Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Prinzessin muß seitdem im Innern desselben bei ihren Schätzen sitzen und die hüten. Alle Jahre auf den Johannistag kommt sie heraus, um zu sehen, ob der stumme Freier, das reine Sonntagskind, sie noch nicht freien und erlösen will.

Zuletzt hat man sie noch im Jahre 1822 gesehen. Am Johannistage solchen Jahres spielten einige Kinder aus dem benachbarten Dorfe am Gollenberge, als sie auf einmal von diesem herabkam, und auf die Kinder zuging. Die Kinder liefen aber schreiend davon. Da sah man sie langsam und trauernd zurückkehren.

Acten der Pomm. Gesellschaft für Geschichte.
173. Die Hühnengräber zu Züssow.

Auf dem Buggenhagenschen Gute Züssow waren vor Zeiten zwei große, uralte Hühnengräber. Im Jahre 1594 hatten einstmals die Greifswalder Steine zu einem Baue nöthig, und auf ihr Bitten hatten die Buggenhagens ihnen vergönnt, die Steine der beiden Hühnengräber zu nehmen. Als nun die Greifswalder Steinmetzen die großen Steine zerschlugen, da wurden sie neugierig, was darunter in der Erde vergraben liegen möge. Sie gruben deshalb danach und fanden unter dem einen Grabe viele menschliche Körper, die waren noch ganz erhalten und ungeheuer groß; sie maßen eilf bis sechzehn Schuhe, und lagen alle in einer Reihe, und so, daß zwischen jedem ein Krug stand, der mit Erde gefüllt war. Als sie sodann aber unter dem zweiten Grabe dasselbe versuchen wollten, da hörten sie plötzlich unter demselben in der Erde ein großes Getümmel, als wenn getanzt und dazu mit Schlüsseln gerasselt würde. Darüber erschraken sie so, daß sie vom weiteren Graben abstanden.

Micrälius, Alt. Pommerl. I. S. 130.

Prinzessin muß seitdem im Innern desselben bei ihren Schätzen sitzen und die hüten. Alle Jahre auf den Johannistag kommt sie heraus, um zu sehen, ob der stumme Freier, das reine Sonntagskind, sie noch nicht freien und erlösen will.

Zuletzt hat man sie noch im Jahre 1822 gesehen. Am Johannistage solchen Jahres spielten einige Kinder aus dem benachbarten Dorfe am Gollenberge, als sie auf einmal von diesem herabkam, und auf die Kinder zuging. Die Kinder liefen aber schreiend davon. Da sah man sie langsam und trauernd zurückkehren.

Acten der Pomm. Gesellschaft für Geschichte.
173. Die Hühnengräber zu Züssow.

Auf dem Buggenhagenschen Gute Züssow waren vor Zeiten zwei große, uralte Hühnengräber. Im Jahre 1594 hatten einstmals die Greifswalder Steine zu einem Baue nöthig, und auf ihr Bitten hatten die Buggenhagens ihnen vergönnt, die Steine der beiden Hühnengräber zu nehmen. Als nun die Greifswalder Steinmetzen die großen Steine zerschlugen, da wurden sie neugierig, was darunter in der Erde vergraben liegen möge. Sie gruben deshalb danach und fanden unter dem einen Grabe viele menschliche Körper, die waren noch ganz erhalten und ungeheuer groß; sie maßen eilf bis sechzehn Schuhe, und lagen alle in einer Reihe, und so, daß zwischen jedem ein Krug stand, der mit Erde gefüllt war. Als sie sodann aber unter dem zweiten Grabe dasselbe versuchen wollten, da hörten sie plötzlich unter demselben in der Erde ein großes Getümmel, als wenn getanzt und dazu mit Schlüsseln gerasselt würde. Darüber erschraken sie so, daß sie vom weiteren Graben abstanden.

Micrälius, Alt. Pommerl. I. S. 130.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0245" n="213"/>
Prinzessin muß seitdem im Innern desselben bei ihren Schätzen sitzen und die hüten. Alle Jahre auf den Johannistag kommt sie heraus, um zu sehen, ob der stumme Freier, das reine Sonntagskind, sie noch nicht freien und erlösen will.</p>
          <p>Zuletzt hat man sie noch im Jahre 1822 gesehen. Am Johannistage solchen Jahres spielten einige Kinder aus dem benachbarten Dorfe am Gollenberge, als sie auf einmal von diesem herabkam, und auf die Kinder zuging. Die Kinder liefen aber schreiend davon. Da sah man sie langsam und trauernd zurückkehren.</p>
          <listBibl>
            <bibl>Acten der Pomm. Gesellschaft für Geschichte.</bibl><lb/>
          </listBibl>
        </div>
        <div n="2">
          <head>173. Die Hühnengräber zu Züssow.</head><lb/>
          <p>Auf dem Buggenhagenschen Gute Züssow waren vor Zeiten zwei große, uralte Hühnengräber. Im Jahre 1594 hatten einstmals die Greifswalder Steine zu einem Baue nöthig, und auf ihr Bitten hatten die Buggenhagens ihnen vergönnt, die Steine der beiden Hühnengräber zu nehmen. Als nun die Greifswalder Steinmetzen die großen Steine zerschlugen, da wurden sie neugierig, was darunter in der Erde vergraben liegen möge. Sie gruben deshalb danach und fanden unter dem einen Grabe viele menschliche Körper, die waren noch ganz erhalten und ungeheuer groß; sie maßen eilf bis sechzehn Schuhe, und lagen alle in einer Reihe, und so, daß zwischen jedem ein Krug stand, der mit Erde gefüllt war. Als sie sodann aber unter dem zweiten Grabe dasselbe versuchen wollten, da hörten sie plötzlich unter demselben in der Erde ein großes Getümmel, als wenn getanzt und dazu mit Schlüsseln gerasselt würde. Darüber erschraken sie so, daß sie vom weiteren Graben abstanden.</p>
          <listBibl>
            <bibl>Micrälius, Alt. Pommerl. I. S. 130.</bibl><lb/>
          </listBibl>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[213/0245] Prinzessin muß seitdem im Innern desselben bei ihren Schätzen sitzen und die hüten. Alle Jahre auf den Johannistag kommt sie heraus, um zu sehen, ob der stumme Freier, das reine Sonntagskind, sie noch nicht freien und erlösen will. Zuletzt hat man sie noch im Jahre 1822 gesehen. Am Johannistage solchen Jahres spielten einige Kinder aus dem benachbarten Dorfe am Gollenberge, als sie auf einmal von diesem herabkam, und auf die Kinder zuging. Die Kinder liefen aber schreiend davon. Da sah man sie langsam und trauernd zurückkehren. Acten der Pomm. Gesellschaft für Geschichte. 173. Die Hühnengräber zu Züssow. Auf dem Buggenhagenschen Gute Züssow waren vor Zeiten zwei große, uralte Hühnengräber. Im Jahre 1594 hatten einstmals die Greifswalder Steine zu einem Baue nöthig, und auf ihr Bitten hatten die Buggenhagens ihnen vergönnt, die Steine der beiden Hühnengräber zu nehmen. Als nun die Greifswalder Steinmetzen die großen Steine zerschlugen, da wurden sie neugierig, was darunter in der Erde vergraben liegen möge. Sie gruben deshalb danach und fanden unter dem einen Grabe viele menschliche Körper, die waren noch ganz erhalten und ungeheuer groß; sie maßen eilf bis sechzehn Schuhe, und lagen alle in einer Reihe, und so, daß zwischen jedem ein Krug stand, der mit Erde gefüllt war. Als sie sodann aber unter dem zweiten Grabe dasselbe versuchen wollten, da hörten sie plötzlich unter demselben in der Erde ein großes Getümmel, als wenn getanzt und dazu mit Schlüsseln gerasselt würde. Darüber erschraken sie so, daß sie vom weiteren Graben abstanden. Micrälius, Alt. Pommerl. I. S. 130.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • als Grundlage dienen die Editionsrichtlinien von Wikisource.
  • Überschriebene „e“ über den Vokalen „a“, „o“ und „u“ werden als moderne Umlaute transkribiert.
  • Gesperrter Text wird kursiv
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Einzüge werden nicht übernommen
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Fußnoten der Vorlage sind fortlaufend nummeriert und folgen jeweils am Schluß des Textes.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/245
Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/245>, abgerufen am 27.12.2024.