Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774.[Spaltenumbruch] Läch das Lachen auf. Jch habe bey der undermuthetenErscheinung einer innigst geliebten Person, die man hundert Meilen entfernt glaubte, ein lautes Lachen gehört, das bald den Thränen der zärtlichsten Freude Platz machte. Jn dem ersten Augenblik der Er- scheinung würkte blos die Vorstellungskraft, die das Seltsame und Unmögliche der Sach fühlte, daß eine Person abwesend und doch gegenwärtig seyn sollte. So bald die würkliche Gegenwart entschieden, und das Ungewisse verschwunden war, überließ man sich den Empfindungen des Herzens. Also dauert das Lachen nur, so lange die Ungewißheit dauert, und so lange die Sache räthselhaft ist. Darum belusti- get sich kein Mensch mehr an den seltsamesten Taschen- spielerkünsten, so bald er weiß, wie es damit zugeht; darum lachen einige Menschen über Dinge, wobey andre völlig gleichgültig bleiben; die Lacher haben nicht Scharfsinn oder Aufmerksamkeit genug, das Räthsel anfzulösen, oder die Ungewißheit zu heben. Deswegen wird schon eine künstlichere Verwiklung der Sachen erfodert, scharfsinnige, als einfältigere Menschen lachen zu machen. Es scheinet, daß die verschiedenen Arten des Lä- Die erste Gattung entstehet aus Vereinigung Das ungereimt Lächerliche entstehet auf verschie- Läch fluß anzutreffen. Man macht also die Menschenlächerlich, deren Reden und Handlungen so vorge- stellt werden, daß dieses Wiedersprechende darin auf- fält. Sehr ofte macht man uns in der Comödie lachen, wenn man Leute gerade das Gegentheil von dem thun läßt, was sie sich zu thun einbilden; oder wenn ihnen das Gegentheil von dem begegnet, was sie erwarten; wenn wir nur nicht uns im Ernst für sie intreßiren. Voltaire hält ohne Grund die- ses für das einzige Lächerliche, das ein lantes La- chen erweke. (+) Es fällt aber meistentheils ins Niedrige. Wenn Personen von Geschmak über der- gleichen Ungereimtheiten lachen sollen, so müssen sie doch etwas feines haben, der Wiederspruch muß nicht sogleich in die Augen fallen, es muß ei- niger Scharfsinn dazu gehören, ihn zu fühlen, oder das Ungereimte muß seltsam und ausserordentlich seyn. Hernach wird auch das blos Unwahre, oder Un- Postridie natus sum ego -- quam Jupiter ex Ope Und wird es noch mehr, wenn sein Knecht mit ernst- Si hic pridie natus soret quam ille, hic haberet Drittens wird dieses Lächerliche auch durch unge- lich (+) [Spaltenumbruch]
J'ai cru remarquer qu' il ne s'eleve presque ja- mais des eclats de nire universels qu' a l'occasion d'une me- prise -- Jl y a bien d'autres genres de comique -- mais je [Spaltenumbruch] n'ai jamais vu ce qui s'apelle rire de tout son coeur -- que dans ces cas approchans de ceux, dont je viens de parler. Jn der Borrede zum Ensant prodigue. (*) Mil. Gior. Act. IV. s. a. M m m m 3
[Spaltenumbruch] Laͤch das Lachen auf. Jch habe bey der undermuthetenErſcheinung einer innigſt geliebten Perſon, die man hundert Meilen entfernt glaubte, ein lautes Lachen gehoͤrt, das bald den Thraͤnen der zaͤrtlichſten Freude Platz machte. Jn dem erſten Augenblik der Er- ſcheinung wuͤrkte blos die Vorſtellungskraft, die das Seltſame und Unmoͤgliche der Sach fuͤhlte, daß eine Perſon abweſend und doch gegenwaͤrtig ſeyn ſollte. So bald die wuͤrkliche Gegenwart entſchieden, und das Ungewiſſe verſchwunden war, uͤberließ man ſich den Empfindungen des Herzens. Alſo dauert das Lachen nur, ſo lange die Ungewißheit dauert, und ſo lange die Sache raͤthſelhaft iſt. Darum beluſti- get ſich kein Menſch mehr an den ſeltſameſten Taſchen- ſpielerkuͤnſten, ſo bald er weiß, wie es damit zugeht; darum lachen einige Menſchen uͤber Dinge, wobey andre voͤllig gleichguͤltig bleiben; die Lacher haben nicht Scharfſinn oder Aufmerkſamkeit genug, das Raͤthſel anfzuloͤſen, oder die Ungewißheit zu heben. Deswegen wird ſchon eine kuͤnſtlichere Verwiklung der Sachen erfodert, ſcharfſinnige, als einfaͤltigere Menſchen lachen zu machen. Es ſcheinet, daß die verſchiedenen Arten des Laͤ- Die erſte Gattung entſtehet aus Vereinigung Das ungereimt Laͤcherliche entſtehet auf verſchie- Laͤch fluß anzutreffen. Man macht alſo die Menſchenlaͤcherlich, deren Reden und Handlungen ſo vorge- ſtellt werden, daß dieſes Wiederſprechende darin auf- faͤlt. Sehr ofte macht man uns in der Comoͤdie lachen, wenn man Leute gerade das Gegentheil von dem thun laͤßt, was ſie ſich zu thun einbilden; oder wenn ihnen das Gegentheil von dem begegnet, was ſie erwarten; wenn wir nur nicht uns im Ernſt fuͤr ſie intreßiren. Voltaire haͤlt ohne Grund die- ſes fuͤr das einzige Laͤcherliche, das ein lantes La- chen erweke. (†) Es faͤllt aber meiſtentheils ins Niedrige. Wenn Perſonen von Geſchmak uͤber der- gleichen Ungereimtheiten lachen ſollen, ſo muͤſſen ſie doch etwas feines haben, der Wiederſpruch muß nicht ſogleich in die Augen fallen, es muß ei- niger Scharfſinn dazu gehoͤren, ihn zu fuͤhlen, oder das Ungereimte muß ſeltſam und auſſerordentlich ſeyn. Hernach wird auch das blos Unwahre, oder Un- Poſtridie natus ſum ego — quam Jupiter ex Ope Und wird es noch mehr, wenn ſein Knecht mit ernſt- Si hic pridie natus ſoret quam ille, hic haberet Drittens wird dieſes Laͤcherliche auch durch unge- lich (†) [Spaltenumbruch]
J’ai cru remarquer qu’ il ne s’élève presque ja- mais des éclats de nire univerſels qu’ à l’occaſion d’une me- priſe — Jl y a bien d’autres genres de comique — mais je [Spaltenumbruch] n’ai jamais vu ce qui s’apelle rire de tout ſon coeur — que dans ces cas approchans de ceux, dont je viens de parler. Jn der Borrede zum Enſant prodigue. (*) Mil. Gior. Act. IV. ſ. a. M m m m 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0080" n="645"/><cb/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Laͤch</hi></fw><lb/> das Lachen auf. Jch habe bey der undermutheten<lb/> Erſcheinung einer innigſt geliebten Perſon, die man<lb/> hundert Meilen entfernt glaubte, ein lautes Lachen<lb/> gehoͤrt, das bald den Thraͤnen der zaͤrtlichſten Freude<lb/> Platz machte. Jn dem erſten Augenblik der Er-<lb/> ſcheinung wuͤrkte blos die Vorſtellungskraft, die das<lb/> Seltſame und Unmoͤgliche der Sach fuͤhlte, daß eine<lb/> Perſon abweſend und doch gegenwaͤrtig ſeyn ſollte.<lb/> So bald die wuͤrkliche Gegenwart entſchieden, und<lb/> das Ungewiſſe verſchwunden war, uͤberließ man ſich<lb/> den Empfindungen des Herzens. Alſo dauert das<lb/> Lachen nur, ſo lange die Ungewißheit dauert, und<lb/> ſo lange die Sache raͤthſelhaft iſt. Darum beluſti-<lb/> get ſich kein Menſch mehr an den ſeltſameſten Taſchen-<lb/> ſpielerkuͤnſten, ſo bald er weiß, wie es damit zugeht;<lb/> darum lachen einige Menſchen uͤber Dinge, wobey<lb/> andre voͤllig gleichguͤltig bleiben; die Lacher haben<lb/> nicht Scharfſinn oder Aufmerkſamkeit genug, das<lb/> Raͤthſel anfzuloͤſen, oder die Ungewißheit zu heben.<lb/> Deswegen wird ſchon eine kuͤnſtlichere Verwiklung<lb/> der Sachen erfodert, ſcharfſinnige, als einfaͤltigere<lb/> Menſchen lachen zu machen.</p><lb/> <p>Es ſcheinet, daß die verſchiedenen Arten des Laͤ-<lb/> cherlichen ſich auf zwey Hauptgattungen bringen<lb/> laſſen, die den zwey Hauptgattungen des Wahren<lb/> entgegengeſetzt ſind.</p><lb/> <p>Die erſte Gattung entſtehet aus Vereinigung<lb/> ſolcher Dinge, die nach unſern Begriffen unmoͤglich<lb/> zugleich ſeyn koͤnnen; weil eines das andere auf-<lb/> hebt. Die zweyte aus Vereinigung der Dinge,<lb/> fuͤr welche kein Grund anzugeben, deren Zuſam-<lb/> menhang unbegreiflich und abentheuerlich iſt. Wir<lb/> wollen der erſten Gattung den Namen des <hi rendition="#fr">ungereim-<lb/> ten,</hi> der andern, des <hi rendition="#fr">abentheuerlichen</hi> Laͤcherlichen<lb/> geben. Jede faßt mehrere beſondere Arten in ſich;<lb/> aber es wuͤrde zu weitlaͤnftig ſeyn, alle auseinan-<lb/> der zu ſetzen. Folgendes kann zur Probe hinlaͤng-<lb/> lich ſeyn.</p><lb/> <p>Das ungereimt Laͤcherliche entſtehet auf verſchie-<lb/> dene Weiſe: zuerſt aus dem Wiederſprechenden.<lb/> Wenn ein Gek klug, ein Furchtſamer beherzt; eine<lb/> haͤßliche Alte ſchoͤn und jung, ein Unwiſſender ge-<lb/> lehrt thut, und dergleichen; ſo fallen ſie voͤllig ins<lb/> Laͤcherliche. Beyſpiele davon ſind uͤberall im Ueber-<lb/><cb/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Laͤch</hi></fw><lb/> fluß anzutreffen. Man macht alſo die Menſchen<lb/> laͤcherlich, deren Reden und Handlungen ſo vorge-<lb/> ſtellt werden, daß dieſes Wiederſprechende darin auf-<lb/> faͤlt. Sehr ofte macht man uns in der Comoͤdie<lb/> lachen, wenn man Leute gerade das Gegentheil<lb/> von dem thun laͤßt, was ſie ſich zu thun einbilden;<lb/> oder wenn ihnen das Gegentheil von dem begegnet,<lb/> was ſie erwarten; wenn wir nur nicht uns im Ernſt<lb/> fuͤr ſie intreßiren. <hi rendition="#fr">Voltaire</hi> haͤlt ohne Grund die-<lb/> ſes fuͤr das einzige Laͤcherliche, das ein lantes La-<lb/> chen erweke. <note place="foot" n="(†)"><cb/><lb/><hi rendition="#aq">J’ai cru remarquer qu’ il ne s’élève presque ja-<lb/> mais des éclats de nire univerſels qu’ à l’occaſion d’une me-<lb/> priſe — Jl y a bien d’autres genres de comique — mais je<lb/><cb/> n’ai jamais vu ce qui s’apelle rire de tout ſon coeur — que<lb/> dans ces cas approchans de ceux, dont je viens de parler.</hi><lb/> Jn der Borrede zum <hi rendition="#aq">Enſant prodigue.</hi></note> Es faͤllt aber meiſtentheils ins<lb/> Niedrige. Wenn Perſonen von Geſchmak uͤber der-<lb/> gleichen Ungereimtheiten lachen ſollen, ſo muͤſſen<lb/> ſie doch etwas feines haben, der Wiederſpruch muß<lb/> nicht ſogleich in die Augen fallen, es muß ei-<lb/> niger Scharfſinn dazu gehoͤren, ihn zu fuͤhlen, oder<lb/> das Ungereimte muß ſeltſam und auſſerordentlich<lb/> ſeyn.</p><lb/> <p>Hernach wird auch das blos Unwahre, oder Un-<lb/> vollkommene, wenn es bis zur Ungereimtheit ſteigt,<lb/> laͤcherlich; wie man an vielen uͤbertriebenen Carri-<lb/> caturen ſieht. Und denn bekommt es noch einen<lb/> ſtaͤrkern Reiz, wenn es unter dem Schein des Ern-<lb/> ſtes noch mit Nachdruk ausgezeichnet wird. So<lb/> iſt die ungeheure Prahlerey des <hi rendition="#aq">Miles glorioſus</hi><lb/> beym <hi rendition="#aq">Plantus</hi> laͤcherlich, wenn er ſagt:</p><lb/> <cit> <quote> <hi rendition="#aq">Poſtridie natus ſum ego — quam Jupiter ex Ope<lb/> natus erat.</hi> </quote> </cit><lb/> <p>Und wird es noch mehr, wenn ſein Knecht mit ernſt-<lb/> hafter Mine hinzuthut:</p><lb/> <cit> <quote> <hi rendition="#aq">Si hic pridie natus ſoret quam ille, hic haberet<lb/> regnum in cœlo.</hi> <note place="foot" n="(*)"> <hi rendition="#aq">Mil.<lb/> Gior. Act.<lb/> IV. ſ. a.</hi> </note> </quote> </cit><lb/> <p>Drittens wird dieſes Laͤcherliche auch durch unge-<lb/> reimte Anwendung, oder Deutung an ſich richtiger<lb/> Gedanken, oder Worte hervorgebracht. Dadurch<lb/> wird entweder der, deſſen Worten man einen unge-<lb/> reimten Sinn andichtet, oder der, welcher ſie auf<lb/> eine ungereimte Weiſe verſteht, laͤcherlich. Als<lb/> Antiochus, den Hannibal gegen die Roͤmer aufwie-<lb/> gelte, dieſem Feldhern ſein Heer zeigte, welches un-<lb/> gemein praͤchtig und reich geruͤſtet, ſonſt aber ver-<lb/> muthlich ſchlecht war, und ihn hernach fragte, ob<lb/> er nicht glaubte, daß dieſes fuͤr die Roͤmer hinlaͤng-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">M m m m 3</fw><fw place="bottom" type="catch">lich</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [645/0080]
Laͤch
Laͤch
das Lachen auf. Jch habe bey der undermutheten
Erſcheinung einer innigſt geliebten Perſon, die man
hundert Meilen entfernt glaubte, ein lautes Lachen
gehoͤrt, das bald den Thraͤnen der zaͤrtlichſten Freude
Platz machte. Jn dem erſten Augenblik der Er-
ſcheinung wuͤrkte blos die Vorſtellungskraft, die das
Seltſame und Unmoͤgliche der Sach fuͤhlte, daß eine
Perſon abweſend und doch gegenwaͤrtig ſeyn ſollte.
So bald die wuͤrkliche Gegenwart entſchieden, und
das Ungewiſſe verſchwunden war, uͤberließ man ſich
den Empfindungen des Herzens. Alſo dauert das
Lachen nur, ſo lange die Ungewißheit dauert, und
ſo lange die Sache raͤthſelhaft iſt. Darum beluſti-
get ſich kein Menſch mehr an den ſeltſameſten Taſchen-
ſpielerkuͤnſten, ſo bald er weiß, wie es damit zugeht;
darum lachen einige Menſchen uͤber Dinge, wobey
andre voͤllig gleichguͤltig bleiben; die Lacher haben
nicht Scharfſinn oder Aufmerkſamkeit genug, das
Raͤthſel anfzuloͤſen, oder die Ungewißheit zu heben.
Deswegen wird ſchon eine kuͤnſtlichere Verwiklung
der Sachen erfodert, ſcharfſinnige, als einfaͤltigere
Menſchen lachen zu machen.
Es ſcheinet, daß die verſchiedenen Arten des Laͤ-
cherlichen ſich auf zwey Hauptgattungen bringen
laſſen, die den zwey Hauptgattungen des Wahren
entgegengeſetzt ſind.
Die erſte Gattung entſtehet aus Vereinigung
ſolcher Dinge, die nach unſern Begriffen unmoͤglich
zugleich ſeyn koͤnnen; weil eines das andere auf-
hebt. Die zweyte aus Vereinigung der Dinge,
fuͤr welche kein Grund anzugeben, deren Zuſam-
menhang unbegreiflich und abentheuerlich iſt. Wir
wollen der erſten Gattung den Namen des ungereim-
ten, der andern, des abentheuerlichen Laͤcherlichen
geben. Jede faßt mehrere beſondere Arten in ſich;
aber es wuͤrde zu weitlaͤnftig ſeyn, alle auseinan-
der zu ſetzen. Folgendes kann zur Probe hinlaͤng-
lich ſeyn.
Das ungereimt Laͤcherliche entſtehet auf verſchie-
dene Weiſe: zuerſt aus dem Wiederſprechenden.
Wenn ein Gek klug, ein Furchtſamer beherzt; eine
haͤßliche Alte ſchoͤn und jung, ein Unwiſſender ge-
lehrt thut, und dergleichen; ſo fallen ſie voͤllig ins
Laͤcherliche. Beyſpiele davon ſind uͤberall im Ueber-
fluß anzutreffen. Man macht alſo die Menſchen
laͤcherlich, deren Reden und Handlungen ſo vorge-
ſtellt werden, daß dieſes Wiederſprechende darin auf-
faͤlt. Sehr ofte macht man uns in der Comoͤdie
lachen, wenn man Leute gerade das Gegentheil
von dem thun laͤßt, was ſie ſich zu thun einbilden;
oder wenn ihnen das Gegentheil von dem begegnet,
was ſie erwarten; wenn wir nur nicht uns im Ernſt
fuͤr ſie intreßiren. Voltaire haͤlt ohne Grund die-
ſes fuͤr das einzige Laͤcherliche, das ein lantes La-
chen erweke. (†) Es faͤllt aber meiſtentheils ins
Niedrige. Wenn Perſonen von Geſchmak uͤber der-
gleichen Ungereimtheiten lachen ſollen, ſo muͤſſen
ſie doch etwas feines haben, der Wiederſpruch muß
nicht ſogleich in die Augen fallen, es muß ei-
niger Scharfſinn dazu gehoͤren, ihn zu fuͤhlen, oder
das Ungereimte muß ſeltſam und auſſerordentlich
ſeyn.
Hernach wird auch das blos Unwahre, oder Un-
vollkommene, wenn es bis zur Ungereimtheit ſteigt,
laͤcherlich; wie man an vielen uͤbertriebenen Carri-
caturen ſieht. Und denn bekommt es noch einen
ſtaͤrkern Reiz, wenn es unter dem Schein des Ern-
ſtes noch mit Nachdruk ausgezeichnet wird. So
iſt die ungeheure Prahlerey des Miles glorioſus
beym Plantus laͤcherlich, wenn er ſagt:
Poſtridie natus ſum ego — quam Jupiter ex Ope
natus erat.
Und wird es noch mehr, wenn ſein Knecht mit ernſt-
hafter Mine hinzuthut:
Si hic pridie natus ſoret quam ille, hic haberet
regnum in cœlo. (*)
Drittens wird dieſes Laͤcherliche auch durch unge-
reimte Anwendung, oder Deutung an ſich richtiger
Gedanken, oder Worte hervorgebracht. Dadurch
wird entweder der, deſſen Worten man einen unge-
reimten Sinn andichtet, oder der, welcher ſie auf
eine ungereimte Weiſe verſteht, laͤcherlich. Als
Antiochus, den Hannibal gegen die Roͤmer aufwie-
gelte, dieſem Feldhern ſein Heer zeigte, welches un-
gemein praͤchtig und reich geruͤſtet, ſonſt aber ver-
muthlich ſchlecht war, und ihn hernach fragte, ob
er nicht glaubte, daß dieſes fuͤr die Roͤmer hinlaͤng-
lich
(†)
J’ai cru remarquer qu’ il ne s’élève presque ja-
mais des éclats de nire univerſels qu’ à l’occaſion d’une me-
priſe — Jl y a bien d’autres genres de comique — mais je
n’ai jamais vu ce qui s’apelle rire de tout ſon coeur — que
dans ces cas approchans de ceux, dont je viens de parler.
Jn der Borrede zum Enſant prodigue.
(*) Mil.
Gior. Act.
IV. ſ. a.
M m m m 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |