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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774.

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[Spaltenumbruch]

Tak
theile in Absicht ihres verschiedenen Gewichts und
der darauf zu legenden Accente ist nach dem, was
von den geraden Taktarten gesagt worden, leicht zu
machen. Doch ist von dem Tripeltakt noch anzu-
merken, daß die zweyte Zeit auch lang gebraucht
werden kann: doch nur in dem Fall, wenn der Ein-
schnitt auf der ersten Zeit fällt, wie hier:
[Abbildung] Jst die Bewegung aber geschwind, oder besteht der
Takt aus triplirten Zeiten, wie der , der und
die übrigen auf diese Art entstehende Takte, so hat
der Tripel allezeit die erste Quantität, nemlich - ,
und die übrigen Zeiten verhalten sich unter sich,
nachdem sie gerade oder ungerade sind. Z. B.

[Abbildung]

Nach dem, was von der innern Quantität der
Takttheile angezeiget worden, bedarf es wol keines
Beweises, daß der von dem , oder der von
dem 3/4, obgleich beyde Takte dieselbe Anzahl einerley
Notengattungen in sich begreifen, durch das verschie-
dene Taktgewicht unendlich von einander unterschie-
den sind. Folgende Vorstellung macht diese Ver-
schiedenheit deutlich:

[Abbildung]

Nun bleibt uns noch anzuzeigen übrig, 1) wie
zwey Takte zusammengesezt, und in eins gezogen
werden können, 2) von welcher Nothwendigkeit die
zusammengesezten Taktarten, und 3) wie sie von
den einfachen unterschieden sind. Um sich von allen
diesem einen deutlichen Begriff zu machen, versu-
che man über diese Worte: Ewig in der Herr-
lichkeit!
Noten von gehöriger Länge und Kürze mit
Beobachtung der Accente und des Taktgewichts zu
legen. Da es lauter Spondäen sind, so scheint ein
[Spaltenumbruch]

Tak
Takt von zwey Zeiten, z. B. der Takt hiezu am
schiklichsten zu seyn; folglich stünden die Noten also:
[Abbildung] Die langen und kurzen Sylben des poetischen Fußes
wären genau beobachtet; die Schlußnote fiel auf
die erste Taktnote, und der Rhythmus wäre voll-
kommen richtig. Aber man bemerke, daß das Wort
in und die lezte Sylbe von Herrlichkeit, die doch
in der Aussprache von gar keiner Wichtigkeit sind,
hier, da sie auf der ersten Note des Taktes fallen,
das gröste Gewicht erhalten. Dieses nun zu ver-
meiden, ist auf keine andere Weise möglich, als
wenn man zwey dieser Takte zusammenzieht, und
daraus nur einen einzigen macht, also:
[Abbildung] Dadurch werden die beyden Sylben in der Mitte
des Takts, und zwar auf dessen schwache oder kurze
Zeit gebracht, wo sie zwar auch noch einen Accent
behalten, der aber lange nicht so schweer, als der
erste, und bey der lezten, als Schlußsylbe, noth-
wendig ist. Ein entgegengeseztes Beyspiehl wird
dieses noch deutlicher machen. Man verseze die-
sen Saz:
[Abbildung] in den zusammengesezten geraden Takt, so werden
die Wörter mein und sein allen Nachdruk verlieren,
weil sie nicht Taktgewicht genug erhalten. So wie
nun in zwey Versen, die übrigens aus denselben
Füßen bestehen, das Hauptwort bald vorn, bald in
der Mitte, bald am Ende stehen kann, so können
auch zwey melodische Säze, die aus denselben No-
tengattungen, und demselben Takt- oder Zeitmaaß be-
stehen, den Accent an verschiedenen Orten haben. Jn
der Poesie bringt dieser Umstand keine Veränderung
der Versart hervor; in der Musik hingegen wird
dadurch der Takt bestimmt, der den Ort des Ac-
cents und sein Gewicht allemal angiebt, die als-
denn, so lange das Stük in demselben Takt fort-
gehet, durchgängig festgesezt bleiben. Daher
wenn der Gesang die Eintheilung des Takts hat,
aber den Hauptaccent nicht bey jeder ersten Takt-
note, sondern nur von zwey zu zwey Takten ver-

trägt,

[Spaltenumbruch]

Tak
theile in Abſicht ihres verſchiedenen Gewichts und
der darauf zu legenden Accente iſt nach dem, was
von den geraden Taktarten geſagt worden, leicht zu
machen. Doch iſt von dem Tripeltakt noch anzu-
merken, daß die zweyte Zeit auch lang gebraucht
werden kann: doch nur in dem Fall, wenn der Ein-
ſchnitt auf der erſten Zeit faͤllt, wie hier:
[Abbildung] Jſt die Bewegung aber geſchwind, oder beſteht der
Takt aus triplirten Zeiten, wie der , der und
die uͤbrigen auf dieſe Art entſtehende Takte, ſo hat
der Tripel allezeit die erſte Quantitaͤt, nemlich - 𝆤𝆤,
und die uͤbrigen Zeiten verhalten ſich unter ſich,
nachdem ſie gerade oder ungerade ſind. Z. B.

[Abbildung]

Nach dem, was von der innern Quantitaͤt der
Takttheile angezeiget worden, bedarf es wol keines
Beweiſes, daß der von dem , oder der von
dem ¾, obgleich beyde Takte dieſelbe Anzahl einerley
Notengattungen in ſich begreifen, durch das verſchie-
dene Taktgewicht unendlich von einander unterſchie-
den ſind. Folgende Vorſtellung macht dieſe Ver-
ſchiedenheit deutlich:

[Abbildung]

Nun bleibt uns noch anzuzeigen uͤbrig, 1) wie
zwey Takte zuſammengeſezt, und in eins gezogen
werden koͤnnen, 2) von welcher Nothwendigkeit die
zuſammengeſezten Taktarten, und 3) wie ſie von
den einfachen unterſchieden ſind. Um ſich von allen
dieſem einen deutlichen Begriff zu machen, verſu-
che man uͤber dieſe Worte: Ewig in der Herr-
lichkeit!
Noten von gehoͤriger Laͤnge und Kuͤrze mit
Beobachtung der Accente und des Taktgewichts zu
legen. Da es lauter Spondaͤen ſind, ſo ſcheint ein
[Spaltenumbruch]

Tak
Takt von zwey Zeiten, z. B. der Takt hiezu am
ſchiklichſten zu ſeyn; folglich ſtuͤnden die Noten alſo:
[Abbildung] Die langen und kurzen Sylben des poetiſchen Fußes
waͤren genau beobachtet; die Schlußnote fiel auf
die erſte Taktnote, und der Rhythmus waͤre voll-
kommen richtig. Aber man bemerke, daß das Wort
in und die lezte Sylbe von Herrlichkeit, die doch
in der Ausſprache von gar keiner Wichtigkeit ſind,
hier, da ſie auf der erſten Note des Taktes fallen,
das groͤſte Gewicht erhalten. Dieſes nun zu ver-
meiden, iſt auf keine andere Weiſe moͤglich, als
wenn man zwey dieſer Takte zuſammenzieht, und
daraus nur einen einzigen macht, alſo:
[Abbildung] Dadurch werden die beyden Sylben in der Mitte
des Takts, und zwar auf deſſen ſchwache oder kurze
Zeit gebracht, wo ſie zwar auch noch einen Accent
behalten, der aber lange nicht ſo ſchweer, als der
erſte, und bey der lezten, als Schlußſylbe, noth-
wendig iſt. Ein entgegengeſeztes Beyſpiehl wird
dieſes noch deutlicher machen. Man verſeze die-
ſen Saz:
[Abbildung] in den zuſammengeſezten geraden Takt, ſo werden
die Woͤrter mein und ſein allen Nachdruk verlieren,
weil ſie nicht Taktgewicht genug erhalten. So wie
nun in zwey Verſen, die uͤbrigens aus denſelben
Fuͤßen beſtehen, das Hauptwort bald vorn, bald in
der Mitte, bald am Ende ſtehen kann, ſo koͤnnen
auch zwey melodiſche Saͤze, die aus denſelben No-
tengattungen, und demſelben Takt- oder Zeitmaaß be-
ſtehen, den Accent an verſchiedenen Orten haben. Jn
der Poeſie bringt dieſer Umſtand keine Veraͤnderung
der Versart hervor; in der Muſik hingegen wird
dadurch der Takt beſtimmt, der den Ort des Ac-
cents und ſein Gewicht allemal angiebt, die als-
denn, ſo lange das Stuͤk in demſelben Takt fort-
gehet, durchgaͤngig feſtgeſezt bleiben. Daher
wenn der Geſang die Eintheilung des Takts hat,
aber den Hauptaccent nicht bey jeder erſten Takt-
note, ſondern nur von zwey zu zwey Takten ver-

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[1137[1119]/0566] Tak Tak theile in Abſicht ihres verſchiedenen Gewichts und der darauf zu legenden Accente iſt nach dem, was von den geraden Taktarten geſagt worden, leicht zu machen. Doch iſt von dem Tripeltakt noch anzu- merken, daß die zweyte Zeit auch lang gebraucht werden kann: doch nur in dem Fall, wenn der Ein- ſchnitt auf der erſten Zeit faͤllt, wie hier: [Abbildung] Jſt die Bewegung aber geſchwind, oder beſteht der Takt aus triplirten Zeiten, wie der [FORMEL], der [FORMEL] und die uͤbrigen auf dieſe Art entſtehende Takte, ſo hat der Tripel allezeit die erſte Quantitaͤt, nemlich - 𝆤𝆤, und die uͤbrigen Zeiten verhalten ſich unter ſich, nachdem ſie gerade oder ungerade ſind. Z. B. [Abbildung] Nach dem, was von der innern Quantitaͤt der Takttheile angezeiget worden, bedarf es wol keines Beweiſes, daß der [FORMEL] von dem [FORMEL], oder der [FORMEL] von dem ¾, obgleich beyde Takte dieſelbe Anzahl einerley Notengattungen in ſich begreifen, durch das verſchie- dene Taktgewicht unendlich von einander unterſchie- den ſind. Folgende Vorſtellung macht dieſe Ver- ſchiedenheit deutlich: [Abbildung] Nun bleibt uns noch anzuzeigen uͤbrig, 1) wie zwey Takte zuſammengeſezt, und in eins gezogen werden koͤnnen, 2) von welcher Nothwendigkeit die zuſammengeſezten Taktarten, und 3) wie ſie von den einfachen unterſchieden ſind. Um ſich von allen dieſem einen deutlichen Begriff zu machen, verſu- che man uͤber dieſe Worte: Ewig in der Herr- lichkeit! Noten von gehoͤriger Laͤnge und Kuͤrze mit Beobachtung der Accente und des Taktgewichts zu legen. Da es lauter Spondaͤen ſind, ſo ſcheint ein Takt von zwey Zeiten, z. B. der [FORMEL] Takt hiezu am ſchiklichſten zu ſeyn; folglich ſtuͤnden die Noten alſo: [Abbildung] Die langen und kurzen Sylben des poetiſchen Fußes waͤren genau beobachtet; die Schlußnote fiel auf die erſte Taktnote, und der Rhythmus waͤre voll- kommen richtig. Aber man bemerke, daß das Wort in und die lezte Sylbe von Herrlichkeit, die doch in der Ausſprache von gar keiner Wichtigkeit ſind, hier, da ſie auf der erſten Note des Taktes fallen, das groͤſte Gewicht erhalten. Dieſes nun zu ver- meiden, iſt auf keine andere Weiſe moͤglich, als wenn man zwey dieſer Takte zuſammenzieht, und daraus nur einen einzigen macht, alſo: [Abbildung] Dadurch werden die beyden Sylben in der Mitte des Takts, und zwar auf deſſen ſchwache oder kurze Zeit gebracht, wo ſie zwar auch noch einen Accent behalten, der aber lange nicht ſo ſchweer, als der erſte, und bey der lezten, als Schlußſylbe, noth- wendig iſt. Ein entgegengeſeztes Beyſpiehl wird dieſes noch deutlicher machen. Man verſeze die- ſen Saz: [Abbildung] in den zuſammengeſezten geraden Takt, ſo werden die Woͤrter mein und ſein allen Nachdruk verlieren, weil ſie nicht Taktgewicht genug erhalten. So wie nun in zwey Verſen, die uͤbrigens aus denſelben Fuͤßen beſtehen, das Hauptwort bald vorn, bald in der Mitte, bald am Ende ſtehen kann, ſo koͤnnen auch zwey melodiſche Saͤze, die aus denſelben No- tengattungen, und demſelben Takt- oder Zeitmaaß be- ſtehen, den Accent an verſchiedenen Orten haben. Jn der Poeſie bringt dieſer Umſtand keine Veraͤnderung der Versart hervor; in der Muſik hingegen wird dadurch der Takt beſtimmt, der den Ort des Ac- cents und ſein Gewicht allemal angiebt, die als- denn, ſo lange das Stuͤk in demſelben Takt fort- gehet, durchgaͤngig feſtgeſezt bleiben. Daher wenn der Geſang die Eintheilung des [FORMEL] Takts hat, aber den Hauptaccent nicht bey jeder erſten Takt- note, ſondern nur von zwey zu zwey Takten ver- traͤgt,

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774, S. 1137[1119]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774/566>, abgerufen am 24.11.2024.