht, den alten Baas zu zwingen, daß er einwilligen soll, ein unehrlich gebornes Kind von dem hochmögenden Mynheer van Eernswaard als Schwiegertochter anzunehmen, oder zu gewahren, daß Bertold ein Freimeister wird. Van Eernswaard? rief Baldus, was wollen Sie damit sagen? <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="6"> <pb facs="#f0101"/> <p>Nach dem, was Sie mir eben declarirten, hat das Geschäft ein ganz ander Gesicht bekommen, daß ich es fast nicht mehr wiedererkenne. Sie wissen doch, was Bertold im Schilde führt?</p><lb/> <p>Wie sollt' ich's nicht wissen? rief Piet mit verhaltenem Lachen; habe ich doch selbst dem wackern Jungen eingegeben, daß er Freimeister werden soll, um sicher seine Galinda zu bekommen.</p><lb/> <p>Was? — Sie haben ihm gerathen —</p><lb/> <p>Ja wohl, Mynheer, ich, der Piet Waterhout. Wie hätte sonst der unerfahrene Junge auf solche Gedanken kommen können?</p><lb/> <p>Mit jedem Wort stieg des Buchhalters Erstaunen und Achtung vor diesem Entenjäger, dem er doch so viel praktische Geschäftsbeurtheilung nicht zugetraut. — Nach einer Pause sagte Baldus:</p><lb/> <p>Wenn die Sache so steht, dann wissen Sie auch wohl bereits von Bertold, in welcher Absicht ich dem Baas im Zorgenhof meine Visite heute machen will?</p><lb/> <p>Da könnten Mynheer Recht haben — ich weiß, Sie sind hier in der Absicht, den alten Baas zu zwingen, daß er einwilligen soll, ein unehrlich gebornes Kind von dem hochmögenden Mynheer van Eernswaard als Schwiegertochter anzunehmen, oder zu gewahren, daß Bertold ein Freimeister wird.</p><lb/> <p>Van Eernswaard? rief Baldus, was wollen Sie damit sagen?</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0101]
Nach dem, was Sie mir eben declarirten, hat das Geschäft ein ganz ander Gesicht bekommen, daß ich es fast nicht mehr wiedererkenne. Sie wissen doch, was Bertold im Schilde führt?
Wie sollt' ich's nicht wissen? rief Piet mit verhaltenem Lachen; habe ich doch selbst dem wackern Jungen eingegeben, daß er Freimeister werden soll, um sicher seine Galinda zu bekommen.
Was? — Sie haben ihm gerathen —
Ja wohl, Mynheer, ich, der Piet Waterhout. Wie hätte sonst der unerfahrene Junge auf solche Gedanken kommen können?
Mit jedem Wort stieg des Buchhalters Erstaunen und Achtung vor diesem Entenjäger, dem er doch so viel praktische Geschäftsbeurtheilung nicht zugetraut. — Nach einer Pause sagte Baldus:
Wenn die Sache so steht, dann wissen Sie auch wohl bereits von Bertold, in welcher Absicht ich dem Baas im Zorgenhof meine Visite heute machen will?
Da könnten Mynheer Recht haben — ich weiß, Sie sind hier in der Absicht, den alten Baas zu zwingen, daß er einwilligen soll, ein unehrlich gebornes Kind von dem hochmögenden Mynheer van Eernswaard als Schwiegertochter anzunehmen, oder zu gewahren, daß Bertold ein Freimeister wird.
Van Eernswaard? rief Baldus, was wollen Sie damit sagen?
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Zitationshilfe: | Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tesche_piet_1910/101>, abgerufen am 22.07.2024. |