Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.[Spaltenumbruch]
Cor Weil diese Säule die zierlichste und feinste von Den Namen hat sie von der Stadt Corinthus, Haben etwa die im Orient so sehr gemeinen Pal- Corridor. (Baukunst.) Ein langer und schmaler Gang in einem Gebäude, Cou Cup verlangt werden, da ist er unnöthig. Jn Hospi-tälern, Clöstern und überhaupt solchen Gebäuden, wo jedes einzele Zimmer für sich einen Ausgang haben muß, sind sie unumgänglich nothwendig. Jn gemeinen Wohnhäusern oder Pallästen, sind sie deshalb unbequem, weil dadurch die Zimmer zu frey an einem Gange liegen, wohin jederman kommen kann, so daß man in den Zimmern weder still noch einsam genug seyn kann. Kleine Corridore, die nur hier und da einigen Zimmern besondere Ausgänge verstatten, sind sehr bequem und gehören mit unter die Dinge, auf welche ein Baumeister bey der Anordnung der Gebäude am aller sorgfältigsten zu sehen hat. Sie müssen aber so verstekt seyn, daß nicht leicht fremde, oder Dieben, die sich in ein Haus einschleichen möchten, dahin kommen können. Courante. (Musik.) Ein ursprünglich zum Tanzen gemachtes Tonstük, Cupel. (Baukunst.) Vom italiänischen Cupola. Ein Gewölbe, welches hens Erster Theil. G g
[Spaltenumbruch]
Cor Weil dieſe Saͤule die zierlichſte und feinſte von Den Namen hat ſie von der Stadt Corinthus, Haben etwa die im Orient ſo ſehr gemeinen Pal- Corridor. (Baukunſt.) Ein langer und ſchmaler Gang in einem Gebaͤude, Cou Cup verlangt werden, da iſt er unnoͤthig. Jn Hoſpi-taͤlern, Cloͤſtern und uͤberhaupt ſolchen Gebaͤuden, wo jedes einzele Zimmer fuͤr ſich einen Ausgang haben muß, ſind ſie unumgaͤnglich nothwendig. Jn gemeinen Wohnhaͤuſern oder Pallaͤſten, ſind ſie deshalb unbequem, weil dadurch die Zimmer zu frey an einem Gange liegen, wohin jederman kommen kann, ſo daß man in den Zimmern weder ſtill noch einſam genug ſeyn kann. Kleine Corridore, die nur hier und da einigen Zimmern beſondere Ausgaͤnge verſtatten, ſind ſehr bequem und gehoͤren mit unter die Dinge, auf welche ein Baumeiſter bey der Anordnung der Gebaͤude am aller ſorgfaͤltigſten zu ſehen hat. Sie muͤſſen aber ſo verſtekt ſeyn, daß nicht leicht fremde, oder Dieben, die ſich in ein Haus einſchleichen moͤchten, dahin kommen koͤnnen. Courante. (Muſik.) Ein urſpruͤnglich zum Tanzen gemachtes Tonſtuͤk, Cupel. (Baukunſt.) Vom italiaͤniſchen Cupola. Ein Gewoͤlbe, welches hens Erſter Theil. G g
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Doch ſcheint dieſes<lb/> dem groſſen Geſchmak zuwider.</p><lb/> <p>Den Namen hat ſie von der Stadt Corinthus,<lb/> wo ſie, nach der bekannten Erzaͤhlung des <hi rendition="#fr">Vitru-<lb/> vius,</hi> von dem Bildhauer <hi rendition="#fr">Callimachus</hi> erfunden<lb/> worden; wenn anders die Geſchichte ihrer Erfin-<lb/> dung nicht ein bloſſes griechiſches Maͤhrchen iſt.<lb/><note place="left">(*) <hi rendition="#aq">De ap-<lb/> paratu<lb/> templi Sa-<lb/> lomonis.</hi></note>Der Jeſuit <hi rendition="#fr">Villalpandus</hi> (*) hat beweiſen wollen,<lb/> daß die Saͤulen am Tempel zu Jeruſalem, ſo-<lb/> wol in den Verhaͤltniſſen, als in den Hauptverzie-<lb/> rungen wenig von der, lange nachher erſt von den<lb/> Griechen gebrauchten, corinthiſchen Saͤule unterſchie-<lb/> den geweſen. Dieſemnach koͤnnte dieſe Saͤule wol<lb/> eine phoͤniziſche Erfindung ſeyn. Vielleicht hat<lb/> Callimachus blos die Art der Blaͤtter veraͤndert, und<lb/> Acanthusblaͤtter anſtatt der Palmen oder andrer<lb/> Blaͤtter eingefuͤhrt. An einer alten aͤgyptiſchen<lb/><note place="left">(*) Be-<lb/> ſchreibung<lb/> des Mor-<lb/> genlands.</note>Saͤule, die Pokok (*) abgezeichnet hat, iſt der erſte<lb/> Urſprung des corinthiſchen Capiteels nicht undeut-<lb/> lich zu ſehen, in dem ſchon Laubwerk, als wenn<lb/> es uͤber den Rinken heraus gewachſen, laͤngſt dem<lb/> Knauff in die Hoͤhe ſteiget, unter dem Dekel ſich<lb/> ſanft umbeuget, und etwas, das den corinthiſchen<lb/> Schneken gleichet, vorſtellt.</p><lb/> <p>Haben etwa die im Orient ſo ſehr gemeinen Pal-<lb/> menbaͤume, die im erſten Anfang der Baukunſt<lb/> ſtatt der Saͤulen gebraucht worden, zu dieſem | Laub-<lb/> werk an dem Capiteel Anlaß gegeben? Es iſt ſonſt<lb/> ſchweer zu ſagen, warum eben dieſer Theil der Saͤule,<lb/> eine ſolche Zierrath bekommen habe. Jm uͤbrigen<lb/> giebt dieſe Saͤule ein ſchoͤnes Beyſpiel von der<lb/> geſchikten Abwechslung, und der, dem Geſchmak ſo<lb/> noͤthigen, Mannigfaltigkeit der Theile. Das Gerade<lb/> und Runde, das Glatte und Gebogene, das Einfache<lb/> und Gezierte wechſeln darin auf die angenehmſte<lb/> Weiſe mit einander ab.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Corridor.</hi><lb/> (Baukunſt.)</head><lb/> <p><hi rendition="#in">E</hi>in langer und ſchmaler Gang in einem Gebaͤude,<lb/> der laͤngs einer Reyhe von Zimmern liegt, damit<lb/> jedes einen beſondern Ausgang dadurch gewinne.<lb/> Er dienet alſo blos zur Bequemlichkeit der einzeln<lb/> Ausgaͤnge aus den Zimmern, und wo dieſe nicht<lb/><cb/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Cou Cup</hi></fw><lb/> verlangt werden, da iſt er unnoͤthig. Jn Hoſpi-<lb/> taͤlern, Cloͤſtern und uͤberhaupt ſolchen Gebaͤuden,<lb/> wo jedes einzele Zimmer fuͤr ſich einen Ausgang<lb/> haben muß, ſind ſie unumgaͤnglich nothwendig. 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Cor
Cou Cup
Weil dieſe Saͤule die zierlichſte und feinſte von
allen iſt, ſo leidet ſie auch Verzierungen der kleinern
Glieder, welche von den roͤmiſchen Baumeiſtern
ſehr haͤufig angebracht worden. Doch ſcheint dieſes
dem groſſen Geſchmak zuwider.
Den Namen hat ſie von der Stadt Corinthus,
wo ſie, nach der bekannten Erzaͤhlung des Vitru-
vius, von dem Bildhauer Callimachus erfunden
worden; wenn anders die Geſchichte ihrer Erfin-
dung nicht ein bloſſes griechiſches Maͤhrchen iſt.
Der Jeſuit Villalpandus (*) hat beweiſen wollen,
daß die Saͤulen am Tempel zu Jeruſalem, ſo-
wol in den Verhaͤltniſſen, als in den Hauptverzie-
rungen wenig von der, lange nachher erſt von den
Griechen gebrauchten, corinthiſchen Saͤule unterſchie-
den geweſen. Dieſemnach koͤnnte dieſe Saͤule wol
eine phoͤniziſche Erfindung ſeyn. Vielleicht hat
Callimachus blos die Art der Blaͤtter veraͤndert, und
Acanthusblaͤtter anſtatt der Palmen oder andrer
Blaͤtter eingefuͤhrt. An einer alten aͤgyptiſchen
Saͤule, die Pokok (*) abgezeichnet hat, iſt der erſte
Urſprung des corinthiſchen Capiteels nicht undeut-
lich zu ſehen, in dem ſchon Laubwerk, als wenn
es uͤber den Rinken heraus gewachſen, laͤngſt dem
Knauff in die Hoͤhe ſteiget, unter dem Dekel ſich
ſanft umbeuget, und etwas, das den corinthiſchen
Schneken gleichet, vorſtellt.
(*) De ap-
paratu
templi Sa-
lomonis.
(*) Be-
ſchreibung
des Mor-
genlands.
Haben etwa die im Orient ſo ſehr gemeinen Pal-
menbaͤume, die im erſten Anfang der Baukunſt
ſtatt der Saͤulen gebraucht worden, zu dieſem | Laub-
werk an dem Capiteel Anlaß gegeben? Es iſt ſonſt
ſchweer zu ſagen, warum eben dieſer Theil der Saͤule,
eine ſolche Zierrath bekommen habe. Jm uͤbrigen
giebt dieſe Saͤule ein ſchoͤnes Beyſpiel von der
geſchikten Abwechslung, und der, dem Geſchmak ſo
noͤthigen, Mannigfaltigkeit der Theile. Das Gerade
und Runde, das Glatte und Gebogene, das Einfache
und Gezierte wechſeln darin auf die angenehmſte
Weiſe mit einander ab.
Corridor.
(Baukunſt.)
Ein langer und ſchmaler Gang in einem Gebaͤude,
der laͤngs einer Reyhe von Zimmern liegt, damit
jedes einen beſondern Ausgang dadurch gewinne.
Er dienet alſo blos zur Bequemlichkeit der einzeln
Ausgaͤnge aus den Zimmern, und wo dieſe nicht
verlangt werden, da iſt er unnoͤthig. Jn Hoſpi-
taͤlern, Cloͤſtern und uͤberhaupt ſolchen Gebaͤuden,
wo jedes einzele Zimmer fuͤr ſich einen Ausgang
haben muß, ſind ſie unumgaͤnglich nothwendig. Jn
gemeinen Wohnhaͤuſern oder Pallaͤſten, ſind ſie
deshalb unbequem, weil dadurch die Zimmer zu frey
an einem Gange liegen, wohin jederman kommen
kann, ſo daß man in den Zimmern weder ſtill noch
einſam genug ſeyn kann. Kleine Corridore, die nur
hier und da einigen Zimmern beſondere Ausgaͤnge
verſtatten, ſind ſehr bequem und gehoͤren mit unter
die Dinge, auf welche ein Baumeiſter bey der
Anordnung der Gebaͤude am aller ſorgfaͤltigſten zu
ſehen hat. Sie muͤſſen aber ſo verſtekt ſeyn, daß
nicht leicht fremde, oder Dieben, die ſich in ein Haus
einſchleichen moͤchten, dahin kommen koͤnnen.
Courante.
(Muſik.)
Ein urſpruͤnglich zum Tanzen gemachtes Tonſtuͤk,
das aber auch blos fuͤr Jnſtrumente geſetzt wird,
fuͤrnehmlich in der neuen Zeit, da der Tanz, wel-
cher Courante genennt wird, abgekommen iſt. Es
wird in ⅔ Takt geſetzt, mit zwey Wiederholungen.
Seinen Charakter ſetzt Mattheſon in dem Ausdruk
eines hoffnungsvollen Verlangens, und verſichert
dieſen Charakter in einer Menge Couranten, von
verſchiedenen Verfaſſern, beſtimmt bemerkt zu ha-
ben. S. Taͤnze.
Cupel.
(Baukunſt.)
Vom italiaͤniſchen Cupola. Ein Gewoͤlbe, welches
das Dach uͤber ein rundes Gebaͤude ausmacht. Viele
Tempel der Alten waren rund, und konnten alſo
nicht wol andre als halbkugelrunde, folglich ge-
woͤlbte Daͤcher haben; alſo iſt die Cupel eine Er-
findung des Alterthums. Wie uͤberhaupt die run-
den Gebaͤude in Anſehung der Figur die ſchoͤnſten
ſind, ſo ſind auch die Cupeln die ſchoͤnſten Daͤcher.
Etliche hohe Gebaͤude mit Cupeln geben von weitem
einer Stadt ein großes Anſehen, welches durch die
Menge der hohen ſpitzigen Thuͤrme nie zu erhal-
ten iſt. Es ſcheinet, daß die elliptiſche Form, da
die Hoͤhe der Cupel ihre Breite in etwas uͤber-
trift, nicht nur wegen des angenehmeren Anſe-
hens
Erſter Theil. G g
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