Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Wegen seiner Trunkenheit hat man ihm zwar das Leben gelassen, aber seine Familie muß von der Zeit an jenes Wappen führen.

Mündlich.
63. Die Kirche zu Gingst.

In dem Dorfe Gingst auf Rügen war bis vor etwa hundert Jahren eine uralte schöne Kirche, die von starkem Gemäuer aufgeführt war, große Schwibbogen und eine sehr hohe Thurmspitze hatte. Sie ist seitdem von einem heftigen Sturm und Donnerwetter zum größten Theil in einen Schutthaufen verwandelt worden. Diese Kirche ist schon zu Zeiten des Rügischen Fürsten Jaromar I. erbauet. Sie sollte damals an einer anderen Stelle aufgerichtet werden, nämlich auf dem Berge hinter dem Dorfe Volgewitz, gerade gegen die Insel Ummanz über, in Betrachtung, daß man dieses Ländlein dem Kirchspiel füglich könne mit einverleiben. Zu dem Ende hatte auch der Abt zu Pudgla, als der Stifter der Kirche, das Bildniß des heiligen Jacobus, dem zu Ehren sie sollte eingerichtet werden, auf jenem Berge schon aufrichten lassen. Allein am anderen Morgen fand man das Bild dort nicht mehr, sondern es hatte sich von selbst nach Gingst auf den Weg gemacht, und dort stand es an derselben Stelle, wo sich jetzt die Kirche befindet. Es wurde zwar nach dem Berge zurückgebracht; als es aber noch zu dreien Malen von selbst sich wieder nach Gingst begeben hatte, da erkannte man den Willen des Himmels, daß hier die Kirche stehen solle. Um solchen Wunderwerkes willen wurde nun die Kirche zu Gingst erbauet.

Altes und Neues Rügen, S. 236.

Wegen seiner Trunkenheit hat man ihm zwar das Leben gelassen, aber seine Familie muß von der Zeit an jenes Wappen führen.

Mündlich.
63. Die Kirche zu Gingst.

In dem Dorfe Gingst auf Rügen war bis vor etwa hundert Jahren eine uralte schöne Kirche, die von starkem Gemäuer aufgeführt war, große Schwibbogen und eine sehr hohe Thurmspitze hatte. Sie ist seitdem von einem heftigen Sturm und Donnerwetter zum größten Theil in einen Schutthaufen verwandelt worden. Diese Kirche ist schon zu Zeiten des Rügischen Fürsten Jaromar I. erbauet. Sie sollte damals an einer anderen Stelle aufgerichtet werden, nämlich auf dem Berge hinter dem Dorfe Volgewitz, gerade gegen die Insel Ummanz über, in Betrachtung, daß man dieses Ländlein dem Kirchspiel füglich könne mit einverleiben. Zu dem Ende hatte auch der Abt zu Pudgla, als der Stifter der Kirche, das Bildniß des heiligen Jacobus, dem zu Ehren sie sollte eingerichtet werden, auf jenem Berge schon aufrichten lassen. Allein am anderen Morgen fand man das Bild dort nicht mehr, sondern es hatte sich von selbst nach Gingst auf den Weg gemacht, und dort stand es an derselben Stelle, wo sich jetzt die Kirche befindet. Es wurde zwar nach dem Berge zurückgebracht; als es aber noch zu dreien Malen von selbst sich wieder nach Gingst begeben hatte, da erkannte man den Willen des Himmels, daß hier die Kirche stehen solle. Um solchen Wunderwerkes willen wurde nun die Kirche zu Gingst erbauet.

Altes und Neues Rügen, S. 236.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0133" n="101"/>
          <p> Wegen seiner Trunkenheit hat man ihm zwar das Leben gelassen, aber seine Familie muß von der Zeit an jenes Wappen führen.</p>
          <listBibl>
            <bibl>Mündlich.</bibl><lb/>
          </listBibl>
        </div>
        <div n="2">
          <head>63. Die Kirche zu Gingst.</head><lb/>
          <p>In dem Dorfe Gingst auf Rügen war bis vor etwa hundert Jahren eine uralte schöne Kirche, die von starkem Gemäuer aufgeführt war, große Schwibbogen und eine sehr hohe Thurmspitze hatte. Sie ist seitdem von einem heftigen Sturm und Donnerwetter zum größten Theil in einen Schutthaufen verwandelt worden. Diese Kirche ist schon zu Zeiten des Rügischen Fürsten Jaromar I. erbauet. Sie sollte damals an einer anderen Stelle aufgerichtet werden, nämlich auf dem Berge hinter dem Dorfe Volgewitz, gerade gegen die Insel Ummanz über, in Betrachtung, daß man dieses Ländlein dem Kirchspiel füglich könne mit einverleiben. Zu dem Ende hatte auch der Abt zu Pudgla, als der Stifter der Kirche, das Bildniß des heiligen Jacobus, dem zu Ehren sie sollte eingerichtet werden, auf jenem Berge schon aufrichten lassen. Allein am anderen Morgen fand man das Bild dort nicht mehr, sondern es hatte sich von selbst nach Gingst auf den Weg gemacht, und dort stand es an derselben Stelle, wo sich jetzt die Kirche befindet. Es wurde zwar nach dem Berge zurückgebracht; als es aber noch zu dreien Malen von selbst sich wieder nach Gingst begeben hatte, da erkannte man den Willen des Himmels, daß hier die Kirche stehen solle. Um solchen Wunderwerkes willen wurde nun die Kirche zu Gingst erbauet.</p>
          <listBibl>
            <bibl>Altes und Neues Rügen, S. 236.</bibl><lb/>
          </listBibl>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[101/0133] Wegen seiner Trunkenheit hat man ihm zwar das Leben gelassen, aber seine Familie muß von der Zeit an jenes Wappen führen. Mündlich. 63. Die Kirche zu Gingst. In dem Dorfe Gingst auf Rügen war bis vor etwa hundert Jahren eine uralte schöne Kirche, die von starkem Gemäuer aufgeführt war, große Schwibbogen und eine sehr hohe Thurmspitze hatte. Sie ist seitdem von einem heftigen Sturm und Donnerwetter zum größten Theil in einen Schutthaufen verwandelt worden. Diese Kirche ist schon zu Zeiten des Rügischen Fürsten Jaromar I. erbauet. Sie sollte damals an einer anderen Stelle aufgerichtet werden, nämlich auf dem Berge hinter dem Dorfe Volgewitz, gerade gegen die Insel Ummanz über, in Betrachtung, daß man dieses Ländlein dem Kirchspiel füglich könne mit einverleiben. Zu dem Ende hatte auch der Abt zu Pudgla, als der Stifter der Kirche, das Bildniß des heiligen Jacobus, dem zu Ehren sie sollte eingerichtet werden, auf jenem Berge schon aufrichten lassen. Allein am anderen Morgen fand man das Bild dort nicht mehr, sondern es hatte sich von selbst nach Gingst auf den Weg gemacht, und dort stand es an derselben Stelle, wo sich jetzt die Kirche befindet. Es wurde zwar nach dem Berge zurückgebracht; als es aber noch zu dreien Malen von selbst sich wieder nach Gingst begeben hatte, da erkannte man den Willen des Himmels, daß hier die Kirche stehen solle. Um solchen Wunderwerkes willen wurde nun die Kirche zu Gingst erbauet. Altes und Neues Rügen, S. 236.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • als Grundlage dienen die Editionsrichtlinien von Wikisource.
  • Überschriebene „e“ über den Vokalen „a“, „o“ und „u“ werden als moderne Umlaute transkribiert.
  • Gesperrter Text wird kursiv
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Einzüge werden nicht übernommen
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Fußnoten der Vorlage sind fortlaufend nummeriert und folgen jeweils am Schluß des Textes.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/133
Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/133>, abgerufen am 22.12.2024.