Sprang das erbebende Wild. Man hörte durch Wü- sten der Vögel Zages Gekreisch -- (*).
Und dieser im Streit so fürchterliche Held, hat ein Herz voll Großmuth, voll Zärtlichkeit und voll Bescheidenheit. Man denke nach, ob folgende Züge dieses Urtheil bestätigen.
Gwaran, König von Scandinavien, ein finsterer, troziger und grausamer Fürst, hatte einen Einfall in Jrland gethan und Fingal war auch mit einer Flotte dahin gekommen, um dem noch minderjäh- rigen König in Jrland Hülfe zu leisten. Vor der Hauptschlacht hatte Fingal, wie es damals gebräuch- lich war, den Swaran freundschaftlich auf ein Mahl eingeladen; aber dieser hatte die Einladung brutal abgeschlagen. Diesen Swaran überwand Fingal in einem Zweykampf, nahm ihn gefangen und übergab ihn zween seiner Helden mit dieser Empfehlung:
-- Bewahret Lochlins Gebiethern! Er gleichet an Stärke den zahl- losen Wogen Seiner Meere. Sein Arm ist Meister im Kampfe, von altem Heldengeschlechte sein Blut. Du, meiner versuchtesten erster, Gaul! und Oßian! du, der Lieder Gewaltiger! thut euch Freundlich zum Bruder der Angadecca! Durch eure Gespräche Schwinde sein Trübsinn dahin. (*)
Aber der wilde Swaran war nicht zu besänftigen. Als er nach vollendeter Schlacht zu Fingals Gast- mahl gezogen wurd, erschien er in finsterer Traurig- keit da. Dieses schmerzet unsern Helden, er sagt:
Ullin (*) Erhebe den Friedengesang, -- -- -- -- -- Hundert Harfen die will ich hier nahe. Sie sollen mir Swarans Seele vergnügen. Jch will ihn in Freuden entlassen; Denn keiner Schied noch traurig von mir. (*)
Die Art wie Fingal dem überwundenen Feind den Frieden anbiethet und ihn mit seinem Heere von sich läßt, ist so großmüthig, daß der wilde Swaran selbst davon gerührt wird. Er biethet dem Sieger wenig- stens die Schiffe an, die ihre Mannschaft verlohren hatten; aber es wird nicht angenommen.
[Spaltenumbruch]
Oßi
Kein Fahrzeug, Sagte der König: noch irgend ein Land mit Hügeln besezet, Nimmt sich Fingal zur Gabe, genugsam mit seinen Gebirgen Seinen Wäldern und Hirschen beglüket.
Auf die edelste Art tröstet er ihn noch.
Tilge dein Grämen, o Swaran hinweg! Auch wenn sie besiegt sind Bleiben die Tapfern berühmt. Die Sonne verhüllet zuweilen Tief in die südlichen Wolken ihr Antliz; doch bliket sie wieder Ueber die grasigten Höhen herunter.
Er entläßt endlich seinen Ueberwundenen unter der Abschiedsrede, die den bescheidenen Helden in seiner Größe zeiget:
-- Ja Swaran! -- heut hat den Gipfel Seiner Größe bestiegen der Ruhm von Swaran und Fingal. Aber wir werden, wie Träume, vergehn. Jn keinem Gefielde Wird man mehr hören den Schall von unsern Schlach- ten. Die Gräber Selbsten, die werden verschwinden und Jäger verge- bens den Wohnstz Unserer Ruhe die Flächendurch suchen.
Eben diese Großmuth und Bescheidenheit zeiget unser Held bey jedem Sieg, wie ungerecht, wie be- leidigend auch der überwundene Feind mochte gewe- sen seyn. Um den höchsten Contrast in Charaktern zu fühlen, erinnere man sich der Wuth mit welcher Achilles gegen den Hektor getobet; weil dieser seinen Freund im Streit erlegt hatte: und denn seze man Fingals Betragen gegen Cathmor den Jrländischen Hektor, den ersterer im Zweykampf überwunden und gefangen genommen hatte, dagegen. Unmittelbar nach dem Sieg sagt der Held zum überwundenen Feind, der den Abend zuvor den Fillan, Fingals geliebte- sten Sohn mit eigener Hand umgebracht hatte:
-- Nun folge zum Hügel Meines Mahles mir nach! Gewaltige siegen nicht immer. Fingal flammet nicht auf in erlegener Feinde Gesichte, Jauchzet nicht über des tapseren Fall.
Aber es findet sich, daß Cathmor tödtlich verwundet ist. Er bezeuget sein Verlangen nahe bey seinem Wohnsiz begraben zu werden, worauf Fingal:
König
(*) Te- mora VII Buch.
(*) Fin- gal V Buch
(*) Die- ser war der Hauptbar- de Fingals.
(*) Fin- gal. VI B.
[Spaltenumbruch]
Oßi
Sprang das erbebende Wild. Man hoͤrte durch Wuͤ- ſten der Voͤgel Zages Gekreiſch — (*).
Und dieſer im Streit ſo fuͤrchterliche Held, hat ein Herz voll Großmuth, voll Zaͤrtlichkeit und voll Beſcheidenheit. Man denke nach, ob folgende Zuͤge dieſes Urtheil beſtaͤtigen.
Gwaran, Koͤnig von Scandinavien, ein finſterer, troziger und grauſamer Fuͤrſt, hatte einen Einfall in Jrland gethan und Fingal war auch mit einer Flotte dahin gekommen, um dem noch minderjaͤh- rigen Koͤnig in Jrland Huͤlfe zu leiſten. Vor der Hauptſchlacht hatte Fingal, wie es damals gebraͤuch- lich war, den Swaran freundſchaftlich auf ein Mahl eingeladen; aber dieſer hatte die Einladung brutal abgeſchlagen. Dieſen Swaran uͤberwand Fingal in einem Zweykampf, nahm ihn gefangen und uͤbergab ihn zween ſeiner Helden mit dieſer Empfehlung:
— Bewahret Lochlins Gebiethern! Er gleichet an Staͤrke den zahl- loſen Wogen Seiner Meere. Sein Arm iſt Meiſter im Kampfe, von altem Heldengeſchlechte ſein Blut. Du, meiner verſuchteſten erſter, Gaul! und Oßian! du, der Lieder Gewaltiger! thut euch Freundlich zum Bruder der Angadecca! Durch eure Geſpraͤche Schwinde ſein Truͤbſinn dahin. (*)
Aber der wilde Swaran war nicht zu beſaͤnftigen. Als er nach vollendeter Schlacht zu Fingals Gaſt- mahl gezogen wurd, erſchien er in finſterer Traurig- keit da. Dieſes ſchmerzet unſern Helden, er ſagt:
Ullin (*) Erhebe den Friedengeſang, — — — — — Hundert Harfen die will ich hier nahe. Sie ſollen mir Swarans Seele vergnuͤgen. Jch will ihn in Freuden entlaſſen; Denn keiner Schied noch traurig von mir. (*)
Die Art wie Fingal dem uͤberwundenen Feind den Frieden anbiethet und ihn mit ſeinem Heere von ſich laͤßt, iſt ſo großmuͤthig, daß der wilde Swaran ſelbſt davon geruͤhrt wird. Er biethet dem Sieger wenig- ſtens die Schiffe an, die ihre Mannſchaft verlohren hatten; aber es wird nicht angenommen.
[Spaltenumbruch]
Oßi
Kein Fahrzeug, Sagte der Koͤnig: noch irgend ein Land mit Huͤgeln beſezet, Nimmt ſich Fingal zur Gabe, genugſam mit ſeinen Gebirgen Seinen Waͤldern und Hirſchen begluͤket.
Auf die edelſte Art troͤſtet er ihn noch.
Tilge dein Graͤmen, o Swaran hinweg! Auch wenn ſie beſiegt ſind Bleiben die Tapfern beruͤhmt. Die Sonne verhuͤllet zuweilen Tief in die ſuͤdlichen Wolken ihr Antliz; doch bliket ſie wieder Ueber die graſigten Hoͤhen herunter.
Er entlaͤßt endlich ſeinen Ueberwundenen unter der Abſchiedsrede, die den beſcheidenen Helden in ſeiner Groͤße zeiget:
— Ja Swaran! — heut hat den Gipfel Seiner Groͤße beſtiegen der Ruhm von Swaran und Fingal. Aber wir werden, wie Traͤume, vergehn. Jn keinem Gefielde Wird man mehr hoͤren den Schall von unſern Schlach- ten. Die Graͤber Selbſten, die werden verſchwinden und Jaͤger verge- bens den Wohnſtz Unſerer Ruhe die Flaͤchendurch ſuchen.
Eben dieſe Großmuth und Beſcheidenheit zeiget unſer Held bey jedem Sieg, wie ungerecht, wie be- leidigend auch der uͤberwundene Feind mochte gewe- ſen ſeyn. Um den hoͤchſten Contraſt in Charaktern zu fuͤhlen, erinnere man ſich der Wuth mit welcher Achilles gegen den Hektor getobet; weil dieſer ſeinen Freund im Streit erlegt hatte: und denn ſeze man Fingals Betragen gegen Cathmor den Jrlaͤndiſchen Hektor, den erſterer im Zweykampf uͤberwunden und gefangen genommen hatte, dagegen. Unmittelbar nach dem Sieg ſagt der Held zum uͤberwundenen Feind, der den Abend zuvor den Fillan, Fingals geliebte- ſten Sohn mit eigener Hand umgebracht hatte:
— Nun folge zum Huͤgel Meines Mahles mir nach! Gewaltige ſiegen nicht immer. Fingal flammet nicht auf in erlegener Feinde Geſichte, Jauchzet nicht uͤber des tapſeren Fall.
Aber es findet ſich, daß Cathmor toͤdtlich verwundet iſt. Er bezeuget ſein Verlangen nahe bey ſeinem Wohnſiz begraben zu werden, worauf Fingal:
Koͤnig
(*) Te- mora VII Buch.
(*) Fin- gal V Buch
(*) Die- ſer war der Hauptbar- de Fingals.
(*) Fin- gal. VI B.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><cit><quote><pbfacs="#f0287"n="870[852]"/><cb/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Oßi</hi></fw><lb/>
Sprang das erbebende Wild. Man hoͤrte durch Wuͤ-<lb/><hirendition="#et">ſten der Voͤgel</hi><lb/>
Zages Gekreiſch —<noteplace="foot"n="(*)">Te-<lb/>
mora <hirendition="#aq">VII</hi><lb/>
Buch.</note>.</quote></cit><lb/><p>Und dieſer im Streit ſo fuͤrchterliche Held, hat ein<lb/>
Herz voll Großmuth, voll Zaͤrtlichkeit und voll<lb/>
Beſcheidenheit. Man denke nach, ob folgende<lb/>
Zuͤge dieſes Urtheil beſtaͤtigen.</p><lb/><p>Gwaran, Koͤnig von Scandinavien, ein finſterer,<lb/>
troziger und grauſamer Fuͤrſt, hatte einen Einfall<lb/>
in Jrland gethan und Fingal war auch mit einer<lb/>
Flotte dahin gekommen, um dem noch minderjaͤh-<lb/>
rigen Koͤnig in Jrland Huͤlfe zu leiſten. Vor der<lb/>
Hauptſchlacht hatte Fingal, wie es damals gebraͤuch-<lb/>
lich war, den Swaran freundſchaftlich auf ein Mahl<lb/>
eingeladen; aber dieſer hatte die Einladung brutal<lb/>
abgeſchlagen. Dieſen Swaran uͤberwand Fingal in<lb/>
einem Zweykampf, nahm ihn gefangen und uͤbergab<lb/>
ihn zween ſeiner Helden mit dieſer Empfehlung:</p><lb/><cit><quote><hirendition="#et">— Bewahret<lb/>
Lochlins Gebiethern! Er gleichet an Staͤrke den zahl-<lb/>
loſen Wogen<lb/>
Seiner Meere. Sein Arm iſt Meiſter im Kampfe,<lb/>
von altem<lb/>
Heldengeſchlechte ſein Blut. Du, meiner verſuchteſten<lb/>
erſter,<lb/>
Gaul! und Oßian! du, der Lieder Gewaltiger! thut<lb/>
euch<lb/>
Freundlich zum Bruder der Angadecca! Durch eure<lb/>
Geſpraͤche<lb/>
Schwinde ſein Truͤbſinn dahin. <noteplace="foot"n="(*)">Fin-<lb/>
gal <hirendition="#aq">V</hi> Buch</note></hi></quote></cit><lb/><p>Aber der wilde Swaran war nicht zu beſaͤnftigen.<lb/>
Als er nach vollendeter Schlacht zu Fingals Gaſt-<lb/>
mahl gezogen wurd, erſchien er in finſterer Traurig-<lb/>
keit da. Dieſes ſchmerzet unſern Helden, er ſagt:</p><lb/><cit><quote><hirendition="#et">Ullin <noteplace="foot"n="(*)">Die-<lb/>ſer war der<lb/>
Hauptbar-<lb/>
de Fingals.</note> Erhebe den Friedengeſang, ———<lb/>——<lb/>
Hundert Harfen die will ich hier nahe. Sie ſollen mir<lb/>
Swarans<lb/>
Seele vergnuͤgen. Jch will ihn in Freuden entlaſſen;<lb/>
Denn keiner<lb/>
Schied noch traurig von mir. <noteplace="foot"n="(*)">Fin-<lb/>
gal. <hirendition="#aq">VI</hi> B.</note></hi></quote></cit><lb/><p>Die Art wie Fingal dem uͤberwundenen Feind den<lb/>
Frieden anbiethet und ihn mit ſeinem Heere von ſich<lb/>
laͤßt, iſt ſo großmuͤthig, daß der wilde Swaran ſelbſt<lb/>
davon geruͤhrt wird. Er biethet dem Sieger wenig-<lb/>ſtens die Schiffe an, die ihre Mannſchaft verlohren<lb/>
hatten; aber es wird nicht angenommen.</p><lb/><cb/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Oßi</hi></fw><lb/><cit><quote><hirendition="#et">Kein Fahrzeug,<lb/>
Sagte der Koͤnig: noch irgend ein Land mit Huͤgeln<lb/>
beſezet,<lb/>
Nimmt ſich Fingal zur Gabe, genugſam mit ſeinen<lb/>
Gebirgen<lb/>
Seinen Waͤldern und Hirſchen begluͤket.</hi></quote></cit><lb/><p>Auf die edelſte Art troͤſtet er ihn noch.</p><lb/><cit><quote><hirendition="#et">Tilge dein Graͤmen, o Swaran hinweg! Auch wenn ſie<lb/>
beſiegt ſind<lb/>
Bleiben die Tapfern beruͤhmt. Die Sonne verhuͤllet<lb/>
zuweilen<lb/>
Tief in die ſuͤdlichen Wolken ihr Antliz; doch bliket ſie<lb/>
wieder<lb/>
Ueber die graſigten Hoͤhen herunter.</hi></quote></cit><lb/><p>Er entlaͤßt endlich ſeinen Ueberwundenen unter der<lb/>
Abſchiedsrede, die den beſcheidenen Helden in ſeiner<lb/>
Groͤße zeiget:</p><lb/><cit><quote><hirendition="#et">— Ja Swaran! — heut hat den Gipfel<lb/>
Seiner Groͤße beſtiegen der Ruhm von Swaran und<lb/>
Fingal.<lb/>
Aber wir werden, wie Traͤume, vergehn. Jn keinem<lb/>
Gefielde<lb/>
Wird man mehr hoͤren den Schall von unſern Schlach-<lb/>
ten. Die Graͤber<lb/>
Selbſten, die werden verſchwinden und Jaͤger verge-<lb/>
bens den Wohnſtz<lb/>
Unſerer Ruhe die Flaͤchendurch ſuchen.</hi></quote></cit><lb/><p>Eben dieſe Großmuth und Beſcheidenheit zeiget<lb/>
unſer Held bey jedem Sieg, wie ungerecht, wie be-<lb/>
leidigend auch der uͤberwundene Feind mochte gewe-<lb/>ſen ſeyn. Um den hoͤchſten Contraſt in Charaktern<lb/>
zu fuͤhlen, erinnere man ſich der Wuth mit welcher<lb/>
Achilles gegen den Hektor getobet; weil dieſer ſeinen<lb/>
Freund im Streit erlegt hatte: und denn ſeze man<lb/>
Fingals Betragen gegen Cathmor den Jrlaͤndiſchen<lb/>
Hektor, den erſterer im Zweykampf uͤberwunden und<lb/>
gefangen genommen hatte, dagegen. Unmittelbar<lb/>
nach dem Sieg ſagt der Held zum uͤberwundenen Feind,<lb/>
der den Abend zuvor den Fillan, Fingals geliebte-<lb/>ſten Sohn mit eigener Hand umgebracht hatte:</p><lb/><cit><quote><hirendition="#et">— Nun folge zum Huͤgel<lb/>
Meines Mahles mir nach! Gewaltige ſiegen nicht<lb/>
immer.<lb/>
Fingal flammet nicht auf in erlegener Feinde Geſichte,<lb/>
Jauchzet nicht uͤber des tapſeren Fall.</hi></quote></cit><lb/><p>Aber es findet ſich, daß Cathmor toͤdtlich verwundet<lb/>
iſt. Er bezeuget ſein Verlangen nahe bey ſeinem<lb/>
Wohnſiz begraben zu werden, worauf Fingal:</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Koͤnig</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[870[852]/0287]
Oßi
Oßi
Sprang das erbebende Wild. Man hoͤrte durch Wuͤ-
ſten der Voͤgel
Zages Gekreiſch — (*).
Und dieſer im Streit ſo fuͤrchterliche Held, hat ein
Herz voll Großmuth, voll Zaͤrtlichkeit und voll
Beſcheidenheit. Man denke nach, ob folgende
Zuͤge dieſes Urtheil beſtaͤtigen.
Gwaran, Koͤnig von Scandinavien, ein finſterer,
troziger und grauſamer Fuͤrſt, hatte einen Einfall
in Jrland gethan und Fingal war auch mit einer
Flotte dahin gekommen, um dem noch minderjaͤh-
rigen Koͤnig in Jrland Huͤlfe zu leiſten. Vor der
Hauptſchlacht hatte Fingal, wie es damals gebraͤuch-
lich war, den Swaran freundſchaftlich auf ein Mahl
eingeladen; aber dieſer hatte die Einladung brutal
abgeſchlagen. Dieſen Swaran uͤberwand Fingal in
einem Zweykampf, nahm ihn gefangen und uͤbergab
ihn zween ſeiner Helden mit dieſer Empfehlung:
— Bewahret
Lochlins Gebiethern! Er gleichet an Staͤrke den zahl-
loſen Wogen
Seiner Meere. Sein Arm iſt Meiſter im Kampfe,
von altem
Heldengeſchlechte ſein Blut. Du, meiner verſuchteſten
erſter,
Gaul! und Oßian! du, der Lieder Gewaltiger! thut
euch
Freundlich zum Bruder der Angadecca! Durch eure
Geſpraͤche
Schwinde ſein Truͤbſinn dahin. (*)
Aber der wilde Swaran war nicht zu beſaͤnftigen.
Als er nach vollendeter Schlacht zu Fingals Gaſt-
mahl gezogen wurd, erſchien er in finſterer Traurig-
keit da. Dieſes ſchmerzet unſern Helden, er ſagt:
Ullin (*) Erhebe den Friedengeſang, — — —
— —
Hundert Harfen die will ich hier nahe. Sie ſollen mir
Swarans
Seele vergnuͤgen. Jch will ihn in Freuden entlaſſen;
Denn keiner
Schied noch traurig von mir. (*)
Die Art wie Fingal dem uͤberwundenen Feind den
Frieden anbiethet und ihn mit ſeinem Heere von ſich
laͤßt, iſt ſo großmuͤthig, daß der wilde Swaran ſelbſt
davon geruͤhrt wird. Er biethet dem Sieger wenig-
ſtens die Schiffe an, die ihre Mannſchaft verlohren
hatten; aber es wird nicht angenommen.
Kein Fahrzeug,
Sagte der Koͤnig: noch irgend ein Land mit Huͤgeln
beſezet,
Nimmt ſich Fingal zur Gabe, genugſam mit ſeinen
Gebirgen
Seinen Waͤldern und Hirſchen begluͤket.
Auf die edelſte Art troͤſtet er ihn noch.
Tilge dein Graͤmen, o Swaran hinweg! Auch wenn ſie
beſiegt ſind
Bleiben die Tapfern beruͤhmt. Die Sonne verhuͤllet
zuweilen
Tief in die ſuͤdlichen Wolken ihr Antliz; doch bliket ſie
wieder
Ueber die graſigten Hoͤhen herunter.
Er entlaͤßt endlich ſeinen Ueberwundenen unter der
Abſchiedsrede, die den beſcheidenen Helden in ſeiner
Groͤße zeiget:
— Ja Swaran! — heut hat den Gipfel
Seiner Groͤße beſtiegen der Ruhm von Swaran und
Fingal.
Aber wir werden, wie Traͤume, vergehn. Jn keinem
Gefielde
Wird man mehr hoͤren den Schall von unſern Schlach-
ten. Die Graͤber
Selbſten, die werden verſchwinden und Jaͤger verge-
bens den Wohnſtz
Unſerer Ruhe die Flaͤchendurch ſuchen.
Eben dieſe Großmuth und Beſcheidenheit zeiget
unſer Held bey jedem Sieg, wie ungerecht, wie be-
leidigend auch der uͤberwundene Feind mochte gewe-
ſen ſeyn. Um den hoͤchſten Contraſt in Charaktern
zu fuͤhlen, erinnere man ſich der Wuth mit welcher
Achilles gegen den Hektor getobet; weil dieſer ſeinen
Freund im Streit erlegt hatte: und denn ſeze man
Fingals Betragen gegen Cathmor den Jrlaͤndiſchen
Hektor, den erſterer im Zweykampf uͤberwunden und
gefangen genommen hatte, dagegen. Unmittelbar
nach dem Sieg ſagt der Held zum uͤberwundenen Feind,
der den Abend zuvor den Fillan, Fingals geliebte-
ſten Sohn mit eigener Hand umgebracht hatte:
— Nun folge zum Huͤgel
Meines Mahles mir nach! Gewaltige ſiegen nicht
immer.
Fingal flammet nicht auf in erlegener Feinde Geſichte,
Jauchzet nicht uͤber des tapſeren Fall.
Aber es findet ſich, daß Cathmor toͤdtlich verwundet
iſt. Er bezeuget ſein Verlangen nahe bey ſeinem
Wohnſiz begraben zu werden, worauf Fingal:
Koͤnig
(*) Te-
mora VII
Buch.
(*) Fin-
gal V Buch
(*) Die-
ſer war der
Hauptbar-
de Fingals.
(*) Fin-
gal. VI B.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774, S. 870[852]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774/287>, abgerufen am 30.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.