Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Widerwillen gegen ihn, weil er so klein und gewiß nicht schön war, und sie konnte sich nicht dazu entschließen, ihn zu heirathen. Er steckte sich aber hinter ihren Vater, und weil er diesem viel Geld und Gut versprach, so mußte sie ihm zuletzt ihre Hand zusagen. Nun kam sie aber mit ihm überein, daß sie ihrer Zusage los seyn solle, und er wolle von ihr abstehen, wenn es ihr gelinge, seinen Namen zu erfahren. Das Mädchen kundschaftete lange Zeit vergebens. Zuletzt half ihr der Zufall. Es fuhr nämlich in einer Nacht ein Fischhändler die Straße nach Greifswald. Wie der an einer Stelle viele Zwerge lustig im Mondschein tanzen und springen sah, da hielt er verwundert an, und nun hörte er auf einmal, wie einer der Zwerge in seiner Freude laut rief: Wenn meine Braut wüßte, daß ich Doppeltürk heiße, sie nähme mich nicht! Das erzählte der Fischhändler des anderen Tages im Wirthshause zu Greifswald, und von der Wirthstochter hörte es die Braut. Diese dachte gleich, daß das ihr Liebhaber gewesen sey, und wie derselbe wieder zu ihr kam, nannte sie ihn Doppeltürk. Da verschwand der Zwerg in großem Aerger, und die Liebschaft hatte ein Ende.

Mündlich.
217. Die Uellerkens bei Boek.

Die kleinen, in der Erde wohnenden und dem Menschen freundlichen Zwerge werden in manchen Gegenden von Pommern von den Leuten Uellerkens genannt. Man findet sie an vielen Orten; fast bei jedem Berge erzählt man etwas von ihnen.

Am Glandower See bei dem Dorfe Boek liegt ein Berg, in welchem auch die Uellerkens sind. Vor noch nicht vielen Jahren wohnte am Ende des Dorfes eine alte Frau, mit der sie gute Freundschaft hielten. Sie besuchten

Widerwillen gegen ihn, weil er so klein und gewiß nicht schön war, und sie konnte sich nicht dazu entschließen, ihn zu heirathen. Er steckte sich aber hinter ihren Vater, und weil er diesem viel Geld und Gut versprach, so mußte sie ihm zuletzt ihre Hand zusagen. Nun kam sie aber mit ihm überein, daß sie ihrer Zusage los seyn solle, und er wolle von ihr abstehen, wenn es ihr gelinge, seinen Namen zu erfahren. Das Mädchen kundschaftete lange Zeit vergebens. Zuletzt half ihr der Zufall. Es fuhr nämlich in einer Nacht ein Fischhändler die Straße nach Greifswald. Wie der an einer Stelle viele Zwerge lustig im Mondschein tanzen und springen sah, da hielt er verwundert an, und nun hörte er auf einmal, wie einer der Zwerge in seiner Freude laut rief: Wenn meine Braut wüßte, daß ich Doppeltürk heiße, sie nähme mich nicht! Das erzählte der Fischhändler des anderen Tages im Wirthshause zu Greifswald, und von der Wirthstochter hörte es die Braut. Diese dachte gleich, daß das ihr Liebhaber gewesen sey, und wie derselbe wieder zu ihr kam, nannte sie ihn Doppeltürk. Da verschwand der Zwerg in großem Aerger, und die Liebschaft hatte ein Ende.

Mündlich.
217. Die Uellerkens bei Boek.

Die kleinen, in der Erde wohnenden und dem Menschen freundlichen Zwerge werden in manchen Gegenden von Pommern von den Leuten Uellerkens genannt. Man findet sie an vielen Orten; fast bei jedem Berge erzählt man etwas von ihnen.

Am Glandower See bei dem Dorfe Boek liegt ein Berg, in welchem auch die Uellerkens sind. Vor noch nicht vielen Jahren wohnte am Ende des Dorfes eine alte Frau, mit der sie gute Freundschaft hielten. Sie besuchten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0288" n="256"/>
Widerwillen gegen ihn, weil er so klein und gewiß nicht schön war, und sie konnte sich nicht dazu entschließen, ihn zu heirathen. Er steckte sich aber hinter ihren Vater, und weil er diesem viel Geld und Gut versprach, so mußte sie ihm zuletzt ihre Hand zusagen. Nun kam sie aber mit ihm überein, daß sie ihrer Zusage los seyn solle, und er wolle von ihr abstehen, wenn es ihr gelinge, seinen Namen zu erfahren. Das Mädchen kundschaftete lange Zeit vergebens. Zuletzt half ihr der Zufall. Es fuhr nämlich in einer Nacht ein Fischhändler die Straße nach Greifswald. Wie der an einer Stelle viele Zwerge lustig im Mondschein tanzen und springen sah, da hielt er verwundert an, und nun hörte er auf einmal, wie einer der Zwerge in seiner Freude laut rief: Wenn meine Braut wüßte, daß ich Doppeltürk heiße, sie nähme mich nicht! Das erzählte der Fischhändler des anderen Tages im Wirthshause zu Greifswald, und von der Wirthstochter hörte es die Braut. Diese dachte gleich, daß das ihr Liebhaber gewesen sey, und wie derselbe wieder zu ihr kam, nannte sie ihn Doppeltürk. Da verschwand der Zwerg in großem Aerger, und die Liebschaft hatte ein Ende.</p>
          <listBibl>
            <bibl>Mündlich.</bibl><lb/>
          </listBibl>
        </div>
        <div n="2">
          <head>217. Die Uellerkens bei Boek.</head><lb/>
          <p>Die kleinen, in der Erde wohnenden und dem Menschen freundlichen Zwerge werden in manchen Gegenden von Pommern von den Leuten Uellerkens genannt. Man findet sie an vielen Orten; fast bei jedem Berge erzählt man etwas von ihnen.</p>
          <p>Am Glandower See bei dem Dorfe Boek liegt ein Berg, in welchem auch die Uellerkens sind. Vor noch nicht vielen Jahren wohnte am Ende des Dorfes eine alte Frau, mit der sie gute Freundschaft hielten. Sie besuchten
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[256/0288] Widerwillen gegen ihn, weil er so klein und gewiß nicht schön war, und sie konnte sich nicht dazu entschließen, ihn zu heirathen. Er steckte sich aber hinter ihren Vater, und weil er diesem viel Geld und Gut versprach, so mußte sie ihm zuletzt ihre Hand zusagen. Nun kam sie aber mit ihm überein, daß sie ihrer Zusage los seyn solle, und er wolle von ihr abstehen, wenn es ihr gelinge, seinen Namen zu erfahren. Das Mädchen kundschaftete lange Zeit vergebens. Zuletzt half ihr der Zufall. Es fuhr nämlich in einer Nacht ein Fischhändler die Straße nach Greifswald. Wie der an einer Stelle viele Zwerge lustig im Mondschein tanzen und springen sah, da hielt er verwundert an, und nun hörte er auf einmal, wie einer der Zwerge in seiner Freude laut rief: Wenn meine Braut wüßte, daß ich Doppeltürk heiße, sie nähme mich nicht! Das erzählte der Fischhändler des anderen Tages im Wirthshause zu Greifswald, und von der Wirthstochter hörte es die Braut. Diese dachte gleich, daß das ihr Liebhaber gewesen sey, und wie derselbe wieder zu ihr kam, nannte sie ihn Doppeltürk. Da verschwand der Zwerg in großem Aerger, und die Liebschaft hatte ein Ende. Mündlich. 217. Die Uellerkens bei Boek. Die kleinen, in der Erde wohnenden und dem Menschen freundlichen Zwerge werden in manchen Gegenden von Pommern von den Leuten Uellerkens genannt. Man findet sie an vielen Orten; fast bei jedem Berge erzählt man etwas von ihnen. Am Glandower See bei dem Dorfe Boek liegt ein Berg, in welchem auch die Uellerkens sind. Vor noch nicht vielen Jahren wohnte am Ende des Dorfes eine alte Frau, mit der sie gute Freundschaft hielten. Sie besuchten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • als Grundlage dienen die Editionsrichtlinien von Wikisource.
  • Überschriebene „e“ über den Vokalen „a“, „o“ und „u“ werden als moderne Umlaute transkribiert.
  • Gesperrter Text wird kursiv
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Einzüge werden nicht übernommen
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Fußnoten der Vorlage sind fortlaufend nummeriert und folgen jeweils am Schluß des Textes.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/288
Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/288>, abgerufen am 21.11.2024.