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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.

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Vorrede.

Dieses könnte nun zwar einem durchaus schlechten Werke nicht zur Rechtfertigung
dienen; aber es entschuldiget die, einem sonst guten Werk anklebenden Unvollkommen-
heiten, zumal wenn man, wie ich, wichtige Gründe gehabt hat, die Herausgabe nicht
länger zu verschieben. Hätte ich dieses gethan, und hätte ich das Werk so lange zurük
behalten sollen, bis ich damit zufrieden gewesen wäre, so würde es nie an den Tag
gekommen seyn. Also mußte ich mich entschließen, es entweder ganz zu unterdrüken,
oder mit allen Mängeln, die es hat, herauszugeben. Diese Mängel und Unvollkom-
menheiten werden wenig Leser so ausführlich darin erkennen, als ich selbst. Aber
ich will nicht mein eigener Tadler seyn, sondern vielmehr, so weit es sich schiket, den
Tadel, der auf mich fallen könnte, von mir ablehnen.

Anfänglich hatte ich mir vorgesetzt, keinen einzigen Artikel, der in einem solchen
Werke natürlicher Weise gesucht wird, wegzulassen. Aber die öftern Unterbrechun-
gen der Arbeit ließen mich bald sehen, daß ich darauf nicht würde bestehen können.
Jch hatte weder Zeit genug mich einer gänzlichen Vollständigkeit zu versichern, noch
Kenntnis genug gar alle in jeden Zweyg der Kunst einschlagende Artikel zu bear-
beiten. Daher kommt es also, daß einige Artikel vorsetzlich, andre aus Versehen,
weggeblieben sind, ob sie gleich eben so viel Anspruch auf den Platz hatten, als andre,
die da stehen. Unter anderm war ich erst willens alle große Männer, deren Werke
ich vor mich nehmen konnte, nach ihrem Genie zu charakterisiren, jedem großen Redner
und Dichter einen Artikel zu wiedmen, worüber man in diesem Theile einige Versuche
in den Artikeln Aeschylus, Euripides, Homer u. a. finden wird. Dieses auszüführen
war über meine Kräfte und über meine Zeit. Was aber darüber einmal entworffen
war, ließ ich stehen; um etwa künftige Verbesserer dieses Werks zu ermuntern, diesen
Mangel zu ersetzen.

Eine andre Unvollkommenheit des Werks liegt in der Ungleichheit, die man
zwischen verschiedenen Artikeln, sowol in der Behandlung der Materien, als in der
Schreibart antreffen wird. Einige Artikel sind länger, andre kürzer, als ich sie
gewünscht hätte; in einigen herrscht ein steifer dogmatischer Ton, andre sind etwas
andringlicher und wärmer vorgetragen; einige Materien sind etwas methodisch behan-
delt, da über andre nur einzele Anmerkungen gemacht worden. Dieses alles habe ich
eingesehen, aber dem Uebelstand, der aus dem Mangel der Gleichförmigkeit entsteht,
nicht abhelfen können.

Noch
Vorrede.

Dieſes koͤnnte nun zwar einem durchaus ſchlechten Werke nicht zur Rechtfertigung
dienen; aber es entſchuldiget die, einem ſonſt guten Werk anklebenden Unvollkommen-
heiten, zumal wenn man, wie ich, wichtige Gruͤnde gehabt hat, die Herausgabe nicht
laͤnger zu verſchieben. Haͤtte ich dieſes gethan, und haͤtte ich das Werk ſo lange zuruͤk
behalten ſollen, bis ich damit zufrieden geweſen waͤre, ſo wuͤrde es nie an den Tag
gekommen ſeyn. Alſo mußte ich mich entſchließen, es entweder ganz zu unterdruͤken,
oder mit allen Maͤngeln, die es hat, herauszugeben. Dieſe Maͤngel und Unvollkom-
menheiten werden wenig Leſer ſo ausfuͤhrlich darin erkennen, als ich ſelbſt. Aber
ich will nicht mein eigener Tadler ſeyn, ſondern vielmehr, ſo weit es ſich ſchiket, den
Tadel, der auf mich fallen koͤnnte, von mir ablehnen.

Anfaͤnglich hatte ich mir vorgeſetzt, keinen einzigen Artikel, der in einem ſolchen
Werke natuͤrlicher Weiſe geſucht wird, wegzulaſſen. Aber die oͤftern Unterbrechun-
gen der Arbeit ließen mich bald ſehen, daß ich darauf nicht wuͤrde beſtehen koͤnnen.
Jch hatte weder Zeit genug mich einer gaͤnzlichen Vollſtaͤndigkeit zu verſichern, noch
Kenntnis genug gar alle in jeden Zweyg der Kunſt einſchlagende Artikel zu bear-
beiten. Daher kommt es alſo, daß einige Artikel vorſetzlich, andre aus Verſehen,
weggeblieben ſind, ob ſie gleich eben ſo viel Anſpruch auf den Platz hatten, als andre,
die da ſtehen. Unter anderm war ich erſt willens alle große Maͤnner, deren Werke
ich vor mich nehmen konnte, nach ihrem Genie zu charakteriſiren, jedem großen Redner
und Dichter einen Artikel zu wiedmen, woruͤber man in dieſem Theile einige Verſuche
in den Artikeln Aeſchylus, Euripides, Homer u. a. finden wird. Dieſes auszuͤfuͤhren
war uͤber meine Kraͤfte und uͤber meine Zeit. Was aber daruͤber einmal entworffen
war, ließ ich ſtehen; um etwa kuͤnftige Verbeſſerer dieſes Werks zu ermuntern, dieſen
Mangel zu erſetzen.

Eine andre Unvollkommenheit des Werks liegt in der Ungleichheit, die man
zwiſchen verſchiedenen Artikeln, ſowol in der Behandlung der Materien, als in der
Schreibart antreffen wird. Einige Artikel ſind laͤnger, andre kuͤrzer, als ich ſie
gewuͤnſcht haͤtte; in einigen herrſcht ein ſteifer dogmatiſcher Ton, andre ſind etwas
andringlicher und waͤrmer vorgetragen; einige Materien ſind etwas methodiſch behan-
delt, da uͤber andre nur einzele Anmerkungen gemacht worden. Dieſes alles habe ich
eingeſehen, aber dem Uebelſtand, der aus dem Mangel der Gleichfoͤrmigkeit entſteht,
nicht abhelfen koͤnnen.

Noch
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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771, S. VIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie01_1771/8>, abgerufen am 22.11.2024.