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Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

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Lange genannt, seiner Art nach verständig und ziemlichen Vermögens. Derselbe kam oft nach Rügenwalde in die Stadt, und wie er die jungen Herzöge so zerlumpt und oft hungrig sah, erbarmte es ihn, und er bekam insbesondere eine Lust zu dem Herzoge Bogislav, als dem schönsten und freudigsten. Er sagte deshalb einst auf sein Pommersch zu ihm: Herzog Bogislav, wie gehst du so daher, als wenn du nirgends zu Hause gehörtest! Willst du denn gar nicht wissen, daß du ein Fürst bist? Will dir deine Mutter nichts geben, weil du solche schlechte Kleider und Schuhe hast? Dem antwortete Herzog Bogislav stolz: Was ihm daran liege? wenn er, der Herzog nichts habe, so werde er, der Bauer, ihm nichts geben! Da sagte aber der Bauer: Ja, Bogislav, mir liegt daran. Du solltest mein Herr sein; wenn du dann Keinen mehr hättest, denn wollte ich dir des Jahrs wohl Kleider geben. Laß dir das nicht so spöttisch sein, daß ein Bauer mit dir redet; vielleicht kann ich dir etwas sagen, was dein Schade nicht sein wird. Fragte Herzog Bogislav, was er denn sagen könnte? und antwortete der Bauer: wie, wenn ich dein Bauer wäre, und gäbe dir alle Jahre meine Zinsen, daß du dir dafür Kleider kaufen könntest, würde dir das nicht gefallen? Da sagte Herzog Bogislav! Ja, aber wie könnte das geschehen? Und sagte der Bauer: Gehe hin zu deiner Frau Mutter, und bitte sie, daß sie dir Hans Lange zu Lantzke zu deinem Bauern übergibt, daß er dir seine Pacht und Zinsen gebe, damit du dir Nothdurft davon kaufen mögest. Das gefiel dem Herzog Bogislav zwar wohl, aber er getraute sich nicht, von seiner Mutter es zu erhalten. Der Bauer rieth ihm jedoch: er solle nur Hans Massow, den Hofmeister, darum bitten, der könne es ihm wohl verschaffen. Das that der Herzog, und Hans Massow verschaffte ihm von der Herzogin Hans Langen für seinen Bauer.

Lange genannt, seiner Art nach verständig und ziemlichen Vermögens. Derselbe kam oft nach Rügenwalde in die Stadt, und wie er die jungen Herzöge so zerlumpt und oft hungrig sah, erbarmte es ihn, und er bekam insbesondere eine Lust zu dem Herzoge Bogislav, als dem schönsten und freudigsten. Er sagte deshalb einst auf sein Pommersch zu ihm: Herzog Bogislav, wie gehst du so daher, als wenn du nirgends zu Hause gehörtest! Willst du denn gar nicht wissen, daß du ein Fürst bist? Will dir deine Mutter nichts geben, weil du solche schlechte Kleider und Schuhe hast? Dem antwortete Herzog Bogislav stolz: Was ihm daran liege? wenn er, der Herzog nichts habe, so werde er, der Bauer, ihm nichts geben! Da sagte aber der Bauer: Ja, Bogislav, mir liegt daran. Du solltest mein Herr sein; wenn du dann Keinen mehr hättest, denn wollte ich dir des Jahrs wohl Kleider geben. Laß dir das nicht so spöttisch sein, daß ein Bauer mit dir redet; vielleicht kann ich dir etwas sagen, was dein Schade nicht sein wird. Fragte Herzog Bogislav, was er denn sagen könnte? und antwortete der Bauer: wie, wenn ich dein Bauer wäre, und gäbe dir alle Jahre meine Zinsen, daß du dir dafür Kleider kaufen könntest, würde dir das nicht gefallen? Da sagte Herzog Bogislav! Ja, aber wie könnte das geschehen? Und sagte der Bauer: Gehe hin zu deiner Frau Mutter, und bitte sie, daß sie dir Hans Lange zu Lantzke zu deinem Bauern übergibt, daß er dir seine Pacht und Zinsen gebe, damit du dir Nothdurft davon kaufen mögest. Das gefiel dem Herzog Bogislav zwar wohl, aber er getraute sich nicht, von seiner Mutter es zu erhalten. Der Bauer rieth ihm jedoch: er solle nur Hans Massow, den Hofmeister, darum bitten, der könne es ihm wohl verschaffen. Das that der Herzog, und Hans Massow verschaffte ihm von der Herzogin Hans Langen für seinen Bauer.

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Lange genannt, seiner Art nach verständig und ziemlichen Vermögens. Derselbe kam oft nach Rügenwalde in die Stadt, und wie er die jungen Herzöge so zerlumpt und oft hungrig sah, erbarmte es ihn, und er bekam insbesondere eine Lust zu dem Herzoge Bogislav, als dem schönsten und freudigsten. Er sagte deshalb einst auf sein Pommersch zu ihm: Herzog Bogislav, wie gehst du so daher, als wenn du nirgends zu Hause gehörtest! Willst du denn gar nicht wissen, daß du ein Fürst bist? Will dir deine Mutter nichts geben, weil du solche schlechte Kleider und Schuhe hast? Dem antwortete Herzog Bogislav stolz: Was ihm daran liege? wenn er, der Herzog nichts habe, so werde er, der Bauer, ihm nichts geben! Da sagte aber der Bauer: Ja, Bogislav, mir liegt daran. Du solltest mein Herr sein; wenn du dann Keinen mehr hättest, denn wollte ich dir des Jahrs wohl Kleider geben. Laß dir das nicht so spöttisch sein, daß ein Bauer mit dir redet; vielleicht kann ich dir etwas sagen, was dein Schade nicht sein wird. Fragte Herzog Bogislav, was er denn sagen könnte? und antwortete der Bauer: wie, wenn ich dein Bauer wäre, und gäbe dir alle Jahre meine Zinsen, daß du dir dafür Kleider kaufen könntest, würde dir das nicht gefallen? Da sagte Herzog Bogislav! Ja, aber wie könnte das geschehen? Und sagte der Bauer: Gehe hin zu deiner Frau Mutter, und bitte sie, daß sie dir Hans Lange zu Lantzke zu deinem Bauern übergibt, daß er dir seine Pacht und Zinsen gebe, damit du dir Nothdurft davon kaufen mögest. Das gefiel dem Herzog Bogislav zwar wohl, aber er getraute sich nicht, von seiner Mutter es zu erhalten. Der Bauer rieth ihm jedoch: er solle nur Hans Massow, den Hofmeister, darum bitten, der könne es ihm wohl verschaffen. Das that der Herzog, und Hans Massow verschaffte ihm von der Herzogin Hans Langen für seinen Bauer.</p>
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[77/0109] Lange genannt, seiner Art nach verständig und ziemlichen Vermögens. Derselbe kam oft nach Rügenwalde in die Stadt, und wie er die jungen Herzöge so zerlumpt und oft hungrig sah, erbarmte es ihn, und er bekam insbesondere eine Lust zu dem Herzoge Bogislav, als dem schönsten und freudigsten. Er sagte deshalb einst auf sein Pommersch zu ihm: Herzog Bogislav, wie gehst du so daher, als wenn du nirgends zu Hause gehörtest! Willst du denn gar nicht wissen, daß du ein Fürst bist? Will dir deine Mutter nichts geben, weil du solche schlechte Kleider und Schuhe hast? Dem antwortete Herzog Bogislav stolz: Was ihm daran liege? wenn er, der Herzog nichts habe, so werde er, der Bauer, ihm nichts geben! Da sagte aber der Bauer: Ja, Bogislav, mir liegt daran. Du solltest mein Herr sein; wenn du dann Keinen mehr hättest, denn wollte ich dir des Jahrs wohl Kleider geben. Laß dir das nicht so spöttisch sein, daß ein Bauer mit dir redet; vielleicht kann ich dir etwas sagen, was dein Schade nicht sein wird. Fragte Herzog Bogislav, was er denn sagen könnte? und antwortete der Bauer: wie, wenn ich dein Bauer wäre, und gäbe dir alle Jahre meine Zinsen, daß du dir dafür Kleider kaufen könntest, würde dir das nicht gefallen? Da sagte Herzog Bogislav! Ja, aber wie könnte das geschehen? Und sagte der Bauer: Gehe hin zu deiner Frau Mutter, und bitte sie, daß sie dir Hans Lange zu Lantzke zu deinem Bauern übergibt, daß er dir seine Pacht und Zinsen gebe, damit du dir Nothdurft davon kaufen mögest. Das gefiel dem Herzog Bogislav zwar wohl, aber er getraute sich nicht, von seiner Mutter es zu erhalten. Der Bauer rieth ihm jedoch: er solle nur Hans Massow, den Hofmeister, darum bitten, der könne es ihm wohl verschaffen. Das that der Herzog, und Hans Massow verschaffte ihm von der Herzogin Hans Langen für seinen Bauer.

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Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/109>, abgerufen am 24.11.2024.