Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.führt. Die Abgabe und der Name sind auf folgende Weise entstanden: In dem Dorfe Altschlawe hart an der Wipper lag vor vielen hundert Jahren eine Burg, in welcher ein Graf als boshafter Raubritter sein Unwesen trieb. Insbesondere raubte er auch jährlich aus der Stadt Schlawe eine gewisse Anzahl Jungfrauen, die er in seiner Burg einsperrte; und dabei war er so boshaft, daß er, wenn er in einem Jahre die Zahl nicht voll hatte, allen den anderen die Köpfe abschlagen ließ. Die Bürger von Schlawe hatten solche Ungebühr lange Zeit ertragen, weil sie gegen den gefährlichen Ritter nicht aufkommen konnten. Zuletzt aber wurde es ihnen zu arg, und sie versammelten sich nun, um zu berathen, wie sie der Noth und des Elendes los werden könnten. Sie konnten indeß kein Mittel ausfindig machen, und mußten ohne Rath wieder aus einander gehen. Nun hatte aber der Bürgermeister von Schlawe eine Tochter, die eine eben so schöne als kluge und brave Jungfrau war. Als die erfuhr, warum es sich handelte, hatte sie schnell einen Plan erdacht, wie man des wilden Grafen ohne große Gefahr habhaft werden könne. In der Nähe von Altenschlawe nach der Burg hin lag nämlich ein Nußwäldchen; dahin wollte die Jungfrau ganz allein gehen, als wenn sie Nüsse suchen wolle. Der Ritter würde sie dann sehen, und geschwind herbeieilen, um sie zu fangen. Nun sollten die Männer von Schlawe sich in dem Gebüsch versteckt halten, und über ihn herfallen und ihn fangen. Der Bürgermeister hatte seine Tochter sehr lieb, und wollte daher in ihren Plan nicht willigen, weil er ihm zu gefährlich für sie zu seyn schien. Er mußte indeß endlich nachgeben. Es ging darauf auch Alles so, wie die kluge Jungfrau es sich gedacht hatte. Der Ritter war nur mit geringer Mannschaft aus der Burg gekommen, um sie zu führt. Die Abgabe und der Name sind auf folgende Weise entstanden: In dem Dorfe Altschlawe hart an der Wipper lag vor vielen hundert Jahren eine Burg, in welcher ein Graf als boshafter Raubritter sein Unwesen trieb. Insbesondere raubte er auch jährlich aus der Stadt Schlawe eine gewisse Anzahl Jungfrauen, die er in seiner Burg einsperrte; und dabei war er so boshaft, daß er, wenn er in einem Jahre die Zahl nicht voll hatte, allen den anderen die Köpfe abschlagen ließ. Die Bürger von Schlawe hatten solche Ungebühr lange Zeit ertragen, weil sie gegen den gefährlichen Ritter nicht aufkommen konnten. Zuletzt aber wurde es ihnen zu arg, und sie versammelten sich nun, um zu berathen, wie sie der Noth und des Elendes los werden könnten. Sie konnten indeß kein Mittel ausfindig machen, und mußten ohne Rath wieder aus einander gehen. Nun hatte aber der Bürgermeister von Schlawe eine Tochter, die eine eben so schöne als kluge und brave Jungfrau war. Als die erfuhr, warum es sich handelte, hatte sie schnell einen Plan erdacht, wie man des wilden Grafen ohne große Gefahr habhaft werden könne. In der Nähe von Altenschlawe nach der Burg hin lag nämlich ein Nußwäldchen; dahin wollte die Jungfrau ganz allein gehen, als wenn sie Nüsse suchen wolle. Der Ritter würde sie dann sehen, und geschwind herbeieilen, um sie zu fangen. Nun sollten die Männer von Schlawe sich in dem Gebüsch versteckt halten, und über ihn herfallen und ihn fangen. Der Bürgermeister hatte seine Tochter sehr lieb, und wollte daher in ihren Plan nicht willigen, weil er ihm zu gefährlich für sie zu seyn schien. Er mußte indeß endlich nachgeben. Es ging darauf auch Alles so, wie die kluge Jungfrau es sich gedacht hatte. Der Ritter war nur mit geringer Mannschaft aus der Burg gekommen, um sie zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0209" n="177"/> führt. Die Abgabe und der Name sind auf folgende Weise entstanden: In dem Dorfe Altschlawe hart an der Wipper lag vor vielen hundert Jahren eine Burg, in welcher ein Graf als boshafter Raubritter sein Unwesen trieb. Insbesondere raubte er auch jährlich aus der Stadt Schlawe eine gewisse Anzahl Jungfrauen, die er in seiner Burg einsperrte; und dabei war er so boshaft, daß er, wenn er in einem Jahre die Zahl nicht voll hatte, allen den anderen die Köpfe abschlagen ließ. Die Bürger von Schlawe hatten solche Ungebühr lange Zeit ertragen, weil sie gegen den gefährlichen Ritter nicht aufkommen konnten. Zuletzt aber wurde es ihnen zu arg, und sie versammelten sich nun, um zu berathen, wie sie der Noth und des Elendes los werden könnten. Sie konnten indeß kein Mittel ausfindig machen, und mußten ohne Rath wieder aus einander gehen. Nun hatte aber der Bürgermeister von Schlawe eine Tochter, die eine eben so schöne als kluge und brave Jungfrau war. Als die erfuhr, warum es sich handelte, hatte sie schnell einen Plan erdacht, wie man des wilden Grafen ohne große Gefahr habhaft werden könne. In der Nähe von Altenschlawe nach der Burg hin lag nämlich ein Nußwäldchen; dahin wollte die Jungfrau ganz allein gehen, als wenn sie Nüsse suchen wolle. Der Ritter würde sie dann sehen, und geschwind herbeieilen, um sie zu fangen. Nun sollten die Männer von Schlawe sich in dem Gebüsch versteckt halten, und über ihn herfallen und ihn fangen.</p> <p>Der Bürgermeister hatte seine Tochter sehr lieb, und wollte daher in ihren Plan nicht willigen, weil er ihm zu gefährlich für sie zu seyn schien. Er mußte indeß endlich nachgeben. Es ging darauf auch Alles so, wie die kluge Jungfrau es sich gedacht hatte. Der Ritter war nur mit geringer Mannschaft aus der Burg gekommen, um sie zu </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [177/0209]
führt. Die Abgabe und der Name sind auf folgende Weise entstanden: In dem Dorfe Altschlawe hart an der Wipper lag vor vielen hundert Jahren eine Burg, in welcher ein Graf als boshafter Raubritter sein Unwesen trieb. Insbesondere raubte er auch jährlich aus der Stadt Schlawe eine gewisse Anzahl Jungfrauen, die er in seiner Burg einsperrte; und dabei war er so boshaft, daß er, wenn er in einem Jahre die Zahl nicht voll hatte, allen den anderen die Köpfe abschlagen ließ. Die Bürger von Schlawe hatten solche Ungebühr lange Zeit ertragen, weil sie gegen den gefährlichen Ritter nicht aufkommen konnten. Zuletzt aber wurde es ihnen zu arg, und sie versammelten sich nun, um zu berathen, wie sie der Noth und des Elendes los werden könnten. Sie konnten indeß kein Mittel ausfindig machen, und mußten ohne Rath wieder aus einander gehen. Nun hatte aber der Bürgermeister von Schlawe eine Tochter, die eine eben so schöne als kluge und brave Jungfrau war. Als die erfuhr, warum es sich handelte, hatte sie schnell einen Plan erdacht, wie man des wilden Grafen ohne große Gefahr habhaft werden könne. In der Nähe von Altenschlawe nach der Burg hin lag nämlich ein Nußwäldchen; dahin wollte die Jungfrau ganz allein gehen, als wenn sie Nüsse suchen wolle. Der Ritter würde sie dann sehen, und geschwind herbeieilen, um sie zu fangen. Nun sollten die Männer von Schlawe sich in dem Gebüsch versteckt halten, und über ihn herfallen und ihn fangen.
Der Bürgermeister hatte seine Tochter sehr lieb, und wollte daher in ihren Plan nicht willigen, weil er ihm zu gefährlich für sie zu seyn schien. Er mußte indeß endlich nachgeben. Es ging darauf auch Alles so, wie die kluge Jungfrau es sich gedacht hatte. Der Ritter war nur mit geringer Mannschaft aus der Burg gekommen, um sie zu
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