Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.Moralische Oden. Kennest du doch meine Weise, Ob sie gleich die Welt nicht kennt, Welche mich zu mindern Preise Stolz, milzsüchtig, mürrisch nennt; Damon soll, wie du, entdecken, Und im Umgang erstlich schmecken, Daß ich, sanft, von Hochmuth frey, Voller Menschenliebe sey. Ein verwegnes Unterwinden, Welches kühn sich selbst vertraut, Jst bey mir nicht zu befinden, Der ich fehlerhaft gebaut; Ueberall mich vorzudrängen, Jn die größten Haufen mengen, Wo man nie nach mir gefragt, Hat mir die Natur versagt. Nur ein leer Geräusch zu machen, Durch den Tonlaut, kann ich nicht, Wie auch äusserlich zu lachen, Wenn das Herze widerspricht: Da mich Gegenstände rühren, Und zu mancher Wahrheit führen, Die der Welt viel zu gemein, Kann man stets gesprächsam seyn? Ganz Europa wünsch ich Frieden, Und ich wünsch ihn mir zugleich; Doch was jedem Theil beschieden, Oder wie viel jedes Reich Durch L 2
Moraliſche Oden. Kenneſt du doch meine Weiſe, Ob ſie gleich die Welt nicht kennt, Welche mich zu mindern Preiſe Stolz, milzſuͤchtig, muͤrriſch nennt; Damon ſoll, wie du, entdecken, Und im Umgang erſtlich ſchmecken, Daß ich, ſanft, von Hochmuth frey, Voller Menſchenliebe ſey. Ein verwegnes Unterwinden, Welches kuͤhn ſich ſelbſt vertraut, Jſt bey mir nicht zu befinden, Der ich fehlerhaft gebaut; Ueberall mich vorzudraͤngen, Jn die groͤßten Haufen mengen, Wo man nie nach mir gefragt, Hat mir die Natur verſagt. Nur ein leer Geraͤuſch zu machen, Durch den Tonlaut, kann ich nicht, Wie auch aͤuſſerlich zu lachen, Wenn das Herze widerſpricht: Da mich Gegenſtaͤnde ruͤhren, Und zu mancher Wahrheit fuͤhren, Die der Welt viel zu gemein, Kann man ſtets geſpraͤchſam ſeyn? Ganz Europa wuͤnſch ich Frieden, Und ich wuͤnſch ihn mir zugleich; Doch was jedem Theil beſchieden, Oder wie viel jedes Reich Durch L 2
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Moraliſche Oden.
Kenneſt du doch meine Weiſe,
Ob ſie gleich die Welt nicht kennt,
Welche mich zu mindern Preiſe
Stolz, milzſuͤchtig, muͤrriſch nennt;
Damon ſoll, wie du, entdecken,
Und im Umgang erſtlich ſchmecken,
Daß ich, ſanft, von Hochmuth frey,
Voller Menſchenliebe ſey.
Ein verwegnes Unterwinden,
Welches kuͤhn ſich ſelbſt vertraut,
Jſt bey mir nicht zu befinden,
Der ich fehlerhaft gebaut;
Ueberall mich vorzudraͤngen,
Jn die groͤßten Haufen mengen,
Wo man nie nach mir gefragt,
Hat mir die Natur verſagt.
Nur ein leer Geraͤuſch zu machen,
Durch den Tonlaut, kann ich nicht,
Wie auch aͤuſſerlich zu lachen,
Wenn das Herze widerſpricht:
Da mich Gegenſtaͤnde ruͤhren,
Und zu mancher Wahrheit fuͤhren,
Die der Welt viel zu gemein,
Kann man ſtets geſpraͤchſam ſeyn?
Ganz Europa wuͤnſch ich Frieden,
Und ich wuͤnſch ihn mir zugleich;
Doch was jedem Theil beſchieden,
Oder wie viel jedes Reich
Durch
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Zitationshilfe: | Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/183>, abgerufen am 16.07.2024. |