Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.Fünftes Buch. An den Sohn der Liebe. 1744.Fürst der Küsse! kleiner Sohn der Liebe! Sieh doch nur, wie sehr ich mich betrübe, Hast du ja mit niemand sonst Erbarmen, Nur mit mir Armen. Chloris hatte mir ihr Herz gegeben, Die du erst verwundet; ja sie eben Zieht es mit verachtungsvollem Blicke Wieder zurücke. Kind! bestrafe doch die Ungetreue, Martre sie durch eine späte Reue, Laß sie brennen, klagen, seufzen, schmachten, Jch wills nicht achten! Aber nein! ob sie mich gleich betrogen, O! so bin ich ihr doch noch gewogen, Chloris! ach! ich kann in meinem Herzen Sie nicht verschmerzen! Nicht ihr Mund, wo sich das Lächeln bildet, Nicht die Wangen, die der Lenz gefildet, Nicht ihr Auge, das so geistreich blitzet Hat mich erhitzet. Welch ein Bau von einem schlanken Leibe, Den ich doch durch Seufzen nicht beschreibe, Wo Verhältniß durch genaues Messen Gar nichts vergessen. Doch,
Fünftes Buch. An den Sohn der Liebe. 1744.Fuͤrſt der Kuͤſſe! kleiner Sohn der Liebe! Sieh doch nur, wie ſehr ich mich betruͤbe, Haſt du ja mit niemand ſonſt Erbarmen, Nur mit mir Armen. Chloris hatte mir ihr Herz gegeben, Die du erſt verwundet; ja ſie eben Zieht es mit verachtungsvollem Blicke Wieder zuruͤcke. Kind! beſtrafe doch die Ungetreue, Martre ſie durch eine ſpaͤte Reue, Laß ſie brennen, klagen, ſeufzen, ſchmachten, Jch wills nicht achten! Aber nein! ob ſie mich gleich betrogen, O! ſo bin ich ihr doch noch gewogen, Chloris! ach! ich kann in meinem Herzen Sie nicht verſchmerzen! Nicht ihr Mund, wo ſich das Laͤcheln bildet, Nicht die Wangen, die der Lenz gefildet, Nicht ihr Auge, das ſo geiſtreich blitzet Hat mich erhitzet. Welch ein Bau von einem ſchlanken Leibe, Den ich doch durch Seufzen nicht beſchreibe, Wo Verhaͤltniß durch genaues Meſſen Gar nichts vergeſſen. Doch,
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Fünftes Buch.
An den Sohn der Liebe.
1744.
Fuͤrſt der Kuͤſſe! kleiner Sohn der Liebe!
Sieh doch nur, wie ſehr ich mich betruͤbe,
Haſt du ja mit niemand ſonſt Erbarmen,
Nur mit mir Armen.
Chloris hatte mir ihr Herz gegeben,
Die du erſt verwundet; ja ſie eben
Zieht es mit verachtungsvollem Blicke
Wieder zuruͤcke.
Kind! beſtrafe doch die Ungetreue,
Martre ſie durch eine ſpaͤte Reue,
Laß ſie brennen, klagen, ſeufzen, ſchmachten,
Jch wills nicht achten!
Aber nein! ob ſie mich gleich betrogen,
O! ſo bin ich ihr doch noch gewogen,
Chloris! ach! ich kann in meinem Herzen
Sie nicht verſchmerzen!
Nicht ihr Mund, wo ſich das Laͤcheln bildet,
Nicht die Wangen, die der Lenz gefildet,
Nicht ihr Auge, das ſo geiſtreich blitzet
Hat mich erhitzet.
Welch ein Bau von einem ſchlanken Leibe,
Den ich doch durch Seufzen nicht beſchreibe,
Wo Verhaͤltniß durch genaues Meſſen
Gar nichts vergeſſen.
Doch,
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Zitationshilfe: | Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/358>, abgerufen am 03.03.2025. |