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Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

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zu haben wünscht, einen stumpfen Besen, jedoch ohne Stiel, über Bord werfen; man wird dann gewiß alsbald den gewünschten Wind haben. Ohne große Noth muß man aber von diesem Mittel keinen Gebrauch machen, denn man kann nicht wissen, wie stark der Wind wird und es kann leicht Sturm entstehen. Auch schadet man dadurch oft vielen anderen Schiffen. Daher entsteht manchmal großes Schimpfen und Streiten, wenn zwei Schiffe einander begegnen, und das eine dem anderen, welches mit gutem Winde segelt, einen solchen Besen entgegenwirft. -

Ein Brand aus der Schiffsküche soll übrigens nach der Meinung Vieler dieselben Dienste thun. -

Wenn man conträren Wind hat, so darf man am Bord ja nicht flicken oder nähen, denn sonst wird der Wind festgenähet, und kann nicht herum. Bei gutem Winde aber ist das Nähen sehr rathsam, denn dann wird er ebenfalls festgenähet, und man behält ihn. -

Durch Pfeifen wird der Wind gelockt und verstärkt. Man darf daher ja nicht an Bord pfeifen, wenn Sturm ist, denn sonst wird dieser dadurch immer stärker. Bei schwachem Winde oder bei einer Windstille aber ist es sehr gut, wenn man in einem lockenden Tone pfeift. Weil man aber doch nicht wissen kann, ob der Wind dadurch nicht gar zu stark werden möchte, muß man zwischen dem Pfeifen dem Winde einige Schmeichelworte zusprechen, z.B.: kumm old Bröderken; kumm olle Junge! etc.

Aeltere Schiffer brauchen gar nicht einmal zu pfeifen, um den Wind zu locken. Sie sind mit ihm schon bekannter, und brauchen sich nur ans Steuer zu stellen, und einige Male zu rufen: Kuhl up, oll Vader! kuhl up, kuhl up! (Kühl auf, frische auf, alter Vater!); binnen einer Viertelstunde kommt dann gewiß der gewünschte Wind. Sie dürfen aber nur halblaut und in schmeichelndem, vertraulichem

zu haben wünscht, einen stumpfen Besen, jedoch ohne Stiel, über Bord werfen; man wird dann gewiß alsbald den gewünschten Wind haben. Ohne große Noth muß man aber von diesem Mittel keinen Gebrauch machen, denn man kann nicht wissen, wie stark der Wind wird und es kann leicht Sturm entstehen. Auch schadet man dadurch oft vielen anderen Schiffen. Daher entsteht manchmal großes Schimpfen und Streiten, wenn zwei Schiffe einander begegnen, und das eine dem anderen, welches mit gutem Winde segelt, einen solchen Besen entgegenwirft. –

Ein Brand aus der Schiffsküche soll übrigens nach der Meinung Vieler dieselben Dienste thun. –

Wenn man conträren Wind hat, so darf man am Bord ja nicht flicken oder nähen, denn sonst wird der Wind festgenähet, und kann nicht herum. Bei gutem Winde aber ist das Nähen sehr rathsam, denn dann wird er ebenfalls festgenähet, und man behält ihn. –

Durch Pfeifen wird der Wind gelockt und verstärkt. Man darf daher ja nicht an Bord pfeifen, wenn Sturm ist, denn sonst wird dieser dadurch immer stärker. Bei schwachem Winde oder bei einer Windstille aber ist es sehr gut, wenn man in einem lockenden Tone pfeift. Weil man aber doch nicht wissen kann, ob der Wind dadurch nicht gar zu stark werden möchte, muß man zwischen dem Pfeifen dem Winde einige Schmeichelworte zusprechen, z.B.: kumm old Bröderken; kumm olle Junge! etc.

Aeltere Schiffer brauchen gar nicht einmal zu pfeifen, um den Wind zu locken. Sie sind mit ihm schon bekannter, und brauchen sich nur ans Steuer zu stellen, und einige Male zu rufen: Kuhl up, oll Vader! kuhl up, kuhl up! (Kühl auf, frische auf, alter Vater!); binnen einer Viertelstunde kommt dann gewiß der gewünschte Wind. Sie dürfen aber nur halblaut und in schmeichelndem, vertraulichem

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[348/0380] zu haben wünscht, einen stumpfen Besen, jedoch ohne Stiel, über Bord werfen; man wird dann gewiß alsbald den gewünschten Wind haben. Ohne große Noth muß man aber von diesem Mittel keinen Gebrauch machen, denn man kann nicht wissen, wie stark der Wind wird und es kann leicht Sturm entstehen. Auch schadet man dadurch oft vielen anderen Schiffen. Daher entsteht manchmal großes Schimpfen und Streiten, wenn zwei Schiffe einander begegnen, und das eine dem anderen, welches mit gutem Winde segelt, einen solchen Besen entgegenwirft. – Ein Brand aus der Schiffsküche soll übrigens nach der Meinung Vieler dieselben Dienste thun. – Wenn man conträren Wind hat, so darf man am Bord ja nicht flicken oder nähen, denn sonst wird der Wind festgenähet, und kann nicht herum. Bei gutem Winde aber ist das Nähen sehr rathsam, denn dann wird er ebenfalls festgenähet, und man behält ihn. – Durch Pfeifen wird der Wind gelockt und verstärkt. Man darf daher ja nicht an Bord pfeifen, wenn Sturm ist, denn sonst wird dieser dadurch immer stärker. Bei schwachem Winde oder bei einer Windstille aber ist es sehr gut, wenn man in einem lockenden Tone pfeift. Weil man aber doch nicht wissen kann, ob der Wind dadurch nicht gar zu stark werden möchte, muß man zwischen dem Pfeifen dem Winde einige Schmeichelworte zusprechen, z.B.: kumm old Bröderken; kumm olle Junge! etc. Aeltere Schiffer brauchen gar nicht einmal zu pfeifen, um den Wind zu locken. Sie sind mit ihm schon bekannter, und brauchen sich nur ans Steuer zu stellen, und einige Male zu rufen: Kuhl up, oll Vader! kuhl up, kuhl up! (Kühl auf, frische auf, alter Vater!); binnen einer Viertelstunde kommt dann gewiß der gewünschte Wind. Sie dürfen aber nur halblaut und in schmeichelndem, vertraulichem

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Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/380>, abgerufen am 22.11.2024.