Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.[Spaltenumbruch]
All Allemande. (Musik.) Diesen Namen führen zweyerley Gattungen klei- Die andere Gattung ist eine Tanzmelodie von Man giebt auch den Namen Allemande dem Allgemein. (Schöne Künste.) Was allen Dingen, die zu einer Gattung gehören, Das Allgemeine befindet sich blos in dem Ver- All Alt gen; dergleichen sind die Bilder, die Beyspiele, dieGleichnisse, die Allegorie, wo das Allgemeine der an- schauenden Erkenntniß in dem Besondern vorgelegt wird. Dabey ist denn überhaupt zu merken, daß das Allgemeine sich um so viel gewisser eindrükt, je neuer und reizender das Besondere ist, aus dem es erkennt wird. Ein andrer weniger gemeiner Kunstgriff, das Ach! ich sahe der Tugenden letzte vom Erdreich geflohen (*)(*) Bodm. Es ist kaum nöthig zu erinnern, daß beyde Kunst- Alt. (Musik.) Bedeutet eine Stimme in der Musik, die der höch- [Abbildung]
Die Alten. Wenn man bey Gelegenheit der schönen Künste daß
[Spaltenumbruch]
All Allemande. (Muſik.) Dieſen Namen fuͤhren zweyerley Gattungen klei- Die andere Gattung iſt eine Tanzmelodie von Man giebt auch den Namen Allemande dem Allgemein. (Schoͤne Kuͤnſte.) Was allen Dingen, die zu einer Gattung gehoͤren, Das Allgemeine befindet ſich blos in dem Ver- All Alt gen; dergleichen ſind die Bilder, die Beyſpiele, dieGleichniſſe, die Allegorie, wo das Allgemeine der an- ſchauenden Erkenntniß in dem Beſondern vorgelegt wird. Dabey iſt denn uͤberhaupt zu merken, daß das Allgemeine ſich um ſo viel gewiſſer eindruͤkt, je neuer und reizender das Beſondere iſt, aus dem es erkennt wird. Ein andrer weniger gemeiner Kunſtgriff, das Ach! ich ſahe der Tugenden letzte vom Erdreich geflohen (*)(*) Bodm. Es iſt kaum noͤthig zu erinnern, daß beyde Kunſt- Alt. (Muſik.) Bedeutet eine Stimme in der Muſik, die der hoͤch- [Abbildung]
Die Alten. Wenn man bey Gelegenheit der ſchoͤnen Kuͤnſte daß
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All
All Alt
Allemande.
(Muſik.)
Dieſen Namen fuͤhren zweyerley Gattungen klei-
ner Tonſtuͤke. Die eine Gattung macht insgemein
einen Theil der ſo genannten Suiten fuͤr das Cla-
vier und andre Jnſtrumente. Sie iſt in
vier Vierteltakt geſetzt, hat einen etwas ernſt-
haften Gang, und wird von einer vollen und wol
ausgearbeiteten Harmonie unterſtuͤtzt. Der Name
zeiget an, daß ſie von deutſcher Erfindung iſt.
Die andere Gattung iſt eine Tanzmelodie von
zwey Vierteltakt und einer ſehr muntern etwas huͤ-
pfenden Bewegung, die den Charakter der Froͤh-
lichkeit ausdruͤkt.
Man giebt auch den Namen Allemande dem
ſchwaͤbiſchen Tanz, der in Schwaben und in der
Schweiz bey dem gemeinen Volke ſehr gebraͤuchlich
iſt. Er hat etwas ſehr artiges, und froͤhliches.
Sehr oft ſieht man in bemeldten Gegenden unge-
lehrte Taͤnzer, die ihre Allemande mit einer Annehm-
lichkeit tanzen, die viel Einnehmendes hat, und dem
Zuſchauer großes Vergnuͤgen macht. Dieſe Alle-
mande iſt ein wahrer Tanz der Froͤhlichkeit.
Allgemein.
(Schoͤne Kuͤnſte.)
Was allen Dingen, die zu einer Gattung gehoͤren,
gemein iſt. Es wird dem beſondern entgegen ge-
ſetzt, welches nur einzeln zu einer Gattung gehoͤri-
gen Dingen zukoͤmmt. Die Betrachtung des All-
gemeinen und des Beſondern gehoͤrt deswegen zur
Theorie der ſchoͤnen Kuͤnſte, weil es in gar viel Faͤl-
len nothwendig iſt, das Allgemeine durch das Be-
ſondere auszudruͤken. Hierauf ſcheinet Horaz in
der Anmerkung: difficile eſt proprie communia
dicere, (*) zu zielen. Das Allgemeine iſt aus
zweyerley Gruͤnden unaͤſthetiſch: weil es durch ab-
gezogene und alſo von der Sinnlichkeit entfernte
Begriffe vorgetragen wird; und denn auch, weil es
oft zu gemein iſt, und deshalb die Vorſtellungskraft
nicht genug reizt.
(*) De Ar-
te v. 128.
Das Allgemeine befindet ſich blos in dem Ver-
ſtande; die Sinnen werden nur von einzeln Din-
gen geruͤhret: daher kann das Allgemeine niemal
ſinnlich vorgetragen werden, als wenn es in dem
Beſondern geſagt wird. Hieraus entſtehen ſo man-
cherley Kunſtgriffe, das Allgemeine beſonders zu ſa-
gen; dergleichen ſind die Bilder, die Beyſpiele, die
Gleichniſſe, die Allegorie, wo das Allgemeine der an-
ſchauenden Erkenntniß in dem Beſondern vorgelegt
wird. Dabey iſt denn uͤberhaupt zu merken, daß
das Allgemeine ſich um ſo viel gewiſſer eindruͤkt, je
neuer und reizender das Beſondere iſt, aus dem es
erkennt wird.
Ein andrer weniger gemeiner Kunſtgriff, das
Allgemeine beſonders zu ſagen, beſteht darin, daß
das Beſondere durch einen nothwendigen Schluß
auf das Allgemeine fuͤhre, wie in dieſem Ausdruk:
Ach! ich ſahe der Tugenden letzte vom Erdreich geflohen (*)
Wobey man nothwendig das Allgemeine denken
muß: nun war gar keine Tugend mehr auf Erden.
(*) Bodm.
Suͤndfluth
II. Geſ.
Es iſt kaum noͤthig zu erinnern, daß beyde Kunſt-
griffe, das Allgemeine beſonders zu ſagen, eben
nicht bey jedem gemeinen Gedanken, ſondern nur
bey ſolchen zu brauchen ſeyn, die ihrer Wichtigkeit
halber einen ſtaͤrkern Eindruk machen muͤſſen.
Alt.
(Muſik.)
Bedeutet eine Stimme in der Muſik, die der hoͤch-
ſten Menſchenſtimme am naͤchſten koͤmmt. Man
giebt dem Alt in ſeiner hoͤchſten Ausdehnung den
Umfang von dem kleinen f bis ins zwey geſtrichene
c. Von bemeldtem f bis ins eingeſtrichene a wird
er der tiefe Alt, von dem kleinen a aber bis ins
zwey geſtrichene c der hohe Alt genennt. Selten
kann eine Mannsſtimme den Alt ohne Haͤrte ſingen.
Jn den Kirchen der proteſtantiſchen Schweiz, wo
durchgehends vierſtimmig geſungen wird, fuͤhren die
jungen Mannsperſonen den Alt, aber insgemein ſo,
daß die Stimmen etwas uͤbertrieben werden, daher
man von weitem nur den Baß und den Alt hoͤret.
Der Altſchluͤſſel iſt der c Schluͤſſel auf der dritten Linie
[Abbildung]
Die Alten.
Wenn man bey Gelegenheit der ſchoͤnen Kuͤnſte
die Alten nennt, ſo verſteht man dadurch die alten
Voͤlker, bey denen ſie vorzuͤglich gebluͤhet haben;
fuͤrnehmlich die Griechen und Roͤmer. Dieſe haben
ſich durch einen feinen Geſchmak und durch fuͤr-
treffliche Werke der ſchoͤnen Kuͤnſte vor allen an-
dern hervor gethan. Es laͤßt ſich gar nicht laͤugnen,
daß
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