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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.

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Dit Dok Dom
Ditonus.
(Musik.)

War bey den Alten ein Jntervall von zwey gan-
zen grossen Tönen, folglich von dem Verhältniß ,
etwas grösser als unsre reine grosse Terz, die aus
einem grossen und einem kleinen ganzen Ton besteht,
und die den Alten, die nur grosse Töne hatten, un-
bekannt war. Jnzwischen kommt dieser Ditonus
in unsern heutigen Tonleitern verschiedentlich vor,
und wird statt der reinen grossen Terz gebraucht,
als bD-F, bC-G, B-d.

Doken.
(Baukunst.)

Kleine Säulchen, welche auf einer Plinthe stehen,
einen Sims tragen und mit denselben ein Geländer
ausmachen, das daher ein Dokengeländer genennt
wird. Solche Geländer schiken sich an Balkonen,
Gallerien und über den Hauptgesimsen um das Dach
besser, als die ausgeschnizten Barokegeländer, die
insgemein zu Treppen genommen werden. Denn
die Doken können nach Art der Säulen, und in
dem Geschmak der verschiedenen Ordnungen verfer-
tiget werden. Eine Doke hat, so wie die Säule,
drey Haupttheile; den Fuß, den Stamm und das
Capiteel. Der Stamm aber ist unten bauchig,
und endet sich gegen den Kopf zu etwas dünne. An
den Gebäuden der Alten findet man keine Dokenge-
länder, daher haben die neuern Baumeister ihre
Verhältnisse und Gestalt weniger eingeschränkt. Da-
viller
hat für die fünf Säulenordnungen fünf Arten
der Doken angegeben. Jhre Höhe richtet sich nach
der Höhe der Geländer. Es giebt ein gutes Verhält-
niß, wenn man die ganze Höhe der Doke in fünf
Theile theilt, einen Theil davon für den Fuß nimmt,
und den fünften Theil von der hernach übrigen Höhe
für den Kopf. Die runden Doken haben weniger
Annehmlichkeit, als die vierekichten, es sey denn,
daß sie mit Laub und Schnizwerk verziert werden.

Durch Dokengeländer werden auch in prächti-
gen Schlafzimmern, die Alcoven von dem übrigen
Raum, auch bey grossen Staatszimmern gewisse
Plätze, wohin nicht jederman kommen soll, abge-
schlagen.

Dominante.
(Musik.)

Dieses französische Wort, das man nicht wol ent-
behren kann, bedeutet allezeit den fünften Ton des-
[Spaltenumbruch]

Dor
jenigen Tones, in welchem der Gesang und die Har-
monie fortgehen, besonders wenn derselbe im Baß,
als der Grundton einer Harmonie vorkommt. Die
ältern deutschen Harmonisten nennten dieses Quin-
tam toni.
Der fünfte Ton jedes Nebentones, in den
man ausgewichen ist, wird auch seine Dominante
genennt. Weil es aber bisweilen nöthig ist, die Do-
minante des Haupttones, woraus ein Stük ge-
setzt ist, besonders zu nennen, so hat man dieser den
Namen der tonischen Dominante gegeben.

Dorische Tonart.
(Musik.)

War in der griechischen Musik die tiefste und ernst-
hafteste Tonart, die ihren Namen von den Dorie-
ren einem der Hauptstämme der Griechen bekommen
hat. Die Gesänge in dieser Tonart müssen sich durch
etwas gesetztes und pathethisches ausgezeichnet ha-
ben, wodurch sie nach dem Urtheil des Plato einen
vortheilhaften Einfluß auf die Sitten und die Ge-
müthsart der Menschen bekamen. Jn der alten
Kirchenmusik, die itzt noch in den ehemals verfer-
tigten Chorälen beybehalten wird, ist die dorische
Tonart die, welche den Ton D zum Grund, und
seine Ausdähnung von D bis d hat. Da aber die
wenigsten Orgeln gegenwärtig, nach dem ehemali-
gen diatonischen System gestimmt sind, in welchem
die ganzen Töne alle gleich, in dem Verhältniß ,
und die beyden halben Töne in dem Verhältniß
waren (*), so haben wir auch in den aus D ge-S. Sy-
stem.

setzten Chorälen, die würkliche dorische Tonart
nicht mehr.

Dorische Säule. Dorische
Säulenordnung.

Jst von den fünf Ordnungen der Baukunst die
zweyte (*), und scheinet die Aelteste und auch die(*) S.
Säulen-
ordnung.

gewöhnlichste der drey griechischen Ordnungen zu
seyn. Sie unterscheidet sich durch ein starkes und
etwas strenges Ansehen, das keine Zierrathen lei-
det, als die, deren Ursprung aus der ehemaligen
Art, die Gebäude ganz von Holz aufzuführen, un-
mittelbar entstanden sind. Sie ist vornehmlich durch
ihren Fries kennbar, dessen Dreyschlitze oder Tri-
glyphen
c, c, deutlich die Köpfe der in blos hölzer-
nen Gebäuden, auf den Unterbalken a b liegenden
Balken, und dessen Metopen d, d, den leeren

Raum
[Spaltenumbruch]
Dit Dok Dom
Ditonus.
(Muſik.)

War bey den Alten ein Jntervall von zwey gan-
zen groſſen Toͤnen, folglich von dem Verhaͤltniß ,
etwas groͤſſer als unſre reine groſſe Terz, die aus
einem groſſen und einem kleinen ganzen Ton beſteht,
und die den Alten, die nur groſſe Toͤne hatten, un-
bekannt war. Jnzwiſchen kommt dieſer Ditonus
in unſern heutigen Tonleitern verſchiedentlich vor,
und wird ſtatt der reinen groſſen Terz gebraucht,
als bD-F, bC-G, B-d.

Doken.
(Baukunſt.)

Kleine Saͤulchen, welche auf einer Plinthe ſtehen,
einen Sims tragen und mit denſelben ein Gelaͤnder
ausmachen, das daher ein Dokengelaͤnder genennt
wird. Solche Gelaͤnder ſchiken ſich an Balkonen,
Gallerien und uͤber den Hauptgeſimſen um das Dach
beſſer, als die ausgeſchnizten Barokegelaͤnder, die
insgemein zu Treppen genommen werden. Denn
die Doken koͤnnen nach Art der Saͤulen, und in
dem Geſchmak der verſchiedenen Ordnungen verfer-
tiget werden. Eine Doke hat, ſo wie die Saͤule,
drey Haupttheile; den Fuß, den Stamm und das
Capiteel. Der Stamm aber iſt unten bauchig,
und endet ſich gegen den Kopf zu etwas duͤnne. An
den Gebaͤuden der Alten findet man keine Dokenge-
laͤnder, daher haben die neuern Baumeiſter ihre
Verhaͤltniſſe und Geſtalt weniger eingeſchraͤnkt. Da-
viller
hat fuͤr die fuͤnf Saͤulenordnungen fuͤnf Arten
der Doken angegeben. Jhre Hoͤhe richtet ſich nach
der Hoͤhe der Gelaͤnder. Es giebt ein gutes Verhaͤlt-
niß, wenn man die ganze Hoͤhe der Doke in fuͤnf
Theile theilt, einen Theil davon fuͤr den Fuß nimmt,
und den fuͤnften Theil von der hernach uͤbrigen Hoͤhe
fuͤr den Kopf. Die runden Doken haben weniger
Annehmlichkeit, als die vierekichten, es ſey denn,
daß ſie mit Laub und Schnizwerk verziert werden.

Durch Dokengelaͤnder werden auch in praͤchti-
gen Schlafzimmern, die Alcoven von dem uͤbrigen
Raum, auch bey groſſen Staatszimmern gewiſſe
Plaͤtze, wohin nicht jederman kommen ſoll, abge-
ſchlagen.

Dominante.
(Muſik.)

Dieſes franzoͤſiſche Wort, das man nicht wol ent-
behren kann, bedeutet allezeit den fuͤnften Ton des-
[Spaltenumbruch]

Dor
jenigen Tones, in welchem der Geſang und die Har-
monie fortgehen, beſonders wenn derſelbe im Baß,
als der Grundton einer Harmonie vorkommt. Die
aͤltern deutſchen Harmoniſten nennten dieſes Quin-
tam toni.
Der fuͤnfte Ton jedes Nebentones, in den
man ausgewichen iſt, wird auch ſeine Dominante
genennt. Weil es aber bisweilen noͤthig iſt, die Do-
minante des Haupttones, woraus ein Stuͤk ge-
ſetzt iſt, beſonders zu nennen, ſo hat man dieſer den
Namen der toniſchen Dominante gegeben.

Doriſche Tonart.
(Muſik.)

War in der griechiſchen Muſik die tiefſte und ernſt-
hafteſte Tonart, die ihren Namen von den Dorie-
ren einem der Hauptſtaͤmme der Griechen bekommen
hat. Die Geſaͤnge in dieſer Tonart muͤſſen ſich durch
etwas geſetztes und pathethiſches ausgezeichnet ha-
ben, wodurch ſie nach dem Urtheil des Plato einen
vortheilhaften Einfluß auf die Sitten und die Ge-
muͤthsart der Menſchen bekamen. Jn der alten
Kirchenmuſik, die itzt noch in den ehemals verfer-
tigten Choraͤlen beybehalten wird, iſt die doriſche
Tonart die, welche den Ton D zum Grund, und
ſeine Ausdaͤhnung von D bis d hat. Da aber die
wenigſten Orgeln gegenwaͤrtig, nach dem ehemali-
gen diatoniſchen Syſtem geſtimmt ſind, in welchem
die ganzen Toͤne alle gleich, in dem Verhaͤltniß ,
und die beyden halben Toͤne in dem Verhaͤltniß
waren (*), ſo haben wir auch in den aus D ge-S. Sy-
ſtem.

ſetzten Choraͤlen, die wuͤrkliche doriſche Tonart
nicht mehr.

Doriſche Saͤule. Doriſche
Saͤulenordnung.

Jſt von den fuͤnf Ordnungen der Baukunſt die
zweyte (*), und ſcheinet die Aelteſte und auch die(*) S.
Saͤulen-
ordnung.

gewoͤhnlichſte der drey griechiſchen Ordnungen zu
ſeyn. Sie unterſcheidet ſich durch ein ſtarkes und
etwas ſtrenges Anſehen, das keine Zierrathen lei-
det, als die, deren Urſprung aus der ehemaligen
Art, die Gebaͤude ganz von Holz aufzufuͤhren, un-
mittelbar entſtanden ſind. Sie iſt vornehmlich durch
ihren Fries kennbar, deſſen Dreyſchlitze oder Tri-
glyphen
c, c, deutlich die Koͤpfe der in blos hoͤlzer-
nen Gebaͤuden, auf den Unterbalken a b liegenden
Balken, und deſſen Metopen d, d, den leeren

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[272/0284] Dit Dok Dom Dor Ditonus. (Muſik.) War bey den Alten ein Jntervall von zwey gan- zen groſſen Toͤnen, folglich von dem Verhaͤltniß [FORMEL], etwas groͤſſer als unſre reine groſſe Terz, die aus einem groſſen und einem kleinen ganzen Ton beſteht, und die den Alten, die nur groſſe Toͤne hatten, un- bekannt war. Jnzwiſchen kommt dieſer Ditonus in unſern heutigen Tonleitern verſchiedentlich vor, und wird ſtatt der reinen groſſen Terz gebraucht, als bD-F, bC-G, B-d. Doken. (Baukunſt.) Kleine Saͤulchen, welche auf einer Plinthe ſtehen, einen Sims tragen und mit denſelben ein Gelaͤnder ausmachen, das daher ein Dokengelaͤnder genennt wird. Solche Gelaͤnder ſchiken ſich an Balkonen, Gallerien und uͤber den Hauptgeſimſen um das Dach beſſer, als die ausgeſchnizten Barokegelaͤnder, die insgemein zu Treppen genommen werden. Denn die Doken koͤnnen nach Art der Saͤulen, und in dem Geſchmak der verſchiedenen Ordnungen verfer- tiget werden. Eine Doke hat, ſo wie die Saͤule, drey Haupttheile; den Fuß, den Stamm und das Capiteel. Der Stamm aber iſt unten bauchig, und endet ſich gegen den Kopf zu etwas duͤnne. An den Gebaͤuden der Alten findet man keine Dokenge- laͤnder, daher haben die neuern Baumeiſter ihre Verhaͤltniſſe und Geſtalt weniger eingeſchraͤnkt. Da- viller hat fuͤr die fuͤnf Saͤulenordnungen fuͤnf Arten der Doken angegeben. Jhre Hoͤhe richtet ſich nach der Hoͤhe der Gelaͤnder. Es giebt ein gutes Verhaͤlt- niß, wenn man die ganze Hoͤhe der Doke in fuͤnf Theile theilt, einen Theil davon fuͤr den Fuß nimmt, und den fuͤnften Theil von der hernach uͤbrigen Hoͤhe fuͤr den Kopf. Die runden Doken haben weniger Annehmlichkeit, als die vierekichten, es ſey denn, daß ſie mit Laub und Schnizwerk verziert werden. Durch Dokengelaͤnder werden auch in praͤchti- gen Schlafzimmern, die Alcoven von dem uͤbrigen Raum, auch bey groſſen Staatszimmern gewiſſe Plaͤtze, wohin nicht jederman kommen ſoll, abge- ſchlagen. Dominante. (Muſik.) Dieſes franzoͤſiſche Wort, das man nicht wol ent- behren kann, bedeutet allezeit den fuͤnften Ton des- jenigen Tones, in welchem der Geſang und die Har- monie fortgehen, beſonders wenn derſelbe im Baß, als der Grundton einer Harmonie vorkommt. Die aͤltern deutſchen Harmoniſten nennten dieſes Quin- tam toni. Der fuͤnfte Ton jedes Nebentones, in den man ausgewichen iſt, wird auch ſeine Dominante genennt. Weil es aber bisweilen noͤthig iſt, die Do- minante des Haupttones, woraus ein Stuͤk ge- ſetzt iſt, beſonders zu nennen, ſo hat man dieſer den Namen der toniſchen Dominante gegeben. Doriſche Tonart. (Muſik.) War in der griechiſchen Muſik die tiefſte und ernſt- hafteſte Tonart, die ihren Namen von den Dorie- ren einem der Hauptſtaͤmme der Griechen bekommen hat. Die Geſaͤnge in dieſer Tonart muͤſſen ſich durch etwas geſetztes und pathethiſches ausgezeichnet ha- ben, wodurch ſie nach dem Urtheil des Plato einen vortheilhaften Einfluß auf die Sitten und die Ge- muͤthsart der Menſchen bekamen. Jn der alten Kirchenmuſik, die itzt noch in den ehemals verfer- tigten Choraͤlen beybehalten wird, iſt die doriſche Tonart die, welche den Ton D zum Grund, und ſeine Ausdaͤhnung von D bis d hat. Da aber die wenigſten Orgeln gegenwaͤrtig, nach dem ehemali- gen diatoniſchen Syſtem geſtimmt ſind, in welchem die ganzen Toͤne alle gleich, in dem Verhaͤltniß [FORMEL], und die beyden halben Toͤne in dem Verhaͤltniß [FORMEL] waren (*), ſo haben wir auch in den aus D ge- ſetzten Choraͤlen, die wuͤrkliche doriſche Tonart nicht mehr. S. Sy- ſtem. Doriſche Saͤule. Doriſche Saͤulenordnung. Jſt von den fuͤnf Ordnungen der Baukunſt die zweyte (*), und ſcheinet die Aelteſte und auch die gewoͤhnlichſte der drey griechiſchen Ordnungen zu ſeyn. Sie unterſcheidet ſich durch ein ſtarkes und etwas ſtrenges Anſehen, das keine Zierrathen lei- det, als die, deren Urſprung aus der ehemaligen Art, die Gebaͤude ganz von Holz aufzufuͤhren, un- mittelbar entſtanden ſind. Sie iſt vornehmlich durch ihren Fries kennbar, deſſen Dreyſchlitze oder Tri- glyphen c, c, deutlich die Koͤpfe der in blos hoͤlzer- nen Gebaͤuden, auf den Unterbalken a b liegenden Balken, und deſſen Metopen d, d, den leeren Raum (*) S. Saͤulen- ordnung.

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie01_1771/284>, abgerufen am 24.11.2024.