Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 4. Frankfurt (Main), 1776.Von der Sprache der Geister eine Universal Sprache, vermittelst der Pri-mitiv-Begriffe der Worte. Sie reden von den Sachen so scharfsinnig und einsichtsvoll durch eine solche Reihe von auf einander fol- genden Gründen und Beweisen, daß ein Mensch erstaunen würde, wann er es hö- ren sollte: Sie bringen auch Beweggründe dabey an, und lassen ihre Zärtlichkeit so sehr in ihre Rede mit einfliessen, daß sie damit ganz beseelt wird. Manchmalen stellen sie die Sache auch ganz lebhaft vor die Augen dar, z. E. wann sie von der Schamhaftig- keit reden wollen, ob sie ohne Ehrerbietung bestehen könne, so kan der Mensch anders nicht als durch viele Gründe, Exempel und Schlüsse davon reden. Bey den Geistern aber werden in einer Minute alle Gemüths- Verfassungen in der Schamhaftigkeit und Ehrfurcht nach der Ordnung, und so auch die Uebereinstimmungen und Widrigkeiten dieser Gemüths-Stellungen dargestellt, daß sie gleichbalden darüber schlüßig werden. Diese Eigenschaften erlangen die Seelen nach dem Tod: da machen sich die guten Gei- ster aus nichts mehr Freude, als daß sie die neue Ankömmlinge und Unwissende unter- richten. Die Geister wissen selbst nicht, daß sie eine so vortrefliche Sprache und Gabe ha- ben, wann es ihnen nicht der HErr schenkt, darüber zu reflectiren. Die-
Von der Sprache der Geiſter eine Univerſal Sprache, vermittelſt der Pri-mitiv-Begriffe der Worte. Sie reden von den Sachen ſo ſcharfſinnig und einſichtsvoll durch eine ſolche Reihe von auf einander fol- genden Gruͤnden und Beweiſen, daß ein Menſch erſtaunen wuͤrde, wann er es hoͤ- ren ſollte: Sie bringen auch Beweggruͤnde dabey an, und laſſen ihre Zaͤrtlichkeit ſo ſehr in ihre Rede mit einflieſſen, daß ſie damit ganz beſeelt wird. Manchmalen ſtellen ſie die Sache auch ganz lebhaft vor die Augen dar, z. E. wann ſie von der Schamhaftig- keit reden wollen, ob ſie ohne Ehrerbietung beſtehen koͤnne, ſo kan der Menſch anders nicht als durch viele Gruͤnde, Exempel und Schluͤſſe davon reden. Bey den Geiſtern aber werden in einer Minute alle Gemuͤths- Verfaſſungen in der Schamhaftigkeit und Ehrfurcht nach der Ordnung, und ſo auch die Uebereinſtimmungen und Widrigkeiten dieſer Gemuͤths-Stellungen dargeſtellt, daß ſie gleichbalden daruͤber ſchluͤßig werden. Dieſe Eigenſchaften erlangen die Seelen nach dem Tod: da machen ſich die guten Gei- ſter aus nichts mehr Freude, als daß ſie die neue Ankoͤmmlinge und Unwiſſende unter- richten. Die Geiſter wiſſen ſelbſt nicht, daß ſie eine ſo vortrefliche Sprache und Gabe ha- ben, wann es ihnen nicht der HErr ſchenkt, daruͤber zu reflectiren. Die-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0064" n="64"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Sprache der Geiſter</hi></fw><lb/> eine Univerſal Sprache, vermittelſt der Pri-<lb/> mitiv-Begriffe der Worte. Sie reden von<lb/> den Sachen ſo ſcharfſinnig und einſichtsvoll<lb/> durch eine ſolche Reihe von auf einander fol-<lb/> genden Gruͤnden und Beweiſen, daß ein<lb/> Menſch erſtaunen wuͤrde, wann er es hoͤ-<lb/> ren ſollte: Sie bringen auch Beweggruͤnde<lb/> dabey an, und laſſen ihre Zaͤrtlichkeit ſo ſehr<lb/> in ihre Rede mit einflieſſen, daß ſie damit<lb/> ganz beſeelt wird. Manchmalen ſtellen ſie<lb/> die Sache auch ganz lebhaft vor die Augen<lb/> dar, z. E. wann ſie von der Schamhaftig-<lb/> keit reden wollen, ob ſie ohne Ehrerbietung<lb/> beſtehen koͤnne, ſo kan der Menſch anders<lb/> nicht als durch viele Gruͤnde, Exempel und<lb/> Schluͤſſe davon reden. Bey den Geiſtern<lb/> aber werden in einer Minute alle Gemuͤths-<lb/> Verfaſſungen in der Schamhaftigkeit und<lb/> Ehrfurcht nach der Ordnung, und ſo auch<lb/> die Uebereinſtimmungen und Widrigkeiten<lb/> dieſer Gemuͤths-Stellungen dargeſtellt, daß<lb/> ſie gleichbalden daruͤber ſchluͤßig werden.<lb/> Dieſe Eigenſchaften erlangen die Seelen<lb/> nach dem Tod: da machen ſich die guten Gei-<lb/> ſter aus nichts mehr Freude, als daß ſie die<lb/> neue Ankoͤmmlinge und Unwiſſende unter-<lb/> richten. Die Geiſter wiſſen ſelbſt nicht, daß<lb/> ſie eine ſo vortrefliche Sprache und Gabe ha-<lb/> ben, wann es ihnen nicht der HErr ſchenkt,<lb/> daruͤber zu reflectiren.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Die-</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [64/0064]
Von der Sprache der Geiſter
eine Univerſal Sprache, vermittelſt der Pri-
mitiv-Begriffe der Worte. Sie reden von
den Sachen ſo ſcharfſinnig und einſichtsvoll
durch eine ſolche Reihe von auf einander fol-
genden Gruͤnden und Beweiſen, daß ein
Menſch erſtaunen wuͤrde, wann er es hoͤ-
ren ſollte: Sie bringen auch Beweggruͤnde
dabey an, und laſſen ihre Zaͤrtlichkeit ſo ſehr
in ihre Rede mit einflieſſen, daß ſie damit
ganz beſeelt wird. Manchmalen ſtellen ſie
die Sache auch ganz lebhaft vor die Augen
dar, z. E. wann ſie von der Schamhaftig-
keit reden wollen, ob ſie ohne Ehrerbietung
beſtehen koͤnne, ſo kan der Menſch anders
nicht als durch viele Gruͤnde, Exempel und
Schluͤſſe davon reden. Bey den Geiſtern
aber werden in einer Minute alle Gemuͤths-
Verfaſſungen in der Schamhaftigkeit und
Ehrfurcht nach der Ordnung, und ſo auch
die Uebereinſtimmungen und Widrigkeiten
dieſer Gemuͤths-Stellungen dargeſtellt, daß
ſie gleichbalden daruͤber ſchluͤßig werden.
Dieſe Eigenſchaften erlangen die Seelen
nach dem Tod: da machen ſich die guten Gei-
ſter aus nichts mehr Freude, als daß ſie die
neue Ankoͤmmlinge und Unwiſſende unter-
richten. Die Geiſter wiſſen ſelbſt nicht, daß
ſie eine ſo vortrefliche Sprache und Gabe ha-
ben, wann es ihnen nicht der HErr ſchenkt,
daruͤber zu reflectiren.
Die-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |