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Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1776.

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Vom Himmel.
es sagen würde, so würde man es für so ge-
ringschätzig halten, daß man zur blossen Er-
wähnung der aus der ehelichen Liebe herrüh-
renden Seligkeit entweder lachen oder zornig
werden würde. Wenn eins das will oder lie-
bet, was das andere will, alsdenn ist bey al-
len beyden Freyheit, denn alle Freyheit ist der
Liebe eigen, wo aber Herrschsucht ist, da ist
bey keinem von beyden Freyheit, eins ist ein
Sclav, auch der Herrschende ist einer, weil
er von der Begierde zu herrschen als ein Sclav
geführet wird; allein dieses begreift man ganz
und gar nicht, wenn man nicht weis, was die
Freyheit der himmlischen Liebe ist: dennoch
aber kann man aus dem, was ich oben vom
Ursprung und Wesen der ehelichen Liebe ge-
sagt habe, wissen, daß, in so viel die Herrsch.
sucht einreißt, auch in so viel die Gemüther
nicht vereinigt, sondern getheilt werden, die
Herrschsucht bringt unter das Joch, und ein
unter das Joch gestecktes Gemüthe ist entweder
von gar keinem Willen, oder von einem Wi-
derwillen; wenn es von gar keinem Willen ist,
so hat es auch keine Liebe, wenn es von einem
Widerwillen ist, so ist Haß anstatt der Liebe
vorhanden. Das Jnnere derer, die in einer
solchen Ehe leben, läuft und streitet wider
einander, als wie es zwey einander entgegen
stehende Dinge zu machen pflegen, wenn auch
gleich das Aeussere, der Ruhe halben, an sich
haltend und friedlich ist; das Widereinander-

laufen
H 2

Vom Himmel.
es ſagen wuͤrde, ſo wuͤrde man es fuͤr ſo ge-
ringſchaͤtzig halten, daß man zur bloſſen Er-
waͤhnung der aus der ehelichen Liebe herruͤh-
renden Seligkeit entweder lachen oder zornig
werden wuͤrde. Wenn eins das will oder lie-
bet, was das andere will, alsdenn iſt bey al-
len beyden Freyheit, denn alle Freyheit iſt der
Liebe eigen, wo aber Herrſchſucht iſt, da iſt
bey keinem von beyden Freyheit, eins iſt ein
Sclav, auch der Herrſchende iſt einer, weil
er von der Begierde zu herrſchen als ein Sclav
gefuͤhret wird; allein dieſes begreift man ganz
und gar nicht, wenn man nicht weis, was die
Freyheit der himmliſchen Liebe iſt: dennoch
aber kann man aus dem, was ich oben vom
Urſprung und Weſen der ehelichen Liebe ge-
ſagt habe, wiſſen, daß, in ſo viel die Herrſch.
ſucht einreißt, auch in ſo viel die Gemuͤther
nicht vereinigt, ſondern getheilt werden, die
Herrſchſucht bringt unter das Joch, und ein
unter das Joch geſtecktes Gemuͤthe iſt entweder
von gar keinem Willen, oder von einem Wi-
derwillen; wenn es von gar keinem Willen iſt,
ſo hat es auch keine Liebe, wenn es von einem
Widerwillen iſt, ſo iſt Haß anſtatt der Liebe
vorhanden. Das Jnnere derer, die in einer
ſolchen Ehe leben, laͤuft und ſtreitet wider
einander, als wie es zwey einander entgegen
ſtehende Dinge zu machen pflegen, wenn auch
gleich das Aeuſſere, der Ruhe halben, an ſich
haltend und friedlich iſt; das Widereinander-

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[115/0114] Vom Himmel. es ſagen wuͤrde, ſo wuͤrde man es fuͤr ſo ge- ringſchaͤtzig halten, daß man zur bloſſen Er- waͤhnung der aus der ehelichen Liebe herruͤh- renden Seligkeit entweder lachen oder zornig werden wuͤrde. Wenn eins das will oder lie- bet, was das andere will, alsdenn iſt bey al- len beyden Freyheit, denn alle Freyheit iſt der Liebe eigen, wo aber Herrſchſucht iſt, da iſt bey keinem von beyden Freyheit, eins iſt ein Sclav, auch der Herrſchende iſt einer, weil er von der Begierde zu herrſchen als ein Sclav gefuͤhret wird; allein dieſes begreift man ganz und gar nicht, wenn man nicht weis, was die Freyheit der himmliſchen Liebe iſt: dennoch aber kann man aus dem, was ich oben vom Urſprung und Weſen der ehelichen Liebe ge- ſagt habe, wiſſen, daß, in ſo viel die Herrſch. ſucht einreißt, auch in ſo viel die Gemuͤther nicht vereinigt, ſondern getheilt werden, die Herrſchſucht bringt unter das Joch, und ein unter das Joch geſtecktes Gemuͤthe iſt entweder von gar keinem Willen, oder von einem Wi- derwillen; wenn es von gar keinem Willen iſt, ſo hat es auch keine Liebe, wenn es von einem Widerwillen iſt, ſo iſt Haß anſtatt der Liebe vorhanden. Das Jnnere derer, die in einer ſolchen Ehe leben, laͤuft und ſtreitet wider einander, als wie es zwey einander entgegen ſtehende Dinge zu machen pflegen, wenn auch gleich das Aeuſſere, der Ruhe halben, an ſich haltend und friedlich iſt; das Widereinander- laufen H 2

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Zitationshilfe: Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1776, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften02_1776/114>, abgerufen am 27.11.2024.