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Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

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daselbst ein Knochenhauer, der etliche kleine Kinder hatte. Darunter waren zwei Knaben, der eine drei, der andere vier Jahre alt. Diese hatten oft gesehen, wie ihr Vater das Vieh schlachtete, und spielten daher wohl zusammen, daß der älteste zu dem jüngsten sagte: er solle sich hinsetzen, so wolle er den Ochsen schlachten; welches das Kind dann gethan, und hat es der älteste mit der Faust umgestoßen. Also hatten sie ihr Spiel gehabt. Da hat sich's aber einmal zugetragen, daß Niemand zur Hand, und die Kinder allein gewesen; und wie sie so spielten, hat der älteste zu dem jüngeren gesagt: ei, das puffet nicht! Und ungefähr liegt nicht weit davon ein Beil. Das holet er sich und sagt: Brüderchen, das soll puffen! und schlägt das Kind mit dem Beil vor den Kopf, daß es von Stund' an todt bleibt. Den Eltern war das ein großes Herzeleid. Sie wurden aber noch bekümmerter, als der Rath das Kind wiederum hat wollen tödten lassen, weil es Menschenblut vergossen. Sie baten und fleheten bei dem Rath, und stellten vor, es sey ihnen Jammer genug, daß sie das eine Kind verloren hätten, sollten sie nun auch noch das andere verlieren, das könne ihr Herz nicht aushalten.

Darüber gerieth denn der Rath in große Sorge, weil er doch auch der Gerechtigkeit wollte ihren Lauf lassen. Zuletzt aber beschloß er zu versuchen, ob denn das Kind wohl die Gefahr verstände, die es an dem Bruder geübt. Derohalben scherzten sie mit ihm, und sagten, es solle sich setzen, man wolle ihm den Ochsen schlachten, wie es seinem Brüderchen gethan. Da verstand das Kind kein Böses, und setzte sich hin; darum ließen sie es am Leben.

Kantzow, Pomerania, II. S. 74. 75.

daselbst ein Knochenhauer, der etliche kleine Kinder hatte. Darunter waren zwei Knaben, der eine drei, der andere vier Jahre alt. Diese hatten oft gesehen, wie ihr Vater das Vieh schlachtete, und spielten daher wohl zusammen, daß der älteste zu dem jüngsten sagte: er solle sich hinsetzen, so wolle er den Ochsen schlachten; welches das Kind dann gethan, und hat es der älteste mit der Faust umgestoßen. Also hatten sie ihr Spiel gehabt. Da hat sich’s aber einmal zugetragen, daß Niemand zur Hand, und die Kinder allein gewesen; und wie sie so spielten, hat der älteste zu dem jüngeren gesagt: ei, das puffet nicht! Und ungefähr liegt nicht weit davon ein Beil. Das holet er sich und sagt: Brüderchen, das soll puffen! und schlägt das Kind mit dem Beil vor den Kopf, daß es von Stund’ an todt bleibt. Den Eltern war das ein großes Herzeleid. Sie wurden aber noch bekümmerter, als der Rath das Kind wiederum hat wollen tödten lassen, weil es Menschenblut vergossen. Sie baten und fleheten bei dem Rath, und stellten vor, es sey ihnen Jammer genug, daß sie das eine Kind verloren hätten, sollten sie nun auch noch das andere verlieren, das könne ihr Herz nicht aushalten.

Darüber gerieth denn der Rath in große Sorge, weil er doch auch der Gerechtigkeit wollte ihren Lauf lassen. Zuletzt aber beschloß er zu versuchen, ob denn das Kind wohl die Gefahr verstände, die es an dem Bruder geübt. Derohalben scherzten sie mit ihm, und sagten, es solle sich setzen, man wolle ihm den Ochsen schlachten, wie es seinem Brüderchen gethan. Da verstand das Kind kein Böses, und setzte sich hin; darum ließen sie es am Leben.

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daselbst ein Knochenhauer, der etliche kleine Kinder hatte. Darunter waren zwei Knaben, der eine drei, der andere vier Jahre alt. Diese hatten oft gesehen, wie ihr Vater das Vieh schlachtete, und spielten daher wohl zusammen, daß der älteste zu dem jüngsten sagte: er solle sich hinsetzen, so wolle er den Ochsen schlachten; welches das Kind dann gethan, und hat es der älteste mit der Faust umgestoßen. Also hatten sie ihr Spiel gehabt. Da hat sich&#x2019;s aber einmal zugetragen, daß Niemand zur Hand, und die Kinder allein gewesen; und wie sie so spielten, hat der älteste zu dem jüngeren gesagt: ei, das puffet nicht! Und ungefähr liegt nicht weit davon ein Beil. Das holet er sich und sagt: Brüderchen, das soll puffen! und schlägt das Kind mit dem Beil vor den Kopf, daß es von Stund&#x2019; an todt bleibt. Den Eltern war das ein großes Herzeleid. Sie wurden aber noch bekümmerter, als der Rath das Kind wiederum hat wollen tödten lassen, weil es Menschenblut vergossen. Sie baten und fleheten bei dem Rath, und stellten vor, es sey ihnen Jammer genug, daß sie das eine Kind verloren hätten, sollten sie nun auch noch das andere verlieren, das könne ihr Herz nicht aushalten.</p>
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[158/0190] daselbst ein Knochenhauer, der etliche kleine Kinder hatte. Darunter waren zwei Knaben, der eine drei, der andere vier Jahre alt. Diese hatten oft gesehen, wie ihr Vater das Vieh schlachtete, und spielten daher wohl zusammen, daß der älteste zu dem jüngsten sagte: er solle sich hinsetzen, so wolle er den Ochsen schlachten; welches das Kind dann gethan, und hat es der älteste mit der Faust umgestoßen. Also hatten sie ihr Spiel gehabt. Da hat sich’s aber einmal zugetragen, daß Niemand zur Hand, und die Kinder allein gewesen; und wie sie so spielten, hat der älteste zu dem jüngeren gesagt: ei, das puffet nicht! Und ungefähr liegt nicht weit davon ein Beil. Das holet er sich und sagt: Brüderchen, das soll puffen! und schlägt das Kind mit dem Beil vor den Kopf, daß es von Stund’ an todt bleibt. Den Eltern war das ein großes Herzeleid. Sie wurden aber noch bekümmerter, als der Rath das Kind wiederum hat wollen tödten lassen, weil es Menschenblut vergossen. Sie baten und fleheten bei dem Rath, und stellten vor, es sey ihnen Jammer genug, daß sie das eine Kind verloren hätten, sollten sie nun auch noch das andere verlieren, das könne ihr Herz nicht aushalten. Darüber gerieth denn der Rath in große Sorge, weil er doch auch der Gerechtigkeit wollte ihren Lauf lassen. Zuletzt aber beschloß er zu versuchen, ob denn das Kind wohl die Gefahr verstände, die es an dem Bruder geübt. Derohalben scherzten sie mit ihm, und sagten, es solle sich setzen, man wolle ihm den Ochsen schlachten, wie es seinem Brüderchen gethan. Da verstand das Kind kein Böses, und setzte sich hin; darum ließen sie es am Leben. Kantzow, Pomerania, II. S. 74. 75.

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Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/190>, abgerufen am 26.11.2024.