Mit diesem Buchstaben bezeichnet man die zwölfte oder oberste Sayte unserer heutigen diatonisch-chro- matischen Tonleiter, deren Länge von der ganzen Länge der untersten Sayte C ist. Jn der älteren diatonischen Leiter war sie die zweyte Sayte, und wurde deswegen mit dem Buchstaben B bezeichnet. Wenn man aber in der lydischen Tonart sang, wo F. der erste Ton war, so war dieses B. ob es gleich der vierte Ton war, für die wahre Quarte des Grundtones zu hoch, und mußte deswegen niedri- ger gesungen werden. Daher kam es, daß in dem Liniensystem, auf welches die Noten geschrieben wur- den, auf die Linie, die mit B bezeichnet wurd, bald ein höherer, bald ein niedriger Ton, zustehen kam: beyde wurden mit B bezeichnet; der höhere mit einem vierekigten B, woraus unser heutiges # entstanden ist; der tiefere mit einem runden B. Nachher hat man dem Ton, der auf dieser Stuffe durch das er- stere B bezeichnet worden, den Buchstaben H zu- geeignet, und nur den tiefern B genennt. Da ge- genwärtig alle Linien und Jntervalle des Notensy- stems in dem Falle sind, daß die darauf stehenden Noten um einen halben Ton höher oder tiefer seyn können, so ist aus jenem doppelten B auch die heu- tige Gewohnheit entstanden, die Erhöhung oder Ver- tiefung der Töne mit den Zeichen x (welches ver- muthlich aus # entstanden, ist) und b anzuzeigen; das vierekigte B aber, oder #, wird itzt da gebraucht, wo man anzeigen will, daß der Ton, der durch b vertieft oder durch x erhöht worden, nun wieder um einen halben Ton höher oder niedriger zu nehmen sey.
Jn der älteren blos diatonischen Musik, konnte der Ton H, (der Alten ihr B) nicht zum Grund- ton, oder zur Tonica genommen werden, weil ihm ein wesentliches Jntervall, nämlich die Quinte, fehlte. Denn der fünfte Ton davon, F, macht nur ein Jntervall von aus, welches dissonirt, und daher die falsche Quinte genennt wird. Nach unsrer itzi- gen Einrichtung aber kann H, so wol in der gros- sen, als kleinen Tonart zur Tonica genommen wer- den, weil es seine Quinte Fis hat.
[Spaltenumbruch]
Haeßlich. (Schöne Künste.)
Das Gegentheil des Schönen; folglich die Unvoll- kommenheit, in so fern sie sinnlich erkennt wird. Wie das Schöne Wolgefallen und Lust es zu genies- sen erwekt, so würkt das Häßliche Mißfallen und Ekel. Demnach hat es eine sinnliche zurüktreibende Kraft: derowegen gehört seine nähere Bestimmung und die Vorschrift für den Gebrauch oder Mißbrauch desselben, zur Theorie der schönen Künste.
So wie der Ausdruk schön, ursprünglich von den Formen gebraucht, hernach auf unkörperliche Dinge ausgedähnt worden, so ist es auch mit dem Gegen- theil gegangen. Das Häßliche der Form ist dem- nach die Verwirrung, die Mißstimmung, das Un- ebenmaaß der Theile eines Ganzen. Es entstehet aus Theilen, welche zu groß oder zu klein sind, in denen etwas zu viel oder zu wenig ist, die nicht in die Art des Ganzen passen, die gezwungen sind, die gegen einander streiten, die der Erwartung des Auges widersprechen. Sie ist nicht blos der Man- gel der Schönheit; denn dieser hat keine sinnliche Kraft, er läßt uns gleichgültig; sondern etwas würk- liches. Da wir uns aber weitläuftig über die Natur des Schönen erklärt haben, so ist es überflüßig (*),(*) S. Schön. hier viel über die Natur des Gegentheils zu sagen, da alles leicht aus jenem herzuleiten ist.
Nothwendiger aber ist die nähere Bestimmung seines Gebrauchs. Diejenigen, welche das Wesen der Künste in der Nachahmung der schönen Natur, und ihren Zwek im Vergnügen setzen, müssen kraft dieser Grundsätze den Gebrauch des Häßlichen ganz verbiethen. Und dieses thun auch in der That die meisten Kunstrichter. Ahmet aber der Künstler, welcher schlechterdings alles Häßliche verwirft, der Natur wahrhaftig nach? Bey der offenbaren Liebe zum Schönen und Angenehmen, hat sie auch viel Dinge wiedrig gemacht. Die meisten giftigen Kräu- ter verrathen ihre böse Natur entweder durch wie- drigen Geruch oder durch etwas Häßliches in dem Ansehen. Dadurch werden ofte Menschen und Thiere abgehalten, sich Schaden zu thun.
Mit
H.
[Spaltenumbruch]
H. (Muſik.)
Mit dieſem Buchſtaben bezeichnet man die zwoͤlfte oder oberſte Sayte unſerer heutigen diatoniſch-chro- matiſchen Tonleiter, deren Laͤnge von der ganzen Laͤnge der unterſten Sayte C iſt. Jn der aͤlteren diatoniſchen Leiter war ſie die zweyte Sayte, und wurde deswegen mit dem Buchſtaben B bezeichnet. Wenn man aber in der lydiſchen Tonart ſang, wo F. der erſte Ton war, ſo war dieſes B. ob es gleich der vierte Ton war, fuͤr die wahre Quarte des Grundtones zu hoch, und mußte deswegen niedri- ger geſungen werden. Daher kam es, daß in dem Linienſyſtem, auf welches die Noten geſchrieben wur- den, auf die Linie, die mit B bezeichnet wurd, bald ein hoͤherer, bald ein niedriger Ton, zuſtehen kam: beyde wurden mit B bezeichnet; der hoͤhere mit einem vierekigten B, woraus unſer heutiges # entſtanden iſt; der tiefere mit einem runden B. Nachher hat man dem Ton, der auf dieſer Stuffe durch das er- ſtere B bezeichnet worden, den Buchſtaben H zu- geeignet, und nur den tiefern B genennt. Da ge- genwaͤrtig alle Linien und Jntervalle des Notenſy- ſtems in dem Falle ſind, daß die darauf ſtehenden Noten um einen halben Ton hoͤher oder tiefer ſeyn koͤnnen, ſo iſt aus jenem doppelten B auch die heu- tige Gewohnheit entſtanden, die Erhoͤhung oder Ver- tiefung der Toͤne mit den Zeichen x (welches ver- muthlich aus # entſtanden, iſt) und b anzuzeigen; das vierekigte B aber, oder #, wird itzt da gebraucht, wo man anzeigen will, daß der Ton, der durch b vertieft oder durch x erhoͤht worden, nun wieder um einen halben Ton hoͤher oder niedriger zu nehmen ſey.
Jn der aͤlteren blos diatoniſchen Muſik, konnte der Ton H, (der Alten ihr B) nicht zum Grund- ton, oder zur Tonica genommen werden, weil ihm ein weſentliches Jntervall, naͤmlich die Quinte, fehlte. Denn der fuͤnfte Ton davon, F, macht nur ein Jntervall von aus, welches diſſonirt, und daher die falſche Quinte genennt wird. Nach unſrer itzi- gen Einrichtung aber kann H, ſo wol in der groſ- ſen, als kleinen Tonart zur Tonica genommen wer- den, weil es ſeine Quinte Fis hat.
[Spaltenumbruch]
Haeßlich. (Schoͤne Kuͤnſte.)
Das Gegentheil des Schoͤnen; folglich die Unvoll- kommenheit, in ſo fern ſie ſinnlich erkennt wird. Wie das Schoͤne Wolgefallen und Luſt es zu genieſ- ſen erwekt, ſo wuͤrkt das Haͤßliche Mißfallen und Ekel. Demnach hat es eine ſinnliche zuruͤktreibende Kraft: derowegen gehoͤrt ſeine naͤhere Beſtimmung und die Vorſchrift fuͤr den Gebrauch oder Mißbrauch deſſelben, zur Theorie der ſchoͤnen Kuͤnſte.
So wie der Ausdruk ſchoͤn, urſpruͤnglich von den Formen gebraucht, hernach auf unkoͤrperliche Dinge ausgedaͤhnt worden, ſo iſt es auch mit dem Gegen- theil gegangen. Das Haͤßliche der Form iſt dem- nach die Verwirrung, die Mißſtimmung, das Un- ebenmaaß der Theile eines Ganzen. Es entſtehet aus Theilen, welche zu groß oder zu klein ſind, in denen etwas zu viel oder zu wenig iſt, die nicht in die Art des Ganzen paſſen, die gezwungen ſind, die gegen einander ſtreiten, die der Erwartung des Auges widerſprechen. Sie iſt nicht blos der Man- gel der Schoͤnheit; denn dieſer hat keine ſinnliche Kraft, er laͤßt uns gleichguͤltig; ſondern etwas wuͤrk- liches. Da wir uns aber weitlaͤuftig uͤber die Natur des Schoͤnen erklaͤrt haben, ſo iſt es uͤberfluͤßig (*),(*) S. Schoͤn. hier viel uͤber die Natur des Gegentheils zu ſagen, da alles leicht aus jenem herzuleiten iſt.
Nothwendiger aber iſt die naͤhere Beſtimmung ſeines Gebrauchs. Diejenigen, welche das Weſen der Kuͤnſte in der Nachahmung der ſchoͤnen Natur, und ihren Zwek im Vergnuͤgen ſetzen, muͤſſen kraft dieſer Grundſaͤtze den Gebrauch des Haͤßlichen ganz verbiethen. Und dieſes thun auch in der That die meiſten Kunſtrichter. Ahmet aber der Kuͤnſtler, welcher ſchlechterdings alles Haͤßliche verwirft, der Natur wahrhaftig nach? Bey der offenbaren Liebe zum Schoͤnen und Angenehmen, hat ſie auch viel Dinge wiedrig gemacht. Die meiſten giftigen Kraͤu- ter verrathen ihre boͤſe Natur entweder durch wie- drigen Geruch oder durch etwas Haͤßliches in dem Anſehen. Dadurch werden ofte Menſchen und Thiere abgehalten, ſich Schaden zu thun.
Mit
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[504/0516]
H.
H.
(Muſik.)
Mit dieſem Buchſtaben bezeichnet man die zwoͤlfte
oder oberſte Sayte unſerer heutigen diatoniſch-chro-
matiſchen Tonleiter, deren Laͤnge [FORMEL] von der ganzen
Laͤnge der unterſten Sayte C iſt. Jn der aͤlteren
diatoniſchen Leiter war ſie die zweyte Sayte, und
wurde deswegen mit dem Buchſtaben B bezeichnet.
Wenn man aber in der lydiſchen Tonart ſang, wo F.
der erſte Ton war, ſo war dieſes B. ob es gleich
der vierte Ton war, fuͤr die wahre Quarte des
Grundtones zu hoch, und mußte deswegen niedri-
ger geſungen werden. Daher kam es, daß in dem
Linienſyſtem, auf welches die Noten geſchrieben wur-
den, auf die Linie, die mit B bezeichnet wurd, bald
ein hoͤherer, bald ein niedriger Ton, zuſtehen kam:
beyde wurden mit B bezeichnet; der hoͤhere mit einem
vierekigten B, woraus unſer heutiges # entſtanden
iſt; der tiefere mit einem runden B. Nachher hat
man dem Ton, der auf dieſer Stuffe durch das er-
ſtere B bezeichnet worden, den Buchſtaben H zu-
geeignet, und nur den tiefern B genennt. Da ge-
genwaͤrtig alle Linien und Jntervalle des Notenſy-
ſtems in dem Falle ſind, daß die darauf ſtehenden
Noten um einen halben Ton hoͤher oder tiefer ſeyn
koͤnnen, ſo iſt aus jenem doppelten B auch die heu-
tige Gewohnheit entſtanden, die Erhoͤhung oder Ver-
tiefung der Toͤne mit den Zeichen x (welches ver-
muthlich aus # entſtanden, iſt) und b anzuzeigen; das
vierekigte B aber, oder #, wird itzt da gebraucht, wo
man anzeigen will, daß der Ton, der durch b vertieft
oder durch x erhoͤht worden, nun wieder um einen
halben Ton hoͤher oder niedriger zu nehmen ſey.
Jn der aͤlteren blos diatoniſchen Muſik, konnte
der Ton H, (der Alten ihr B) nicht zum Grund-
ton, oder zur Tonica genommen werden, weil ihm
ein weſentliches Jntervall, naͤmlich die Quinte, fehlte.
Denn der fuͤnfte Ton davon, F, macht nur ein
Jntervall von [FORMEL] aus, welches diſſonirt, und daher
die falſche Quinte genennt wird. Nach unſrer itzi-
gen Einrichtung aber kann H, ſo wol in der groſ-
ſen, als kleinen Tonart zur Tonica genommen wer-
den, weil es ſeine Quinte Fis hat.
Haeßlich.
(Schoͤne Kuͤnſte.)
Das Gegentheil des Schoͤnen; folglich die Unvoll-
kommenheit, in ſo fern ſie ſinnlich erkennt wird.
Wie das Schoͤne Wolgefallen und Luſt es zu genieſ-
ſen erwekt, ſo wuͤrkt das Haͤßliche Mißfallen und
Ekel. Demnach hat es eine ſinnliche zuruͤktreibende
Kraft: derowegen gehoͤrt ſeine naͤhere Beſtimmung
und die Vorſchrift fuͤr den Gebrauch oder Mißbrauch
deſſelben, zur Theorie der ſchoͤnen Kuͤnſte.
So wie der Ausdruk ſchoͤn, urſpruͤnglich von den
Formen gebraucht, hernach auf unkoͤrperliche Dinge
ausgedaͤhnt worden, ſo iſt es auch mit dem Gegen-
theil gegangen. Das Haͤßliche der Form iſt dem-
nach die Verwirrung, die Mißſtimmung, das Un-
ebenmaaß der Theile eines Ganzen. Es entſtehet
aus Theilen, welche zu groß oder zu klein ſind, in
denen etwas zu viel oder zu wenig iſt, die nicht in
die Art des Ganzen paſſen, die gezwungen ſind,
die gegen einander ſtreiten, die der Erwartung des
Auges widerſprechen. Sie iſt nicht blos der Man-
gel der Schoͤnheit; denn dieſer hat keine ſinnliche
Kraft, er laͤßt uns gleichguͤltig; ſondern etwas wuͤrk-
liches. Da wir uns aber weitlaͤuftig uͤber die Natur
des Schoͤnen erklaͤrt haben, ſo iſt es uͤberfluͤßig (*),
hier viel uͤber die Natur des Gegentheils zu ſagen,
da alles leicht aus jenem herzuleiten iſt.
(*) S.
Schoͤn.
Nothwendiger aber iſt die naͤhere Beſtimmung
ſeines Gebrauchs. Diejenigen, welche das Weſen
der Kuͤnſte in der Nachahmung der ſchoͤnen Natur,
und ihren Zwek im Vergnuͤgen ſetzen, muͤſſen kraft
dieſer Grundſaͤtze den Gebrauch des Haͤßlichen ganz
verbiethen. Und dieſes thun auch in der That die
meiſten Kunſtrichter. Ahmet aber der Kuͤnſtler,
welcher ſchlechterdings alles Haͤßliche verwirft, der
Natur wahrhaftig nach? Bey der offenbaren Liebe
zum Schoͤnen und Angenehmen, hat ſie auch viel
Dinge wiedrig gemacht. Die meiſten giftigen Kraͤu-
ter verrathen ihre boͤſe Natur entweder durch wie-
drigen Geruch oder durch etwas Haͤßliches in dem
Anſehen. Dadurch werden ofte Menſchen und Thiere
abgehalten, ſich Schaden zu thun.
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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie01_1771/516>, abgerufen am 22.11.2024.
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