Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.Freuden- und Trauer-Oden. Wo ist Sie hin? wo bist Du doch? O Du, die meine Zunge noch Nicht weiß mit Stammeln zu benennen! Komm! gieb dich wieder zu erkennen! Du meyntest es gleich gut mit mir, Als ich kaum worden war, dein Säugling rufet Dir! Verbirg Dich nicht, o zärtlich Herz! Sonst wird die Angst, sonst wird der Schmerz, Mein Weinen, mein Geschrey vermehret, Wenn es nicht deine Stimme höret, Die sanfte Stimme, deren Macht Mich allemahl so leicht in einen Schlaf ge- bracht. Die Augen suchen Dich umher, Wie? bist Du denn vielleicht nicht mehr? Und hast Du Dich darum verlohren, Weil Du mich an die Welt gebohren? Jst dieses schon für mich genug? Brauch ich den Arm nicht mehr, der mich so liebreich trug? Ach! alles seufzet! alles schweigt! Und dadurch wird mir angezeigt, Wie leider! meine Furcht gegründet, Dieweilen sie sich nirgends findet, Sie, die ohnmöglich lassen kan, Daß sie so lange nicht dem Kinde Guts ge- than! Mein U
Freuden- und Trauer-Oden. Wo iſt Sie hin? wo biſt Du doch? O Du, die meine Zunge noch Nicht weiß mit Stammeln zu benennen! Komm! gieb dich wieder zu erkennen! Du meynteſt es gleich gut mit mir, Als ich kaum worden war, dein Saͤugling rufet Dir! Verbirg Dich nicht, o zaͤrtlich Herz! Sonſt wird die Angſt, ſonſt wird der Schmerz, Mein Weinen, mein Geſchrey vermehret, Wenn es nicht deine Stimme hoͤret, Die ſanfte Stimme, deren Macht Mich allemahl ſo leicht in einen Schlaf ge- bracht. Die Augen ſuchen Dich umher, Wie? biſt Du denn vielleicht nicht mehr? Und haſt Du Dich darum verlohren, Weil Du mich an die Welt gebohren? Jſt dieſes ſchon fuͤr mich genug? Brauch ich den Arm nicht mehr, der mich ſo liebreich trug? Ach! alles ſeufzet! alles ſchweigt! Und dadurch wird mir angezeigt, Wie leider! meine Furcht gegruͤndet, Dieweilen ſie ſich nirgends findet, Sie, die ohnmoͤglich laſſen kan, Daß ſie ſo lange nicht dem Kinde Guts ge- than! Mein U
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0325" n="305"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Freuden- und Trauer-Oden.</hi> </fw><lb/> <lg n="6"> <l>Wo iſt Sie hin? wo biſt Du doch?</l><lb/> <l>O Du, die meine Zunge noch</l><lb/> <l>Nicht weiß mit Stammeln zu benennen!</l><lb/> <l>Komm! gieb dich wieder zu erkennen!</l><lb/> <l>Du meynteſt es gleich gut mit mir,</l><lb/> <l>Als ich kaum worden war, dein Saͤugling<lb/><hi rendition="#et">rufet Dir!</hi></l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Verbirg Dich nicht, o zaͤrtlich Herz!</l><lb/> <l>Sonſt wird die Angſt, ſonſt wird der Schmerz,</l><lb/> <l>Mein Weinen, mein Geſchrey vermehret,</l><lb/> <l>Wenn es nicht deine Stimme hoͤret,</l><lb/> <l>Die ſanfte Stimme, deren Macht</l><lb/> <l>Mich allemahl ſo leicht in einen Schlaf ge-<lb/><hi rendition="#et">bracht.</hi></l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Die Augen ſuchen Dich umher,</l><lb/> <l>Wie? biſt Du denn vielleicht nicht mehr?</l><lb/> <l>Und haſt Du Dich darum verlohren,</l><lb/> <l>Weil Du mich an die Welt gebohren?</l><lb/> <l>Jſt dieſes ſchon fuͤr mich genug?</l><lb/> <l>Brauch ich den Arm nicht mehr, der mich<lb/><hi rendition="#et">ſo liebreich trug?</hi></l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Ach! alles ſeufzet! alles ſchweigt!</l><lb/> <l>Und dadurch wird mir angezeigt,</l><lb/> <l>Wie leider! meine Furcht gegruͤndet,</l><lb/> <l>Dieweilen ſie ſich nirgends findet,</l><lb/> <l>Sie, die ohnmoͤglich laſſen kan,</l><lb/> <l>Daß ſie ſo lange nicht dem Kinde Guts ge-<lb/><hi rendition="#et">than!</hi></l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">U</fw> <fw place="bottom" type="catch">Mein</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [305/0325]
Freuden- und Trauer-Oden.
Wo iſt Sie hin? wo biſt Du doch?
O Du, die meine Zunge noch
Nicht weiß mit Stammeln zu benennen!
Komm! gieb dich wieder zu erkennen!
Du meynteſt es gleich gut mit mir,
Als ich kaum worden war, dein Saͤugling
rufet Dir!
Verbirg Dich nicht, o zaͤrtlich Herz!
Sonſt wird die Angſt, ſonſt wird der Schmerz,
Mein Weinen, mein Geſchrey vermehret,
Wenn es nicht deine Stimme hoͤret,
Die ſanfte Stimme, deren Macht
Mich allemahl ſo leicht in einen Schlaf ge-
bracht.
Die Augen ſuchen Dich umher,
Wie? biſt Du denn vielleicht nicht mehr?
Und haſt Du Dich darum verlohren,
Weil Du mich an die Welt gebohren?
Jſt dieſes ſchon fuͤr mich genug?
Brauch ich den Arm nicht mehr, der mich
ſo liebreich trug?
Ach! alles ſeufzet! alles ſchweigt!
Und dadurch wird mir angezeigt,
Wie leider! meine Furcht gegruͤndet,
Dieweilen ſie ſich nirgends findet,
Sie, die ohnmoͤglich laſſen kan,
Daß ſie ſo lange nicht dem Kinde Guts ge-
than!
Mein
U
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |