Szentiványi, Márton: Fünffzig Motiva, Oder Bewegende Ursachen/ Und Betrachtungen. 2. Aufl. [s. l.], 1755.39. Betrachrung. Es geschicht gar offt, daß eine Strittigkeit zwischen den Catholischen und Uncatholischen entstehet über einen Text der H. Schrifft; und ist die Frag nicht, ob das Buch, woraus der Text genommen, Canonisch und gültig seye; oder ob die Dollmetschung gut und recht seye: sondern die Frag ist, welcher der rechte Sinn solches Texts, und welche die wahre Auslegung desselben seye. Die Römisch-Catholische legen ihn aus nach Meynung der ersten Kirchen und der HH. Vättern: die Uncatholische aber bringen neue Auslegungen herbey, die nicht allein der Lehr der ersten Kirchen und der heiligen Vättern zuwider seynd, sondern die auch unter sich einander widerstreben, nach eines jeden seinem eigenen Sinn und Hirn. In dergleichen Fällen habe offt gezweiffelt, welcher Auslegung ich solte beyfallen? da ich aber die Sach recht betracht, so hat mir die Vernunfft klärlich eingeben, daß ich solte vielmehr der Römisch-Catholischen Auslegung folgen, weilen sie der Auslegung der allgemeinen und ältesten 39. Betrachrung. Es geschicht gar offt, daß eine Strittigkeit zwischen den Catholischen und Uncatholischen entstehet über einen Text der H. Schrifft; und ist die Frag nicht, ob das Buch, woraus der Text genommen, Canonisch und gültig seye; oder ob die Dollmetschung gut und recht seye: sondern die Frag ist, welcher der rechte Sinn solches Texts, und welche die wahre Auslegung desselben seye. Die Römisch-Catholische legen ihn aus nach Meynung der ersten Kirchen und der HH. Vättern: die Uncatholische aber bringen neue Auslegungen herbey, die nicht allein der Lehr der ersten Kirchen und der heiligen Vättern zuwider seynd, sondern die auch unter sich einander widerstreben, nach eines jeden seinem eigenen Sinn und Hirn. In dergleichen Fällen habe offt gezweiffelt, welcher Auslegung ich solte beyfallen? da ich aber die Sach recht betracht, so hat mir die Vernunfft klärlich eingeben, daß ich solte vielmehr der Römisch-Catholischen Auslegung folgen, weilen sie der Auslegung der allgemeinen und ältesten <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0085" n="81"/> </div> <div> <head>39. Betrachrung.<lb/></head> <p>Es geschicht gar offt, daß eine Strittigkeit zwischen den Catholischen und Uncatholischen entstehet über einen Text der H. Schrifft; und ist die Frag nicht, ob das Buch, woraus der Text genommen, Canonisch und gültig seye; oder ob die Dollmetschung gut und recht seye: sondern die Frag ist, welcher der rechte Sinn solches Texts, und welche die wahre Auslegung desselben seye. Die Römisch-Catholische legen ihn aus nach Meynung der ersten Kirchen und der HH. Vättern: die Uncatholische aber bringen neue Auslegungen herbey, die nicht allein der Lehr der ersten Kirchen und der heiligen Vättern zuwider seynd, sondern die auch unter sich einander widerstreben, nach eines jeden seinem eigenen Sinn und Hirn. In dergleichen Fällen habe offt gezweiffelt, welcher Auslegung ich solte beyfallen? da ich aber die Sach recht betracht, so hat mir die Vernunfft klärlich eingeben, daß ich solte vielmehr der Römisch-Catholischen Auslegung folgen, weilen sie der Auslegung der allgemeinen und ältesten </p> </div> </body> </text> </TEI> [81/0085]
39. Betrachrung.
Es geschicht gar offt, daß eine Strittigkeit zwischen den Catholischen und Uncatholischen entstehet über einen Text der H. Schrifft; und ist die Frag nicht, ob das Buch, woraus der Text genommen, Canonisch und gültig seye; oder ob die Dollmetschung gut und recht seye: sondern die Frag ist, welcher der rechte Sinn solches Texts, und welche die wahre Auslegung desselben seye. Die Römisch-Catholische legen ihn aus nach Meynung der ersten Kirchen und der HH. Vättern: die Uncatholische aber bringen neue Auslegungen herbey, die nicht allein der Lehr der ersten Kirchen und der heiligen Vättern zuwider seynd, sondern die auch unter sich einander widerstreben, nach eines jeden seinem eigenen Sinn und Hirn. In dergleichen Fällen habe offt gezweiffelt, welcher Auslegung ich solte beyfallen? da ich aber die Sach recht betracht, so hat mir die Vernunfft klärlich eingeben, daß ich solte vielmehr der Römisch-Catholischen Auslegung folgen, weilen sie der Auslegung der allgemeinen und ältesten
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