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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.

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inwendig ein völlig regelmäßiges Zimmer, so wird
auf einmal der Begriff einer natürlichen Grotte ganz
ausgelöscht, und alle Muscheln und Corallen und
Glasschlaken, womit die Wände bekleidet sind, die-
nen zu nichts, als den Begriff sehr mühesamer Klei-
nigkeiten zu erweken. Nicht der Verzierer, der ge-
wohnt ist, auf Gerathewol artige Kleinigkeiten zu-
sammen zu setzen, sondern nur der Baumeister, wel-
cher der größten Baumeisterin, der Natur selbst, das
Große der Kunst abgelernt hat, ist im Stande auch
in diesem Stük den Geschmak wahrer Kenner zu
befriedigen.

Grund.
(Mahlerey.)

Die Fläche auf welche die ersten Farben zum Ge-
mähld aufgetragen werden. Es ist für die Wür-
kung der Farben, für die Haltung des Gemähldes
und für die Dauer gar nicht gleichgültig, auf was für
einen Grund gemahlt werde. De Piles räth über-
haupt einen weißlichen Grund zu nehmen: Titian,
Rubens und andre große Coloristen sollen dieses ge-
than haben. Lairesse will bemerkt haben, daß zu
Landschaften ein perlenfarbiger Grund, und zu histo-
rischen Stüken, die innerhalb eines Zimmers ge-
schehene Handlungen vorstellen, der Grund aus Um-
bra, zu Nachtstüken der aus cölnischer Erde, am be-
sten sey. Man hat Gemählde von alten italiäni-
schen Meistern, die auf einen verguldeten Grund
gemahlt sind.

Man versteht aber unter dem Namen Grund
auch die Fläche, auf welcher, oder gegen welche, ein
Gegenstand gesehen wird. So ist der blaue Him-
mel der Grund einer Wolke, und eine einfärbige Wand
des Zimmers, der Grund der in dem Zimmer ge-
mahlten Figuren.

Die Farbe des Grundes hat einen großen Einflus
auf die Haltung des Gemähldes. Es ist eine all-
gemeine Regel, daß das Helle gegen den dunkeln,
und das Dunkle gegen den hellen Grund stehe. Je
brauner der Grund ist, worauf etwas weißes ge-
mahlt wird, je mehr wird es weiß scheinen, und
auch nmgekehrt. Jncarnat wird auf einem rothen
Grunde blaß, und eine blaße rothe Farbe wird auf
gelbem Grunde lebhafter und wärmer. Es gehört
zur Erforschung der Geheimnisse des Colorits, daß
man die Würkungen, die die Farbe des Grundes
auf die verschiedenen Gegenstände des Gemähldes
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hat, genau beobachte. Leonhard da Vinei hat nach
seiner gewöhnlichen Scharfsinnigkeit auch hierüber
wichtige Beobachtungen gesammelt, die man im
CXXXVII und folgenden Abschnitten seines Werks
findet. Es ist jedem Mahler zu rathen sie mit Auf-
merksamkeit zu lesen, und dann auf dieser Bahne
der genauen Beobachtung weiter fortzugehen.

Gründen.
(Kupferstecher Kunst.)

Eine polirte Kupferplatte mit einem Firnis, der
hier Grund heißt, überziehen, und sie dadurch zum
Aetzen tüchtig machen. Die Vollkommenheit des
Aetzens hängt zum Theil von der guten Beschaffen-
heit des Grundes ab. Dieser muß so seyn, daß
von dem Reißen mit der Nadel nichts ausspringe,
damit der Künstler die Stärke und Freyheit der
Striche völlig in seiner Gewalt habe, und daß das
Aetzwasser nirgend anders, als in die mit der Nadel
gerissene Striche eindringen könne. Dieses hängt
von der Güte des Grundes oder Firnisses ab, dessen
Beschaffenheit an seinem Orte beschrieben worden.
Der harte Firnis wird auf folgende Art auf die
Platte getragen. Vor allen Dingen muß die Platte
auf der guten Seite auf das sorgfältigste von allem
Fette und andrer Unreinigkeit wol gereiniget seyn.
Alsdenn wird sie auf ein gelindes Kohlfeuer gelegt,
und warm gemacht. Wann sie durchaus wol warm
ist, so tunkt man eine Feder oder etwas dergleichen
in den Firnis und trägt an verschiedene Stellen der
Platte selbigen auf, bis man ohngefehr urtheilt, es
sey genug, um die Platte ganz dünne damit zu über-
ziehen. Alsdenn theilt man entweder mit dem Ballen
der Hand, oder mit einem Ball von Taffet, darin
Baumwolle eingebunden ist, den Firnis gleich aus,
daß er überall zudeket, und wo möglich gleich dike sey;
welches durch die Uebung muß gelernt werden.

Wenn die Platte mit Firnis überzogen ist, so
wird der Firnis geschwärzt. Zu dem Ende hat
man etliche Wachslichter, die an einander gesetzt
werden, bey der Hand: wenn sie eine Weile gebrennt
haben, daß sie gut dampfen, so läßt man den Dampf
überall an den Firnis anschießen. Dabey muß
man sich aber wol in Acht nehmen, daß die Flam-
men dem Firnis nicht zu nahe kommen, und ihn
verbrennen.

Endlich wird der Firnis, wenn er nun schwarz
genug ist, auf folgende Weise hart gebrennt. Man

nimmt

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Gro Gru
inwendig ein voͤllig regelmaͤßiges Zimmer, ſo wird
auf einmal der Begriff einer natuͤrlichen Grotte ganz
ausgeloͤſcht, und alle Muſcheln und Corallen und
Glasſchlaken, womit die Waͤnde bekleidet ſind, die-
nen zu nichts, als den Begriff ſehr muͤheſamer Klei-
nigkeiten zu erweken. Nicht der Verzierer, der ge-
wohnt iſt, auf Gerathewol artige Kleinigkeiten zu-
ſammen zu ſetzen, ſondern nur der Baumeiſter, wel-
cher der groͤßten Baumeiſterin, der Natur ſelbſt, das
Große der Kunſt abgelernt hat, iſt im Stande auch
in dieſem Stuͤk den Geſchmak wahrer Kenner zu
befriedigen.

Grund.
(Mahlerey.)

Die Flaͤche auf welche die erſten Farben zum Ge-
maͤhld aufgetragen werden. Es iſt fuͤr die Wuͤr-
kung der Farben, fuͤr die Haltung des Gemaͤhldes
und fuͤr die Dauer gar nicht gleichguͤltig, auf was fuͤr
einen Grund gemahlt werde. De Piles raͤth uͤber-
haupt einen weißlichen Grund zu nehmen: Titian,
Rubens und andre große Coloriſten ſollen dieſes ge-
than haben. Laireſſe will bemerkt haben, daß zu
Landſchaften ein perlenfarbiger Grund, und zu hiſto-
riſchen Stuͤken, die innerhalb eines Zimmers ge-
ſchehene Handlungen vorſtellen, der Grund aus Um-
bra, zu Nachtſtuͤken der aus coͤlniſcher Erde, am be-
ſten ſey. Man hat Gemaͤhlde von alten italiaͤni-
ſchen Meiſtern, die auf einen verguldeten Grund
gemahlt ſind.

Man verſteht aber unter dem Namen Grund
auch die Flaͤche, auf welcher, oder gegen welche, ein
Gegenſtand geſehen wird. So iſt der blaue Him-
mel der Grund einer Wolke, und eine einfaͤrbige Wand
des Zimmers, der Grund der in dem Zimmer ge-
mahlten Figuren.

Die Farbe des Grundes hat einen großen Einflus
auf die Haltung des Gemaͤhldes. Es iſt eine all-
gemeine Regel, daß das Helle gegen den dunkeln,
und das Dunkle gegen den hellen Grund ſtehe. Je
brauner der Grund iſt, worauf etwas weißes ge-
mahlt wird, je mehr wird es weiß ſcheinen, und
auch nmgekehrt. Jncarnat wird auf einem rothen
Grunde blaß, und eine blaße rothe Farbe wird auf
gelbem Grunde lebhafter und waͤrmer. Es gehoͤrt
zur Erforſchung der Geheimniſſe des Colorits, daß
man die Wuͤrkungen, die die Farbe des Grundes
auf die verſchiedenen Gegenſtaͤnde des Gemaͤhldes
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Gruͤ
hat, genau beobachte. Leonhard da Vinei hat nach
ſeiner gewoͤhnlichen Scharfſinnigkeit auch hieruͤber
wichtige Beobachtungen geſammelt, die man im
CXXXVII und folgenden Abſchnitten ſeines Werks
findet. Es iſt jedem Mahler zu rathen ſie mit Auf-
merkſamkeit zu leſen, und dann auf dieſer Bahne
der genauen Beobachtung weiter fortzugehen.

Gruͤnden.
(Kupferſtecher Kunſt.)

Eine polirte Kupferplatte mit einem Firnis, der
hier Grund heißt, uͤberziehen, und ſie dadurch zum
Aetzen tuͤchtig machen. Die Vollkommenheit des
Aetzens haͤngt zum Theil von der guten Beſchaffen-
heit des Grundes ab. Dieſer muß ſo ſeyn, daß
von dem Reißen mit der Nadel nichts ausſpringe,
damit der Kuͤnſtler die Staͤrke und Freyheit der
Striche voͤllig in ſeiner Gewalt habe, und daß das
Aetzwaſſer nirgend anders, als in die mit der Nadel
geriſſene Striche eindringen koͤnne. Dieſes haͤngt
von der Guͤte des Grundes oder Firniſſes ab, deſſen
Beſchaffenheit an ſeinem Orte beſchrieben worden.
Der harte Firnis wird auf folgende Art auf die
Platte getragen. Vor allen Dingen muß die Platte
auf der guten Seite auf das ſorgfaͤltigſte von allem
Fette und andrer Unreinigkeit wol gereiniget ſeyn.
Alsdenn wird ſie auf ein gelindes Kohlfeuer gelegt,
und warm gemacht. Wann ſie durchaus wol warm
iſt, ſo tunkt man eine Feder oder etwas dergleichen
in den Firnis und traͤgt an verſchiedene Stellen der
Platte ſelbigen auf, bis man ohngefehr urtheilt, es
ſey genug, um die Platte ganz duͤnne damit zu uͤber-
ziehen. Alsdenn theilt man entweder mit dem Ballen
der Hand, oder mit einem Ball von Taffet, darin
Baumwolle eingebunden iſt, den Firnis gleich aus,
daß er uͤberall zudeket, und wo moͤglich gleich dike ſey;
welches durch die Uebung muß gelernt werden.

Wenn die Platte mit Firnis uͤberzogen iſt, ſo
wird der Firnis geſchwaͤrzt. Zu dem Ende hat
man etliche Wachslichter, die an einander geſetzt
werden, bey der Hand: wenn ſie eine Weile gebrennt
haben, daß ſie gut dampfen, ſo laͤßt man den Dampf
uͤberall an den Firnis anſchießen. Dabey muß
man ſich aber wol in Acht nehmen, daß die Flam-
men dem Firnis nicht zu nahe kommen, und ihn
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Endlich wird der Firnis, wenn er nun ſchwarz
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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie01_1771/512>, abgerufen am 22.11.2024.