Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Von dem Planeten
geben sie das Haupt, und bedecken so das An-
gesicht. Von den Angesichtern der Menschen
auf unserer Erde, die sie durch meine Augen
gesehen, sagten sie, sie wären nicht schön, und
ihre Schönheit bestünde in der äusseren Haut,
nicht aber in den Fasern von innen; sie
wunderten sich, daß einiger ihre Angesichter
rauh und blattermäßig, oder auf eine andere
Art verstellt waren, und sagten, daß man bey
ihnen dergleichen nicht finde; doch gefielen
ihnen auch einige Angesichter, nemlich die frö-
lichen und lächelnden, und die, welche um die
Lippen ein wenig heraus giengen. Daß ih-
nen die Angesichter, die um die Lippen her-
aus giengen, gefielen, kam daher, weil sie mei-
stens durch das Angesicht reden, und haupt-
sächlich durch dessen Gegend um die Lippen,
und weil sie sich niemals verstellen, d. i. an-
derst reden, als sie denken, deswegen thun sie
ihrem Angesicht keinen Zwang an, sondern
lassen es frey heraus; anderst ist es bey de-
nenjenigen, die von Kindheit an die Verstel-
lung gelernt haben, deren Angesicht zieht sich
daher von innen zusammen, daß man nichts
vom Gedanken daraus sehen kann; von aus-
sen läßt man auch nichts heraus kommen,
sondern man hält es parat, sich heraus zu las-
sen oder zusammen zu ziehen, wie es die Ver-
schlagenheit anräth. Wenn man die Zasern der
Lippen und dessen, was um sie herum ist, an-
schauet, kann man die Wahrheit sehen: denn

es

Von dem Planeten
geben ſie das Haupt, und bedecken ſo das An-
geſicht. Von den Angeſichtern der Menſchen
auf unſerer Erde, die ſie durch meine Augen
geſehen, ſagten ſie, ſie wären nicht ſchön, und
ihre Schönheit beſtünde in der äuſſeren Haut,
nicht aber in den Faſern von innen; ſie
wunderten ſich, daß einiger ihre Angeſichter
rauh und blattermäßig, oder auf eine andere
Art verſtellt waren, und ſagten, daß man bey
ihnen dergleichen nicht finde; doch gefielen
ihnen auch einige Angeſichter, nemlich die frö-
lichen und lächelnden, und die, welche um die
Lippen ein wenig heraus giengen. Daß ih-
nen die Angeſichter, die um die Lippen her-
aus giengen, gefielen, kam daher, weil ſie mei-
ſtens durch das Angeſicht reden, und haupt-
ſächlich durch deſſen Gegend um die Lippen,
und weil ſie ſich niemals verſtellen, d. i. an-
derſt reden, als ſie denken, deswegen thun ſie
ihrem Angeſicht keinen Zwang an, ſondern
laſſen es frey heraus; anderſt iſt es bey de-
nenjenigen, die von Kindheit an die Verſtel-
lung gelernt haben, deren Angeſicht zieht ſich
daher von innen zuſammen, daß man nichts
vom Gedanken daraus ſehen kann; von auſ-
ſen läßt man auch nichts heraus kommen,
ſondern man hält es parat, ſich heraus zu laſ-
ſen oder zuſammen zu ziehen, wie es die Ver-
ſchlagenheit anräth. Wenn man die Zaſern der
Lippen und deſſen, was um ſie herum iſt, an-
ſchauet, kann man die Wahrheit ſehen: denn

es
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0132" n="128"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von dem Planeten</hi></fw><lb/>
geben &#x017F;ie das Haupt, und bedecken &#x017F;o das An-<lb/>
ge&#x017F;icht. Von den Ange&#x017F;ichtern der Men&#x017F;chen<lb/>
auf un&#x017F;erer Erde, die &#x017F;ie durch meine Augen<lb/>
ge&#x017F;ehen, &#x017F;agten &#x017F;ie, &#x017F;ie wären nicht &#x017F;chön, und<lb/>
ihre Schönheit be&#x017F;tünde in der äu&#x017F;&#x017F;eren Haut,<lb/>
nicht aber in den Fa&#x017F;ern von innen; &#x017F;ie<lb/>
wunderten &#x017F;ich, daß einiger ihre Ange&#x017F;ichter<lb/>
rauh und blattermäßig, oder auf eine andere<lb/>
Art ver&#x017F;tellt waren, und &#x017F;agten, daß man bey<lb/>
ihnen dergleichen nicht finde; doch gefielen<lb/>
ihnen auch einige Ange&#x017F;ichter, nemlich die frö-<lb/>
lichen und lächelnden, und die, welche um die<lb/>
Lippen ein wenig heraus giengen. Daß ih-<lb/>
nen die Ange&#x017F;ichter, die um die Lippen her-<lb/>
aus giengen, gefielen, kam daher, weil &#x017F;ie mei-<lb/>
&#x017F;tens durch das Ange&#x017F;icht reden, und haupt-<lb/>
&#x017F;ächlich durch de&#x017F;&#x017F;en Gegend um die Lippen,<lb/>
und weil &#x017F;ie &#x017F;ich niemals ver&#x017F;tellen, d. i. an-<lb/>
der&#x017F;t reden, als &#x017F;ie denken, deswegen thun &#x017F;ie<lb/>
ihrem Ange&#x017F;icht keinen Zwang an, &#x017F;ondern<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en es frey heraus; ander&#x017F;t i&#x017F;t es bey de-<lb/>
nenjenigen, die von Kindheit an die Ver&#x017F;tel-<lb/>
lung gelernt haben, deren Ange&#x017F;icht zieht &#x017F;ich<lb/>
daher von innen zu&#x017F;ammen, daß man nichts<lb/>
vom Gedanken daraus &#x017F;ehen kann; von au&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en läßt man auch nichts heraus kommen,<lb/>
&#x017F;ondern man hält es parat, &#x017F;ich heraus zu la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en oder zu&#x017F;ammen zu ziehen, wie es die Ver-<lb/>
&#x017F;chlagenheit anräth. Wenn man die Za&#x017F;ern der<lb/>
Lippen und de&#x017F;&#x017F;en, was um &#x017F;ie herum i&#x017F;t, an-<lb/>
&#x017F;chauet, kann man die Wahrheit &#x017F;ehen: denn<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">es</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[128/0132] Von dem Planeten geben ſie das Haupt, und bedecken ſo das An- geſicht. Von den Angeſichtern der Menſchen auf unſerer Erde, die ſie durch meine Augen geſehen, ſagten ſie, ſie wären nicht ſchön, und ihre Schönheit beſtünde in der äuſſeren Haut, nicht aber in den Faſern von innen; ſie wunderten ſich, daß einiger ihre Angeſichter rauh und blattermäßig, oder auf eine andere Art verſtellt waren, und ſagten, daß man bey ihnen dergleichen nicht finde; doch gefielen ihnen auch einige Angeſichter, nemlich die frö- lichen und lächelnden, und die, welche um die Lippen ein wenig heraus giengen. Daß ih- nen die Angeſichter, die um die Lippen her- aus giengen, gefielen, kam daher, weil ſie mei- ſtens durch das Angeſicht reden, und haupt- ſächlich durch deſſen Gegend um die Lippen, und weil ſie ſich niemals verſtellen, d. i. an- derſt reden, als ſie denken, deswegen thun ſie ihrem Angeſicht keinen Zwang an, ſondern laſſen es frey heraus; anderſt iſt es bey de- nenjenigen, die von Kindheit an die Verſtel- lung gelernt haben, deren Angeſicht zieht ſich daher von innen zuſammen, daß man nichts vom Gedanken daraus ſehen kann; von auſ- ſen läßt man auch nichts heraus kommen, ſondern man hält es parat, ſich heraus zu laſ- ſen oder zuſammen zu ziehen, wie es die Ver- ſchlagenheit anräth. Wenn man die Zaſern der Lippen und deſſen, was um ſie herum iſt, an- ſchauet, kann man die Wahrheit ſehen: denn es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften03_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften03_1776/132
Zitationshilfe: Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1776, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften03_1776/132>, abgerufen am 27.11.2024.