Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.Anakreontische Oden. An den Schlaf. 1745.Du Bruder von dem Blassen, Dem Schrecken aller Leute! Geschwinde komm herüber, Jch warte mit Verlangen Auf deine Schlummerkörner. Hast du nicht hören rufen? Als du bey unserm Nachbar So lange schon vergebens Jm Kalten klopfen müssen; Der Geizhals will ja wachen Bey fest verschlossnen Thüren Auf seinen vollen Kasten Und vor dem Zwang-Gewölbe, Worinn er seine Mündel, Das schöne blonde Mädchen, Die tugendhafte Phillis Aus blossem Neid verschlossen, Dieweil sie dem Poeten Jüngst einen Blick gegeben, Wobey der Vormund dachte, Sein Mädchen sey nun ärmer, Dieweil sie was verschenket. Drum laß den alten Narren Doch bey den Thalern liegen, Er Y 5
Anakreontiſche Oden. An den Schlaf. 1745.Du Bruder von dem Blaſſen, Dem Schrecken aller Leute! Geſchwinde komm heruͤber, Jch warte mit Verlangen Auf deine Schlummerkoͤrner. Haſt du nicht hoͤren rufen? Als du bey unſerm Nachbar So lange ſchon vergebens Jm Kalten klopfen muͤſſen; Der Geizhals will ja wachen Bey feſt verſchloſſnen Thuͤren Auf ſeinen vollen Kaſten Und vor dem Zwang-Gewoͤlbe, Worinn er ſeine Muͤndel, Das ſchoͤne blonde Maͤdchen, Die tugendhafte Phillis Aus bloſſem Neid verſchloſſen, Dieweil ſie dem Poeten Juͤngſt einen Blick gegeben, Wobey der Vormund dachte, Sein Maͤdchen ſey nun aͤrmer, Dieweil ſie was verſchenket. Drum laß den alten Narren Doch bey den Thalern liegen, Er Y 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0365" n="345"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Anakreontiſche Oden.</hi> </fw><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">An den Schlaf.</hi> </head><lb/> <dateline> <hi rendition="#c">1745.</hi> </dateline><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">D</hi>u Bruder von dem Blaſſen,</l><lb/> <l>Dem Schrecken aller Leute!</l><lb/> <l>Geſchwinde komm heruͤber,</l><lb/> <l>Jch warte mit Verlangen</l><lb/> <l>Auf deine Schlummerkoͤrner.</l><lb/> <l>Haſt du nicht hoͤren rufen?</l><lb/> <l>Als du bey unſerm Nachbar</l><lb/> <l>So lange ſchon vergebens</l><lb/> <l>Jm Kalten klopfen muͤſſen;</l><lb/> <l>Der Geizhals will ja wachen</l><lb/> <l>Bey feſt verſchloſſnen Thuͤren</l><lb/> <l>Auf ſeinen vollen Kaſten</l><lb/> <l>Und vor dem Zwang-Gewoͤlbe,</l><lb/> <l>Worinn er ſeine Muͤndel,</l><lb/> <l>Das ſchoͤne blonde Maͤdchen,</l><lb/> <l>Die tugendhafte Phillis</l><lb/> <l>Aus bloſſem Neid verſchloſſen,</l><lb/> <l>Dieweil ſie dem Poeten</l><lb/> <l>Juͤngſt einen Blick gegeben,</l><lb/> <l>Wobey der Vormund dachte,</l><lb/> <l>Sein Maͤdchen ſey nun aͤrmer,</l><lb/> <l>Dieweil ſie was verſchenket.</l><lb/> <l>Drum laß den alten Narren</l><lb/> <l>Doch bey den Thalern liegen,</l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">Y 5</fw> <fw place="bottom" type="catch">Er</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [345/0365]
Anakreontiſche Oden.
An den Schlaf.
1745.
Du Bruder von dem Blaſſen,
Dem Schrecken aller Leute!
Geſchwinde komm heruͤber,
Jch warte mit Verlangen
Auf deine Schlummerkoͤrner.
Haſt du nicht hoͤren rufen?
Als du bey unſerm Nachbar
So lange ſchon vergebens
Jm Kalten klopfen muͤſſen;
Der Geizhals will ja wachen
Bey feſt verſchloſſnen Thuͤren
Auf ſeinen vollen Kaſten
Und vor dem Zwang-Gewoͤlbe,
Worinn er ſeine Muͤndel,
Das ſchoͤne blonde Maͤdchen,
Die tugendhafte Phillis
Aus bloſſem Neid verſchloſſen,
Dieweil ſie dem Poeten
Juͤngſt einen Blick gegeben,
Wobey der Vormund dachte,
Sein Maͤdchen ſey nun aͤrmer,
Dieweil ſie was verſchenket.
Drum laß den alten Narren
Doch bey den Thalern liegen,
Er
Y 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |