Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Geisterwelt.
keinesweges, so viel er Sprachen und Wissen-
schaften verstanden hat. Jch habe mit sehr vielen
geredet, die in der Welt geglaubt hatten, sie wä-
ren Gelehrte, dadurch, daß sie die alten Spra-
chen, als die Hebräische, Griechische und Latei-
nische könnten, aber durch dasjenige, was in die-
sen Sprachen beschrieben worden, ihren vernünf-
tigen Theil
nicht ausgebildet hatten, und ich
sahe, daß einige von ihnen so einfältig waren, als
wie die, so von diesen Sprachen nichts verstun-
den, einige aber waren dumm, dennoch aber
blieb bey ihnen der Hochmuth, als ob sie viel wei-
ser, als andre wären. Jch habe auch mit eini-
gen geredet, die in der Welt geglaubt, der Mensch
wäre um so viel weise, in so viel er mit dem Ge-
dächtnis merke, und die auch mit vielen Sachen
ihr Gedächtnis bereichert, und fast aus diesem
allein, und also nicht aus sich, sondern aus dem
Munde anderer geredet, und durch die Gedächt-
nis-Sachen nicht das mindeste von ihrer Ver-
nunft vollkommener gemacht hatten; einige von
ihnen waren dumm, einige närrisch, indem sie
etwas Wahres ganz und gar nicht begreiffen, ob
es nämlich wahr oder nicht wahr sey, hingegen
aber alles Falsche, das von denen, welche sich ge-
lehrt nennen, für Wahrheit ausgeschrien wird,
begierig ergreifen, denn sie können aus sich selber
nicht das allergeringste einsehen, ob es nämlich
also sey, oder nicht, und mithin können sie, wenn
sie andre hören, eben auch nichts vernünftiger
Weise sehen. Jch habe auch mit einigen gespro-

chen,
Q 2

Von der Geiſterwelt.
keinesweges, ſo viel er Sprachen und Wiſſen-
ſchaften verſtanden hat. Jch habe mit ſehr vielen
geredet, die in der Welt geglaubt hatten, ſie waͤ-
ren Gelehrte, dadurch, daß ſie die alten Spra-
chen, als die Hebraͤiſche, Griechiſche und Latei-
niſche koͤnnten, aber durch dasjenige, was in die-
ſen Sprachen beſchrieben worden, ihren vernuͤnf-
tigen Theil
nicht ausgebildet hatten, und ich
ſahe, daß einige von ihnen ſo einfaͤltig waren, als
wie die, ſo von dieſen Sprachen nichts verſtun-
den, einige aber waren dumm, dennoch aber
blieb bey ihnen der Hochmuth, als ob ſie viel wei-
ſer, als andre waͤren. Jch habe auch mit eini-
gen geredet, die in der Welt geglaubt, der Menſch
waͤre um ſo viel weiſe, in ſo viel er mit dem Ge-
daͤchtnis merke, und die auch mit vielen Sachen
ihr Gedaͤchtnis bereichert, und faſt aus dieſem
allein, und alſo nicht aus ſich, ſondern aus dem
Munde anderer geredet, und durch die Gedaͤcht-
nis-Sachen nicht das mindeſte von ihrer Ver-
nunft vollkommener gemacht hatten; einige von
ihnen waren dumm, einige naͤrriſch, indem ſie
etwas Wahres ganz und gar nicht begreiffen, ob
es naͤmlich wahr oder nicht wahr ſey, hingegen
aber alles Falſche, das von denen, welche ſich ge-
lehrt nennen, fuͤr Wahrheit ausgeſchrien wird,
begierig ergreifen, denn ſie koͤnnen aus ſich ſelber
nicht das allergeringſte einſehen, ob es naͤmlich
alſo ſey, oder nicht, und mithin koͤnnen ſie, wenn
ſie andre hoͤren, eben auch nichts vernuͤnftiger
Weiſe ſehen. Jch habe auch mit einigen geſpro-

chen,
Q 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0226" n="227"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Gei&#x017F;terwelt.</hi></fw><lb/>
keinesweges, &#x017F;o viel er Sprachen und Wi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chaften ver&#x017F;tanden hat. Jch habe mit &#x017F;ehr vielen<lb/>
geredet, die in der Welt geglaubt hatten, &#x017F;ie wa&#x0364;-<lb/>
ren Gelehrte, dadurch, daß &#x017F;ie die alten Spra-<lb/>
chen, als die Hebra&#x0364;i&#x017F;che, Griechi&#x017F;che und Latei-<lb/>
ni&#x017F;che ko&#x0364;nnten, aber durch dasjenige, was in die-<lb/>
&#x017F;en Sprachen be&#x017F;chrieben worden, ihren <hi rendition="#fr">vernu&#x0364;nf-<lb/>
tigen Theil</hi> nicht ausgebildet hatten, und ich<lb/>
&#x017F;ahe, daß einige von ihnen &#x017F;o einfa&#x0364;ltig waren, als<lb/>
wie die, &#x017F;o von die&#x017F;en Sprachen nichts ver&#x017F;tun-<lb/>
den, einige aber waren dumm, dennoch aber<lb/>
blieb bey ihnen der Hochmuth, als ob &#x017F;ie viel wei-<lb/>
&#x017F;er, als andre wa&#x0364;ren. Jch habe auch mit eini-<lb/>
gen geredet, die in der Welt geglaubt, der Men&#x017F;ch<lb/>
wa&#x0364;re um &#x017F;o viel wei&#x017F;e, in &#x017F;o viel er mit dem Ge-<lb/>
da&#x0364;chtnis merke, und die auch mit vielen Sachen<lb/>
ihr Geda&#x0364;chtnis bereichert, und fa&#x017F;t aus die&#x017F;em<lb/>
allein, und al&#x017F;o nicht aus &#x017F;ich, &#x017F;ondern aus dem<lb/>
Munde anderer geredet, und durch die Geda&#x0364;cht-<lb/>
nis-Sachen nicht das minde&#x017F;te von ihrer Ver-<lb/>
nunft vollkommener gemacht hatten; einige von<lb/>
ihnen waren dumm, einige na&#x0364;rri&#x017F;ch, indem &#x017F;ie<lb/>
etwas Wahres ganz und gar nicht begreiffen, ob<lb/>
es na&#x0364;mlich wahr oder nicht wahr &#x017F;ey, hingegen<lb/>
aber alles Fal&#x017F;che, das von denen, welche &#x017F;ich ge-<lb/>
lehrt nennen, fu&#x0364;r Wahrheit ausge&#x017F;chrien wird,<lb/>
begierig ergreifen, denn &#x017F;ie ko&#x0364;nnen aus &#x017F;ich &#x017F;elber<lb/>
nicht das allergering&#x017F;te ein&#x017F;ehen, ob es na&#x0364;mlich<lb/>
al&#x017F;o &#x017F;ey, oder nicht, und mithin ko&#x0364;nnen &#x017F;ie, wenn<lb/>
&#x017F;ie andre ho&#x0364;ren, eben auch nichts vernu&#x0364;nftiger<lb/>
Wei&#x017F;e &#x017F;ehen. Jch habe auch mit einigen ge&#x017F;pro-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q 2</fw><fw place="bottom" type="catch">chen,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[227/0226] Von der Geiſterwelt. keinesweges, ſo viel er Sprachen und Wiſſen- ſchaften verſtanden hat. Jch habe mit ſehr vielen geredet, die in der Welt geglaubt hatten, ſie waͤ- ren Gelehrte, dadurch, daß ſie die alten Spra- chen, als die Hebraͤiſche, Griechiſche und Latei- niſche koͤnnten, aber durch dasjenige, was in die- ſen Sprachen beſchrieben worden, ihren vernuͤnf- tigen Theil nicht ausgebildet hatten, und ich ſahe, daß einige von ihnen ſo einfaͤltig waren, als wie die, ſo von dieſen Sprachen nichts verſtun- den, einige aber waren dumm, dennoch aber blieb bey ihnen der Hochmuth, als ob ſie viel wei- ſer, als andre waͤren. Jch habe auch mit eini- gen geredet, die in der Welt geglaubt, der Menſch waͤre um ſo viel weiſe, in ſo viel er mit dem Ge- daͤchtnis merke, und die auch mit vielen Sachen ihr Gedaͤchtnis bereichert, und faſt aus dieſem allein, und alſo nicht aus ſich, ſondern aus dem Munde anderer geredet, und durch die Gedaͤcht- nis-Sachen nicht das mindeſte von ihrer Ver- nunft vollkommener gemacht hatten; einige von ihnen waren dumm, einige naͤrriſch, indem ſie etwas Wahres ganz und gar nicht begreiffen, ob es naͤmlich wahr oder nicht wahr ſey, hingegen aber alles Falſche, das von denen, welche ſich ge- lehrt nennen, fuͤr Wahrheit ausgeſchrien wird, begierig ergreifen, denn ſie koͤnnen aus ſich ſelber nicht das allergeringſte einſehen, ob es naͤmlich alſo ſey, oder nicht, und mithin koͤnnen ſie, wenn ſie andre hoͤren, eben auch nichts vernuͤnftiger Weiſe ſehen. Jch habe auch mit einigen geſpro- chen, Q 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften02_1776/226
Zitationshilfe: Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1776, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften02_1776/226>, abgerufen am 26.11.2024.