Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.Vorrede. Karakter der Neuigkeit allemahl mit sichführen, und weit geschickter sind im be- lustigen zu erbauen, als jene. Der Dich- ter ist allemahl ein Mensch, und diese Eigenschaft hat einen Einfluß in seine Werke, und verminderen deren Werth, wie schön sie auch immer seyn mögen, so oft er in eigener Person redet. Denn daß er ein Lobredner der Tugenden wird, er treffe sie an, wo er wolle, solches be- trachtet man als seine Schuldigkeit; Ei- gennutz aber und Schmeicheley, die sich öfters zu seinen Absichten gesellen, zer- nichten die Hochachtung nicht selten noch mehr bey Gemüthern, welche in Durch- lesung der Gedichte sich die Person des Verfassers mit beyfallen lassen. Allein lasset Wesen aus unbekannten Welten, aus abgesonderten Sphären in ihrer wah- ren Gestalt auftreten! Lasset ganz neue Geschöpfe aus dem Chaos der möglichen Welten heraufsteigen, bis zu den Staf- feln der vernünftigen Creaturen, oder Geister aus den obern Regionen sich bis zu
Vorrede. Karakter der Neuigkeit allemahl mit ſichfuͤhren, und weit geſchickter ſind im be- luſtigen zu erbauen, als jene. Der Dich- ter iſt allemahl ein Menſch, und dieſe Eigenſchaft hat einen Einfluß in ſeine Werke, und verminderen deren Werth, wie ſchoͤn ſie auch immer ſeyn moͤgen, ſo oft er in eigener Perſon redet. Denn daß er ein Lobredner der Tugenden wird, er treffe ſie an, wo er wolle, ſolches be- trachtet man als ſeine Schuldigkeit; Ei- gennutz aber und Schmeicheley, die ſich oͤfters zu ſeinen Abſichten geſellen, zer- nichten die Hochachtung nicht ſelten noch mehr bey Gemuͤthern, welche in Durch- leſung der Gedichte ſich die Perſon des Verfaſſers mit beyfallen laſſen. Allein laſſet Weſen aus unbekannten Welten, aus abgeſonderten Sphaͤren in ihrer wah- ren Geſtalt auftreten! Laſſet ganz neue Geſchoͤpfe aus dem Chaos der moͤglichen Welten heraufſteigen, bis zu den Staf- feln der vernuͤnftigen Creaturen, oder Geiſter aus den obern Regionen ſich bis zu
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Vorrede.
Karakter der Neuigkeit allemahl mit ſich
fuͤhren, und weit geſchickter ſind im be-
luſtigen zu erbauen, als jene. Der Dich-
ter iſt allemahl ein Menſch, und dieſe
Eigenſchaft hat einen Einfluß in ſeine
Werke, und verminderen deren Werth,
wie ſchoͤn ſie auch immer ſeyn moͤgen, ſo
oft er in eigener Perſon redet. Denn
daß er ein Lobredner der Tugenden wird,
er treffe ſie an, wo er wolle, ſolches be-
trachtet man als ſeine Schuldigkeit; Ei-
gennutz aber und Schmeicheley, die ſich
oͤfters zu ſeinen Abſichten geſellen, zer-
nichten die Hochachtung nicht ſelten noch
mehr bey Gemuͤthern, welche in Durch-
leſung der Gedichte ſich die Perſon des
Verfaſſers mit beyfallen laſſen. Allein
laſſet Weſen aus unbekannten Welten,
aus abgeſonderten Sphaͤren in ihrer wah-
ren Geſtalt auftreten! Laſſet ganz neue
Geſchoͤpfe aus dem Chaos der moͤglichen
Welten heraufſteigen, bis zu den Staf-
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Zitationshilfe: | Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/16>, abgerufen am 17.02.2025. |