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Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

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nichts, sich den Vorfall erzählen ließ und darüber ein großes Geschrei erhob, da faßten sie Alle einen großen Eifer, und schworen mit Hand und Mund, wo der Bischof oder Einer seiner Gesellen in die Stadt käme, dem wollten sie straks den Kopf entzwei schlagen.

Unterdeß hatte St. Otto zwei Priester, Namens Ulrich und Albinus, weggeschicket, daß sie vor ihm her nach Wolgast gehen sollten. Die schlichen sich in die Stadt und begaben sich in das Haus des Vogts, der aber verreiset war. Als die Frau des Vogts von ihnen erfuhr, daß sie Christen wären, da erschrak sie sehr, und sagte ihnen, was die Bürger gegen sie beschlossen hätten, und bat sie wieder umzukehren. Das wollten die Priester indessen nicht, weil St. Otto bald kommen werde. Die Frau verbarg sie daher in ihrer Angst oben auf dem Söller. Nicht lange danach kamen die Bürger, welche schon erfahren hatten, daß zwei Christen in des Vogts Haus gegangen wären, und suchten sie, um sie zu erwürgen. Denen sagte aber die Frau, daß die fremden Männer wohl bei ihr gewesen, aber da sie sie nicht hätte herbergen wollen, schon längst wieder aus der Stadt gegangen seien. Also wies sie die Bürger ab, und verbarg die beiden Priester, bis nach einigen Tagen der Bischof Otto mit dem Fürsten Wartislav und großem Gefolge ankam.

St. Otto predigte nun den Wolgastern das Evangelium, weil unter dem Schutze des Fürsten die Heiden ihm nichts anhaben konnten. Doch hatte er anfangs wenigen Erfolg. Da trug es sich eines Tages zu, daß Einer aus seinem Gefolge allein ausging, um die Stadt und die Kirchen zu besehen. Wie der so spatzieren ging und die Bürger das sahen, da liefen sie zusammen und sprachen unter sich: Sehet da, da geht er und erspähet unsere Kirchen, wie sie die abbrechen und niederreißen mögen. Sollen wir

nichts, sich den Vorfall erzählen ließ und darüber ein großes Geschrei erhob, da faßten sie Alle einen großen Eifer, und schworen mit Hand und Mund, wo der Bischof oder Einer seiner Gesellen in die Stadt käme, dem wollten sie straks den Kopf entzwei schlagen.

Unterdeß hatte St. Otto zwei Priester, Namens Ulrich und Albinus, weggeschicket, daß sie vor ihm her nach Wolgast gehen sollten. Die schlichen sich in die Stadt und begaben sich in das Haus des Vogts, der aber verreiset war. Als die Frau des Vogts von ihnen erfuhr, daß sie Christen wären, da erschrak sie sehr, und sagte ihnen, was die Bürger gegen sie beschlossen hätten, und bat sie wieder umzukehren. Das wollten die Priester indessen nicht, weil St. Otto bald kommen werde. Die Frau verbarg sie daher in ihrer Angst oben auf dem Söller. Nicht lange danach kamen die Bürger, welche schon erfahren hatten, daß zwei Christen in des Vogts Haus gegangen wären, und suchten sie, um sie zu erwürgen. Denen sagte aber die Frau, daß die fremden Männer wohl bei ihr gewesen, aber da sie sie nicht hätte herbergen wollen, schon längst wieder aus der Stadt gegangen seien. Also wies sie die Bürger ab, und verbarg die beiden Priester, bis nach einigen Tagen der Bischof Otto mit dem Fürsten Wartislav und großem Gefolge ankam.

St. Otto predigte nun den Wolgastern das Evangelium, weil unter dem Schutze des Fürsten die Heiden ihm nichts anhaben konnten. Doch hatte er anfangs wenigen Erfolg. Da trug es sich eines Tages zu, daß Einer aus seinem Gefolge allein ausging, um die Stadt und die Kirchen zu besehen. Wie der so spatzieren ging und die Bürger das sahen, da liefen sie zusammen und sprachen unter sich: Sehet da, da geht er und erspähet unsere Kirchen, wie sie die abbrechen und niederreißen mögen. Sollen wir

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          <p>Unterdeß hatte St. Otto zwei Priester, Namens Ulrich und Albinus, weggeschicket, daß sie vor ihm her nach Wolgast gehen sollten. Die schlichen sich in die Stadt und begaben sich in das Haus des Vogts, der aber verreiset war. Als die Frau des Vogts von ihnen erfuhr, daß sie Christen wären, da erschrak sie sehr, und sagte ihnen, was die Bürger gegen sie beschlossen hätten, und bat sie wieder umzukehren. Das wollten die Priester indessen nicht, weil St. Otto bald kommen werde. Die Frau verbarg sie daher in ihrer Angst oben auf dem Söller. Nicht lange danach kamen die Bürger, welche schon erfahren hatten, daß zwei Christen in des Vogts Haus gegangen wären, und suchten sie, um sie zu erwürgen. Denen sagte aber die Frau, daß die fremden Männer wohl bei ihr gewesen, aber da sie sie nicht hätte herbergen wollen, schon längst wieder aus der Stadt gegangen seien. Also wies sie die Bürger ab, und verbarg die beiden Priester, bis nach einigen Tagen der Bischof Otto mit dem Fürsten Wartislav und großem Gefolge ankam.</p>
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[44/0076] nichts, sich den Vorfall erzählen ließ und darüber ein großes Geschrei erhob, da faßten sie Alle einen großen Eifer, und schworen mit Hand und Mund, wo der Bischof oder Einer seiner Gesellen in die Stadt käme, dem wollten sie straks den Kopf entzwei schlagen. Unterdeß hatte St. Otto zwei Priester, Namens Ulrich und Albinus, weggeschicket, daß sie vor ihm her nach Wolgast gehen sollten. Die schlichen sich in die Stadt und begaben sich in das Haus des Vogts, der aber verreiset war. Als die Frau des Vogts von ihnen erfuhr, daß sie Christen wären, da erschrak sie sehr, und sagte ihnen, was die Bürger gegen sie beschlossen hätten, und bat sie wieder umzukehren. Das wollten die Priester indessen nicht, weil St. Otto bald kommen werde. Die Frau verbarg sie daher in ihrer Angst oben auf dem Söller. Nicht lange danach kamen die Bürger, welche schon erfahren hatten, daß zwei Christen in des Vogts Haus gegangen wären, und suchten sie, um sie zu erwürgen. Denen sagte aber die Frau, daß die fremden Männer wohl bei ihr gewesen, aber da sie sie nicht hätte herbergen wollen, schon längst wieder aus der Stadt gegangen seien. Also wies sie die Bürger ab, und verbarg die beiden Priester, bis nach einigen Tagen der Bischof Otto mit dem Fürsten Wartislav und großem Gefolge ankam. St. Otto predigte nun den Wolgastern das Evangelium, weil unter dem Schutze des Fürsten die Heiden ihm nichts anhaben konnten. Doch hatte er anfangs wenigen Erfolg. Da trug es sich eines Tages zu, daß Einer aus seinem Gefolge allein ausging, um die Stadt und die Kirchen zu besehen. Wie der so spatzieren ging und die Bürger das sahen, da liefen sie zusammen und sprachen unter sich: Sehet da, da geht er und erspähet unsere Kirchen, wie sie die abbrechen und niederreißen mögen. Sollen wir

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Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/76>, abgerufen am 24.11.2024.