Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.Freuden- und Trauer-Oden. Ach möchte mir ein Lied gelingen, Voll Hoheit und erhabner Pracht! Dergleichen Dichter zu besingen Jst nicht so leicht, als man gedacht, Mein Geist wird zwar dazu gezogen, Die Muse sieht sich auch bewogen, Doch beyde drücket frisches Leid! Wer weiß, die Stunde, die ich preise, Dient einem * Vater noch zur Reise, Nach jener Unvergänglichkeit. O Brockes! der es mit dem Höchsten So wunderschön, so gut gemeynt, Vielleicht bist Du ihm schon am nächsten, Wenn noch dein Hingang ferne scheint; Dein Schwangesang ist Dir gelungen, Er ist bis an den Ort gedrungen, Wo er, der Höchste, sichtbar wohnt, Zu welchem, unter Lobgesängen Sich Millionen Geister drängen, Der seine Dichter herrlich lohnt. Dem Todesengel wird befohlen, Daß er bey Dir sein Amt verricht, Er fährt herab Dich heimzuholen, O welch ein himmlisches Gesicht! Es wartet schon durch sein Verfügen Auf Dich ein himmlisches Vergnügen Jn * Der Vater des Verfassers, ein Prediger ohnweit Mer-
seburg war zwey Tage vor dem Herrn Brockes mit Tode abgangen. Freuden- und Trauer-Oden. Ach moͤchte mir ein Lied gelingen, Voll Hoheit und erhabner Pracht! Dergleichen Dichter zu beſingen Jſt nicht ſo leicht, als man gedacht, Mein Geiſt wird zwar dazu gezogen, Die Muſe ſieht ſich auch bewogen, Doch beyde druͤcket friſches Leid! Wer weiß, die Stunde, die ich preiſe, Dient einem * Vater noch zur Reiſe, Nach jener Unvergaͤnglichkeit. O Brockes! der es mit dem Hoͤchſten So wunderſchoͤn, ſo gut gemeynt, Vielleicht biſt Du ihm ſchon am naͤchſten, Wenn noch dein Hingang ferne ſcheint; Dein Schwangeſang iſt Dir gelungen, Er iſt bis an den Ort gedrungen, Wo er, der Hoͤchſte, ſichtbar wohnt, Zu welchem, unter Lobgeſaͤngen Sich Millionen Geiſter draͤngen, Der ſeine Dichter herrlich lohnt. Dem Todesengel wird befohlen, Daß er bey Dir ſein Amt verricht, Er faͤhrt herab Dich heimzuholen, O welch ein himmliſches Geſicht! Es wartet ſchon durch ſein Verfuͤgen Auf Dich ein himmliſches Vergnuͤgen Jn * Der Vater des Verfaſſers, ein Prediger ohnweit Mer-
ſeburg war zwey Tage vor dem Herrn Brockes mit Tode abgangen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0319" n="299"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Freuden- und Trauer-Oden.</hi> </fw><lb/> <lg n="12"> <l>Ach moͤchte mir ein Lied gelingen,</l><lb/> <l>Voll Hoheit und erhabner Pracht!</l><lb/> <l>Dergleichen Dichter zu beſingen</l><lb/> <l>Jſt nicht ſo leicht, als man gedacht,</l><lb/> <l>Mein Geiſt wird zwar dazu gezogen,</l><lb/> <l>Die Muſe ſieht ſich auch bewogen,</l><lb/> <l>Doch beyde druͤcket friſches Leid!</l><lb/> <l>Wer weiß, die Stunde, die ich preiſe,</l><lb/> <l>Dient einem <note place="foot" n="*">Der Vater des Verfaſſers, ein Prediger ohnweit Mer-<lb/> ſeburg war zwey Tage vor dem Herrn Brockes mit<lb/> Tode abgangen.</note> Vater noch zur Reiſe,</l><lb/> <l>Nach jener Unvergaͤnglichkeit.</l> </lg><lb/> <lg n="13"> <l>O Brockes! der es mit dem Hoͤchſten</l><lb/> <l>So wunderſchoͤn, ſo gut gemeynt,</l><lb/> <l>Vielleicht biſt Du ihm ſchon am naͤchſten,</l><lb/> <l>Wenn noch dein Hingang ferne ſcheint;</l><lb/> <l>Dein Schwangeſang iſt Dir gelungen,</l><lb/> <l>Er iſt bis an den Ort gedrungen,</l><lb/> <l>Wo er, der Hoͤchſte, ſichtbar wohnt,</l><lb/> <l>Zu welchem, unter Lobgeſaͤngen</l><lb/> <l>Sich Millionen Geiſter draͤngen,</l><lb/> <l>Der ſeine Dichter herrlich lohnt.</l> </lg><lb/> <lg n="14"> <l>Dem Todesengel wird befohlen,</l><lb/> <l>Daß er bey Dir ſein Amt verricht,</l><lb/> <l>Er faͤhrt herab Dich heimzuholen,</l><lb/> <l>O welch ein himmliſches Geſicht!</l><lb/> <l>Es wartet ſchon durch ſein Verfuͤgen</l><lb/> <l>Auf Dich ein himmliſches Vergnuͤgen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Jn</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [299/0319]
Freuden- und Trauer-Oden.
Ach moͤchte mir ein Lied gelingen,
Voll Hoheit und erhabner Pracht!
Dergleichen Dichter zu beſingen
Jſt nicht ſo leicht, als man gedacht,
Mein Geiſt wird zwar dazu gezogen,
Die Muſe ſieht ſich auch bewogen,
Doch beyde druͤcket friſches Leid!
Wer weiß, die Stunde, die ich preiſe,
Dient einem * Vater noch zur Reiſe,
Nach jener Unvergaͤnglichkeit.
O Brockes! der es mit dem Hoͤchſten
So wunderſchoͤn, ſo gut gemeynt,
Vielleicht biſt Du ihm ſchon am naͤchſten,
Wenn noch dein Hingang ferne ſcheint;
Dein Schwangeſang iſt Dir gelungen,
Er iſt bis an den Ort gedrungen,
Wo er, der Hoͤchſte, ſichtbar wohnt,
Zu welchem, unter Lobgeſaͤngen
Sich Millionen Geiſter draͤngen,
Der ſeine Dichter herrlich lohnt.
Dem Todesengel wird befohlen,
Daß er bey Dir ſein Amt verricht,
Er faͤhrt herab Dich heimzuholen,
O welch ein himmliſches Geſicht!
Es wartet ſchon durch ſein Verfuͤgen
Auf Dich ein himmliſches Vergnuͤgen
Jn
* Der Vater des Verfaſſers, ein Prediger ohnweit Mer-
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Zitationshilfe: | Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/319>, abgerufen am 16.07.2024. |